Die Kirche im Dorf lassen
von Ruth Klawuhn
Klein Niendorf ist ein kleines Dorf, das einst ein Gut war und danach dem 2. Weltkrieg fast völlig neu besiedelt wurde.
Viele Heimatvertriebene aus West- und Ostpreußen, aus Schlesien und Hinterpommern, überwiegend aus Bessarabien fanden eine neue Heimat und bauten die typischen Neubauernhäuser, die heute oft schon von der vierten Generation der Familie bewohnt werden.
Ein Mittelpunkt für die Umsiedler war immer unsere kleine Friedhofskapelle. Die Menschen waren sehr gläubig und die Gottesdienste jeden Sonntag gut besucht. Der Gesang dabei hat mich immer sehr beeindruckt. Die neuen Bewohner des Dorfes waren Naturtalente, sie sangen die Lieder mehrstimmig, einfach so, aus dem „Effeff“.
Die Kapelle wurde 1855 als Erbbegräbnis gestiftet und später zur Kirche umgewidmet. Eine kleine Sensation ist es, dass in unserer Kapelle ein Gemälde entstanden ist, das in vielen Ausstellungen um die ganze Welt gegangen ist. Es handelt sich um das Werk „Hymnus an Michelangelo“ von Lovis Corinth, der in Berlin lebte und sich immer mal wieder besuchsweise in unserem Dorf aufhielt.
Die Kapelle steht auf dem Friedhof, inmitten vieler gepflegter Grabstätten. Auch Grabmale vergangener Zeit sind erhalten geblieben. So auch das des Erbauers der Kapelle aus dem Jahr 1855.
In die Kapelle wurde Anfang der 70er Jahre eine Zwischendecke eingezogen, so dass zwei Räume entstanden. So hatten wir schon sehr zeitig eine Winterkirche. Nicht alle Klein Niendorfer waren darüber glücklich. Jedoch war dieser Einbau aus der Not heraus geboren worden, denn die Kirche als Institution durfte damals keine öffentlichen Gebäude für die Christenlehre und den Konfirmandenunterricht nutzen. Im Zusammenhang mit diesem Umbau wird heute noch nach drei figürlichen Aposteln „gefahndet“. Im Eingangsbereich der Kapelle steht an recht ungünstiger Stelle ein Kriegerdenkmal für die jungen Männer Klein Niendorfs, die im zweiten Weltkrieg gefallen sind. Wir werden uns bemühen, hier etwas zu ändern. Klein Niendorf, ein Dorf in der Kirchgemeinde Lancken, gehört heute zu unseren verbundenen Kirchgemeinden. Regelmäßig, wenn auch nur aller vier Wochen, feiern wir in unserer Kapelle Gottesdienst. Die meisten Kirchgänger sind motorisiert und besuchen auch in Nachbarorten kirchliche Veranstaltungen.
Der Bauzustand ist bis auf notwendige Malerarbeiten zufriedenstellend; doch für den Erhalt der Kapelle brauchen wir künftig die Unterstützung Vieler, die die alte Redensart beherzigen: „Nun lasst doch mal die Kirche im Dorf!“ Das heißt so viel wie: Wenn sich auch vieles ändert und verändern wird im Dorf, die Kirche sollte man klugerweise immer stehen lassen, was wiederum heißt: sie hegen und sie pflegen.
Möge uns und den nächsten Generationen unsere kleine Kapelle erhalten bleiben und mit kirchlichem Leben erfüllt sein.