Die Dorfkirche in Gischow im Wandel der Zeit
von Dr. Jürgen Wolff Die Kirche hat seit Jahren ständig Bewohner. In diesem Jahr, 2009, sind es neben den Altvögeln weitere fünf junge Eulen. Sie nisten unmittelbar neben den Glocken in einem eigens hergerichteten Kasten.
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In unserer schönen Kirche in Gischow ist der Marienaltar ein ganz besonderer Schatz. Es ist ein Flügelaltar. In der Mitte die Mutter Jesu mit ihrem Kind auf dem Arm, als die gekrönte Himmelskönigin. Sie ist umgeben von Engeln und eingebettet in einen Strahlenkranz. So steht sie da und schaut in die Gemeinde, die sich betend vor ihr versammelt. Links und rechts von ihr, jeweils im Flügel des Altars, eine Figur. Wie ein Buch wirkt dieser Altar. Man kann ihn schließen. Und dann kann man die neuen Geschichten lesen. Geschichten, die aufgemalt wurden. Geschichten, die uns an den Anfang des Christentums führen. Sie sind durch die Jahre fast in Vergessenheit geraten. Der Flügelaltar steht auf einem Sockel, die Predella. Sie stellt eine ganze Bildergeschichte dar. Auch dieses Gesamtbild war sehr beschädigt. Mit Hilfe einer großzügigen Spende eines Ehepaares aus Halle/Saale und Eigenmitteln, konnte dieses wunderschöne Bild restauriert werden.
Jeder, der es sieht, kann sich seine Gedanken dazu machen. Es ist die Geschichte aus dem Neuen Testament, aufgeschrieben im Matthäusevangelium im 25. Kapitel, die Verse 31-46.
Im Jahr 2008 fand man diese Bild im Warteraum beim Arztbesuch in der Zeitung der DSD. Dazu wurde folgende Geschichte erdacht, aufgeschrieben und uns geschickt:
Ein bisschen Gold kann viel verändern
„Irgendetwas fehlt noch! Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin sehr überrascht, wie gut unser Meister Emmanuel das Ganze gemalt hat. Aber irgendetwas fehlt mir noch!“
Der Herr Graf, seine Gemahlin und der Priester standen vor dem neuen Altar für die kleine Dorfkirche im Mecklenburgischen. Im Mittelpunkt war eine geschnitzte Marienfigur, und für das Bild im unteren Teil hatte Meister Emmanuel die sieben Werke der Barmherzigkeit darstellen sollen. Und es war ihm gelungen, in gedeckten Farben, aber in anschaulichen Bildern. Da wird ein Bettler gespeist, ein Verkrüppelter bekleidet, ein Obdachloser findet Unterkunft, ein Gefangener wird besucht, ein Kranker gepflegt und ein Toter bestattet. Der Herr Graf war eigentlich zufrieden.
„Das ist lebensnah, das geht zu Herzen, aber irgendwas fehlt mir noch!“ Seiner Gemahlin ging es ähnlich: „Vielleicht würde ein bisschen Gold dem Ganzen mehr Glanz verleihen! - Ein bisschen Gold kann sehr viel verändern.“
Da mischte sich der Priester ein: „Darf ich einen Vorschlag machen? Ich glaube, ich weiß, was Sie vermissen: die Heiligenscheine – und die kann man leicht mit ein bisschen Gold noch hinzufügen!“
Ja, natürlich, das war es!
„Also, Herr Pfarrer, sagen Sie Meister Emanuel: wir seien sehr angetan, aber er soll noch Heiligenscheine dazu malen. Bis Sonntag ist das wohl zu schaffen!“
Und so geschah es. Das heißt, der meister gab es an die Gesellen weiter. Heiligenscheine sind Routinearbeit. „Mathis, wenn ich morgen Abend zurück bin, muss alles fertig sein.“
Als der Meister am nächsten Abend das Bild anschaute, traute er seinen Augen nicht. Nicht der Wohltäter, nicht die Barmherzigen, trugen Heiligenscheine, sondern die Bettler und der Nackte, der Gefangene und der Kranke.
„Mathis, Was hast du dir dabei gedacht?“
Der Geselle war ganz überrascht. „Aber Meister, als wir mit dem Bild anfingen, da haben Sie mir doch erklärt: die Werke der Barmherzigkeit gingen auf Jesus zurück, auf die Geschichte vom Jüngsten Gericht. Und dass Jesus Sagt: Was ihr den Notleidenden tut, das tut ihr mir. Die und dich, wir sind eins. Und das soll doch wohl der Heiligenschein zeigen – oder habe ich da was falsch verstanden?“
Meister Emanuel seufzte tief: „Nein, nein, du hast schon irgendwie recht, aber ob der Graf das versteht?“