SakralobjekteEin frühneuzeitliches Epitaph aus Sadelkow, Lkr. Mecklenburgische Seenplatte
Diese spezielle Form der Erinnerungskultur setzte im Spätmittelalter ein und fand in der Renaissance- bzw. Barockzeit (16. bis 18. Jahrhundert) eine weite Verbreitung. Die kunstvollen Monumente wurden meist in Kirchen aufgestellt und haben oft keinen direkten Bezug zur Grablege. Anfangs nutzte man einfache Tafeln, auf denen der Name sowie zuweilen die Lebensdaten des Verstorbenen standen. Später wurden die aus Stein, Metall oder Holz gefertigten Denkmäler durch den gestiegenen Geltungsdrang des Adels und des begüterten Bürgertums prachtvoll gestaltet. Häufig zeigte man den Verstorbenen als frommen Menschen, umgeben von architektonischen, farbig gefassten Stilelementen. Begleitet wird die Szenerie von biografischen Informationen, religiösen Texten, Wappen sowie Insignien, die den gesellschaftlichen Rang des Toten ausweisen.
Das Sadelkower Epitaph ist ein typischer Vertreter der frühbarocken Epoche, in der das Leben nach dem verheerenden 30jährigen Krieg wie-der neu aufblühte. Die 236 cm hohe und 112 cm breite Gedächtnistafel besteht aus massiven Eichen- und Nadelholzteilen. Die schwarz bemalte, sternenverzierte Trägerplatte bekrönen abgestufte Architrave mit einstmals aufgesetzten Holz-kugeln. Im Zentrum steht hier eine lorbeerbekränzte ovale Schriftkartusche. Ein Gegenstück befindet sich am unteren Ende. Beide Informationsträger werden durch geschweifte Zierelemente an den Rändern miteinander verbunden. Die seitlichen Voluten schmücken maskenartige Löwenköpfe mit geöffnetem, rot hervorgehobenem Maul. Auf der Platte aufgesetzt sind zwei lorbeerbekränzte Wappenmedaillons, die von einem löwenkopfdekorierten Sockel, seitlichen Säulen und einem oben aufgesetzten, kugeltragenden Architrav eingerahmt werden. Unter dem Architrav steht der Bibelspruch nach Offenbarung 14,13: Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben von nun an. Die Löwenköpfe hielten ursprünglich massive Eisenringe im Fang. Mit den Jahren gingen einige von ihnen, wie die oberen Zierkugeln, verloren. Verblasst sind auch Teile der Inschriften. Bekannt ist, dass die Tafel zum Gedenken an den Gutsherren Zabel Otto von Gentzkow und seine Frau Sabina Maria von Oertzen (oberes Wappenmedaillon) anno 1698 in der Sadelkower Kirche aufgehängt wurde. Zabel hatte durch Erbfall und Kauf das gesamte Dorf Sadelkow seit 1691 in seiner Hand vereinigt. Der Tradition verpflichtet, ließen die Nachfahren das Wappenpaar (unteres Wappenmedaillon) der Eltern Zabels, Joachim von Gentzkow und Sophia von Ihlenfeldt, anbringen.
Das Gentzkower Wappen trägt auf silbernem Grund einen entwurzelten, drei grüne Blätter treibenden Eichenstumpf. Auf dem Helm liegt eine grünsilberne Decke, aus der drei silberne Straußenfedern erwachsen. Das rot unterlegte Wappen der Oertzen zeigt zwei silbern geharnischte Arme, deren bloße Hände gemeinsam einen goldenen Ring emporhalten. Der Armgestus erscheint nochmals auf dem mit einer rotsilbernen Decke bedeckten Helm. Die Ihlenfelder besitzen auf dem roten Schild zwei gekreuzte Hellebarden. Den Helm ziert ein rotweißer Ungarnhut mit drei Straußenfedern. Das individuelle Farbspiel der Wappenbilder wiederholen die seitlich der Schilde betont angebrachten Schweifornamente.
Alle drei Rittergeschlechter zählen zum alten Adel im Land Stargard. Ihre Vorfahren wurden von den brandenburgischen und mecklenburgischen Regenten während des 13. Jahrhunderts als Vasallen im Kolonisationsgebiet angesiedelt. Die mit Land und Privilegien ausgestatteten Gefolgsleute mussten im Gegenzug militärische wie auch verwaltungsmäßige Dienste leisten.
Text: Rainer Szczesiak, Roga
Foto: Ralf Bruse, Regionalmuseum Neubrandenburg