Von Kasachstan nach Rügen Alexander Müller ist in Pommern für die Arbeitssicherheit zuständig
Von Sebastian Kühl
03.07.2014 · Stralsund. Vor mehr als zwölf Jahren zog Alexander Müller mit seiner Familie aus Kasachstan nach Deutschland, seit Beginn dieses Monats ist er im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis zuständig für die Arbeitssicherheit.
Seit dem Beginn des Monats Juli ist Alexander Müller zuständig für die Einhaltung der Bestimmungen für Arbeitssicherheit im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis. „Konkret bedeutet das für mich, dass ich vor allem beratend im Kirchenkreis unterwegs sein werde“, sagt Alexander Müller. Sein Büro hat er kürzlich im Kirchenkreisamt in Greifswald bezogen, doch häufig anzutreffen wird er dort nicht sein, denn während eines großen Teils seiner Arbeitszeit ist er künftig auf Achse. Schließlich entspricht der Pommersche Evangelische Kirchenkreis - und damit Alexander Müllers Einsatzgebiet - in etwa dem Gebiet Vorpommerns. „Ich werde die Kirchengemeinden auf Gefahrenquellen und mögliche Unfallschwerpunkte hinweisen, den Brandschutz sowie die Einhaltung der Erste-Hilfe-Vorschriften prüfen“, zählt Alexander Müller einige seiner künftigen Aufgaben auf. „Von der Sicherheit und von der Gesunderhaltung am Arbeitsplatz bis hin zum richtigen Lüften ist das Spektrum in meinem neuen Job breit gefächert.“
Neustart mit vielen persönlichen Begegnungen
Bei Begehungen vor Ort werde er Protokolle erstellen und Empfehlungen für Veränderungen geben. „Vor allem mit der Bauabteilung des Kirchenkreises werde ich eng zusammenarbeiten“, so Alexander Müller, der dem beruflichen Neustart mit Spannung entgegenblickt. „Besonders freue ich mich darauf, viele Menschen im Kirchenkreis kennenzulernen. Wichtig ist mir dabei, dass die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen im Kirchenkreis wissen, dass ich niemand von außen, sondern einer von ihnen und für sie da bin“, sagt er in seiner in sich ruhenden Art. „Eigentlich bin ich gelernter Immobilienkaufmann“, erzählt Alexander Müller. „Für die neue Aufgabe habe ich eine weitere Ausbildung mit mehrwöchigen Kursen, eine umfangreiche praktische Einführung und eine Prüfung absolviert.“
„Ich fühle mich im kirchlichen Arbeitsumfeld wohl“
In den zurückliegenden zehn Monaten arbeitete Alexander Müller als Elternzeitvertretung in der Grundstücksabteilung der Propstei Stralsund. „Als sich diese befristete Beschäftigung dem Ende näherte, kamen Kirchenkreisamtsleiter Hartmut Dobbe und der Datenschutzbeauftragte des Kirchenkreises, Klaus-Joachim Freese, auf mich zu und fragten mich, ob ich mir vorstellen könnte, mich um die Arbeitssicherheit im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis zu kümmern“, erzählt der 24-Jährige. „Das war zwar eine etwas andere Schiene, als das, was ich bislang gemacht hatte, doch technisch interessiert war ich schon immer und so sagte ich sofort zu.“ Sein Abitur legte Alexander Müller am Fachgymnasium für Bautechnik im Stralsunder Stadtteil Grünhufe ab, wo er sich mit einigen Themen, die ihn künftig begleiten werden, intensiv beschäftigte. Doch das fachliche Interesse allein sei nicht ausschlaggebend gewesen: „Vor allem fühle ich mich im kirchlichen Arbeitsumfeld sehr wohl und ich freute mich sehr, dass man mit meiner Arbeit zufrieden war, mich schätzte und mich gern behalten wollte“, sagt der junge Mann. „Da habe ich diese großartige Chance natürlich sofort ergriffen, die ich auch als persönliche und berufliche Weiterentwicklung wahrnehme.“
Mit elf Jahren von Kasachstan nach Rügen
Geboren wurde Alexander Müller in Kasachstan. Seine Vorfahren waren deutsche Siedler, die im 18. Jahrhundert unter Katharina der Großen in Russland ansässig wurden, deren Nachkommen während des Zweiten Weltkriegs aber durch Zwangsumsiedlung nach Kasachstan kamen. „Ich war elf Jahre alt, als meine Eltern mit meinem älteren Bruder und mir im Jahr 2001 nach Deutschland kamen.“ Zunächst ging es für die Müllers von einem Auffanglanger ins nächste, bis die Familie 2003 in Bergen auf Rügen eine neue Heimat fand. „Meine Eltern wollten ein besseres Leben, vor allem für ihre Kinder“, sagt Alexander Müller über die Gründe seiner Familie, Kasachstan den Rücken zu kehren. Vorrausetzung für die Ausreise war, dass ihre deutsche Abstammung und ihr Status als sogenannte Spätaussiedler anerkannt wurden. Einfach sei das nicht gewesen, erinnert sich Alexander Müller. Rund acht Jahre habe das Genehmigungsverfahren gedauert.
