Wort zum Christfest 2014 von Bischof Dr. Andreas von Maltzahn Weihnachten – Freude, die allen widerfahren soll

Bischof Dr. Andreas von Maltzahn

© Nordkirche

24.12.2014 · Schwerin.

Die Weihnachtsbotschaft grenzt niemanden aus: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus.“ (Lukas 2,10f) Allem Volk! Gott unterscheidet nicht zwischen Einheimischen und Ausländern. Seine frohe Botschaft trennt auch nicht zwischen Rechtgläubigen und Ungläubigen. Sie gilt nicht zuerst den Vornehmen der Gesellschaft, sondern den Menschen am Rande. Alle sind zu Christus gerufen. So stehen zwielichtige Hirten ebenso an der Krippe Jesu wie sternkundige Weise aus dem Morgenland. Wenn Gott zur Welt kommt, ist das eine Freude, die allem Volk widerfahren soll.
 
Damit hat Gott entscheidende Weisung für das Zusammenleben gegeben: Eine Gesellschaft kann ihr Wohlergehen nicht sichern durch Ausgrenzung von Minderheiten. Wenn Jesus von Nazareth Nächstenliebe stark gemacht hat, dann meinte er damit nicht allein Menschen, die einem sowieso schon nahestehen – etwa weil sie zur Familie gehören oder zum eigenen Volk. Für Jesus werden Menschen zu Nächsten, weil sie Hilfe brauchen. Menschen in Armut in unserem Land wie in anderen Ländern, Menschen in Einsamkeit, Menschen auf der Flucht – sie alle sind Menschen, von denen Gott will, dass sie uns zu Nächsten werden.
 
Angesichts der vielen Not auf der Welt kann man sich allerdings schnell überfordert fühlen. Die Versuchung ist groß, dichtzumachen, sich abzuschotten oder abzugrenzen. Das Befreiende in der Ethik der Nächstenliebe liegt jedoch darin, dass sie gerade nicht überfordert: Niemand hat die Aufgabe, ‚erst einmal‘ die Welt zu retten. Aber da, wo ihm oder ihr konkret eine Not begegnet, da ist er, da ist sie gefragt. Für ein bestimmtes Kind Mitverantwortung zu übernehmen – hier oder in Afrika; oder für die alte Dame da zu sein, die niemanden sonst mehr hat; im eigenen Ort mit dafür zu sorgen, dass Flüchtlinge hier Frieden und neuen Lebensmut finden können – das ist im Sinne Gottes. Und das Schöne ist: Wer an einer Stelle Verantwortung übernimmt, erlebt, dass dies trotz aller Mühen eine Quelle eigener Freude ist.
 
Die Weihnachtsbotschaft grenzt niemanden aus. Ausnahmslos allen Menschen ist Christus geboren. Unsere Freude kann nur wachsen, wenn wir sie teilen.
 
Doch zu Weihnachten wird nicht allein die Geburt eines großen Menschen begangen, dessen Ethik in ihrer orientierenden Kraft hochaktuell ist. Das Christfest feiert alle Jahre neu, dass Gott sich in Jesus von Nazareth ganz und gar auf diese Welt eingelassen hat. In seiner Liebe liegt Kraft der Erlösung. Wer darauf vertraut, wird erleben: Wunden können geheilt werden. Erfahrungen des Scheiterns behalten nicht das letzte Wort. Bei Gott ist Hoffnung – auch da, wo Menschen sich kaum noch etwas zutrauen. Bei Gott ist Geborgenheit. Kein Sturm des Lebens, nicht einmal der Tod kann daran etwas ändern. Darum: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus."
 
Dr. Andreas von Maltzahn, Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern (Schwerin)