SakralobjekteEin Gewölbeschlussstein aus dem Neubrandenburger Franziskanerkloster, um 1400

2013 wurde die ständige Ausstellung zur Neubrandenburger Stadtgeschichte im Nordflügel des ehemaligen Franziskanerklosters eröffnet. Die Exposition enthält zahlreiche interessante Sakralobjekte, die künftig im Gemeindebrief näher vorgestellt werden.

 

Im Vorfeld der Wiederherstellung der Johanniskirche fand man 1891 bei der Abnahme historischer Bauwerksstrukturen eine kleine Reliefplatte mit der Darstellung eines Menschengesichtes. Maurer Baak berichtet am 8. Juli des Jahres zum Verlauf der Bergung, dass der Ziergegenstand „… beim Abbruch der alten Sakristei …“ aus dem Mauerwerk der gewölbten Decke entnommen wurde. Weil auf einem Bild von um 1865 die Sakristei nicht mehr existent ist, kommt als „Fundort“ der Platte nur das Chorgewölbe der Johanniskirche in Frage.

 

Der aus Gipsguss gefertigte Schlussstein mit einem Außenmaß von 16 x 15 cm zeigt ein markantes Gesicht, bei dem die Mund- und Augenpartie sowie die Haartracht besonders betont ausgebildet sind (Bild1). Damit besitzt das Mienenspiel eine bedeutungsvolle Ausstrahlung, die auch bei widrigen Lichtverhältnissen erkennbar war. Das Bildmotiv verweist auf einen Geistlichen mit typischer Mönchstonsur. Ob das Relief farblich gefasst war ist nicht mehr feststellbar. Aufgrund der speziellen Anbringung im Chor, dem heiligsten Bereich des Klosters, und der charakteristischen Gestalt des Portraits, gehen wir sicher nicht fehl in der Annahme, dass es sich bei dem Dargestellten um den Ordensgründer Franz von Assisi handelt.

 

Die Verwendung spezieller Schmuckelemente aus Kunststein ist in der gotischen Architektur Norddeutschlands wiederholt zu beobachten. Mit dem Gussverfahren in mehrfach verwendbaren Formen konnten aufwendig gestaltete Motive kostengünstig hergestellt werden. Produzenten des qualifizierten Gipsgusses waren Spezialisten in Bauhütten, die im Hanseraum großartige Kirchen, Klöster und Hospitäler errichteten. Zusätzlich gaben Steinmetze den leicht zu bearbeitenden Bildern individuelle Züge. Im Neubrandenburger Franziskanerkloster liegt mit dem Franziskus-Antlitz ein einmaliges Dokument der lokalen Baukunst vor. Es ist ein glücklicher Umstand, dass der leicht verletzliche Kunststein die Widrigkeiten der Zeit überstanden hat. Anders erging es einem figürlich gestalteten Konsolstein aus dem Nordflügel (Refektorium/ Speisebereich), der im frühen 20. Jh. verloren ging (Bild 2). Am unteren Ende des keramischen Bauelementes war „ein gekrümmter Unhold“ in dramatischer Pose angebracht. Erfreulicherweise hat man bei den wiederholten Sanierungsarbeiten im Nordflügel zwei reliefartig geformte männliche Köpfe in den Gewölben des mittleren und westlichen Raumes erhalten (Bild 3 u. 4). Die bärtigen Gesichter, das Göttliche verkörpernd, schauen mahnend aus dem Himmel auf die speisenden Brüder und Laien. Weitere, stark stilisierte Gesichtsdarstellungen sind als Konsolen für die Rippenbögen in zwei Ecken des ehemaligen Laienrefektoriums erhalten.

 

Die figürlichen Plastiken in einem Bettelordenskloster dienten nicht nur der raumbezogenen Ausschmückung, sie besaßen vielmehr eine religiöse Bedeutung. Häufig wurden Tiermotive, wie der Pelikan, Adler, Stier und Hase, als Allegorien der christlichen Mythologie eingesetzt. Zudem vermitteln handelnde Personen, wie Gott, Jesus oder Heilige bzw. deren Körperteile - so die segnende Hand-, wichtige sakrale Ereignisse. Die in den Wänden und Gewölben gut sichtbar angebrachten Bildsteine begleiteten den Klosterinsassen im irdischen Leben, bildeten aber auch gleichzeitig die Brücke zum Himmelreich.

 

Rainer Szczesiak, Roga

 

Bild1: Der Schlussstein liegt im Mittelraum des Nordflügels zwischen Bausteinresten des ehemaligen Franziskanerklosters. (Fotos: Bildsammlung Regionalmuseum Neubrandenburg).

 

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