„Wasser holten wir an der nächsten Straßenecke“
Die Ankunft in Deutschland war dann wir das Eintreffen in einer anderen Welt: „Es war alles neu, alles so viel besser und einfach alles ganz anders. Wir fühlten uns willkommen“, versucht Alexander Müller, die damaligen Eindrücke in Worte zu fassen. Schwierigkeiten habe es auch gegeben, vor allem mit der Sprache. „Damit hatte ich am Anfang sehr zu kämpfen. Ich konnte russisch, etwas kasachisch aus der Schule, aber kaum ein deutsches Wort.“ Noch heute wird bei den Müllers daheim russisch gesprochen. „Allerdings mit zahlreichen deutschen Einsprengseln“, gibt er lächelnd zu. In Kasachstan waren die Müllers Selbstversorger. „Wir hatten viel Vieh, etwas Land, eben alles, was zu einem Bauernhof gehört. Fließendes Wasser gab es nicht im Haus. Um Wasser zu holen, mussten wir zur Pumpe an der nächsten Straßenecke. Dort trafen sich die Leute dann auch immer zu Gesprächen. Einen Stromanschluss hatten wir zwar, doch war die Versorgung mit Elektrizität durchaus unregelmäßig.“ Heute sehe es dort sicherlich ganz anders aus, als in seinen Kindheitserinnerungen. „Die meisten, die wir kannten, sind inzwischen weggegangen.“ Kontakt habe er per Internet noch zu einigen ehemaligen kasachischen Schulkameraden.
Großmutter betete auf Plattdeutsch
Aktive Mitglieder einer Kirchengemeinde waren die Müllers in Kasachstan nicht. „Die Menschen in unserer Umgebung waren entweder kirchenfern, gehörten dem Islam an oder waren russisch-orthodox. Aber meine Oma war wie ihre aus Deutschland stammenden Vorfahren evangelisch. Sie hat vor allem am Abend oft mit mir gebetet, allerdings auf Plattdeutsch, wovon ich nicht viel verstand.“ So entwickelte sich bei Alexander Müller ein sehr persönlicher Glaube. Sichtbares Zeichen dafür ist ein Kreuz, das er um den Hals trägt und das er von einem Besuch bei Verwandten in Weißrussland mitbrachte. Künftig möchte er sich stärker in die christliche Gemeinschaft einbringen und sich taufen lassen. Mit dem Stralsunder Pastor Albrecht Mantei hat er sich bereits zum regelmäßigen Taufunterricht verabredet. Im August soll es damit losgehen. „Ich bin schon sehr gespannt darauf, was ich über die Bibel oder über das Kirchenjahr erfahren werde.“ Einen konkreten Tauftermin gebe es aber noch nicht.
„Die Familie steht an erster Stelle“
Seit seinem Einstieg ins Berufsleben wohnt Alexander Müller in Stralsund. „Meine Eltern wohnen noch in Bergen. Meine Mutter arbeitet als Kindergärtnerin, mein Vater als Musiklehrer für Akkordeon, Gitarre und Klavier.“ Alexander Müller spielt in seiner Freizeit auch Gitarre. „Aber nur für den Privatgebrauch und für’s Lagerfeuer“, sagt er schmunzelnd. Am Klavier habe er sich zwar auch versucht, doch sei die Gitarre einfach „cooler“. Dass Alexander Müller gern Sport treibt, ist ihm an seinen breiten Schultern und ausgeprägten Oberarmen anzusehen. „Früher habe ich im Verein vor allem Kraftsport gemacht und nahm auch an Wettkämpfen teil.“ 140 Kilo beim Bankdrücken und 150 Kilo beim Kreuzheben waren seine Bestmarken. Zurzeit konzentriere er sich beim Sport aber mehr auf Fitness. Doch auch für weniger anstrengende Freizeitbeschäftigungen ist Alexander Müller zu haben. Freunde treffen und vor allem entspannte Grillabende zählt er zu seinen Quellen der Erholung. Vor dem Start im neuen Job für den Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis warten noch ein paar Tage Resturlaub auf ihn. „Die Familie steht für mich an erster Stelle. Darum heißt Urlaub für mich, vor allem viel Zeit mit der Familie und mit meiner Freundin zu verbringen.“
Quelle: PEK