Osterbotschaft von Bischof Dr. Hans Jürgen Abromeit Das Leben siegt über den Tod

Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit
04.04.2015 · Greifswald.

„Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben" – so heißt es in einem Vers, der wahrscheinlich bereits im Jahr 750 entstanden ist. Heute scheint er so gültig wie im angeblich so finsteren Mittelalter: Ein Flugzeug stürzt ab - wahrscheinlich mutwillig herbeigeführt von einem verzweifelten Menschen - und reißt 150 Menschen aus dem Leben. Terroranschläge in Paris, Kopenhagen, Tunesien, Nigeria. Der Tod lauert überall. Hierzulande propagieren einige die selbstbestimmte Selbsttötung im Alter oder bei unheilbarer Krankheit: als Ausweg aus vollkommener Abhängigkeit von Pflegenden und aus Angst vor unerträglichen Schmerzen. Womöglich ist dies allerdings auch die Zuspitzung der allgegenwärtigen Forderung, sich selbst als jung, fit, entspannt und erfolgreich zu inszenieren. So kann diese vermeintliche Freiheit des Einzelnen zum Druck für viele führen: Wer schützt uns dann vor dem gesellschaftlichen Sog eines sozialverträglichen, selbstveranlassten Frühablebens, damit wir niemandem zur Last fallen, dem Ehepartner und den Kindern nicht? Wer möchte sich selbst unter Demenz oder körperlicher Dysfunktion leidend anderen Menschen, die man auch noch liebt, zumuten? Die Macht des Todes greift nach uns. Wer wird ihr unter Altersdepression leidend standhalten können?

Jesus ist das Gegenbild eines Menschen, der sein Leben selbst stilisiert. Er stirbt ausgeliefert an andere, die die Macht hatten, Juden wie Römer: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an mir vorüber; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst“ betet er. Aus diesem Satz spricht die Todesangst des Menschen und das unendliche Vertrauen in seinen himmlischen Vater. Jesu Tod gehört nicht ihm, sondern er stirbt für andere, damit diejenigen, die aus eigener Schuld ihr Leben vor den Ansprüchen Gottes verwirkt haben, doch leben können. Jesus stirbt in Schuldstellvertretung für alle, die ihm ihre Schuld und Sünde nennen, damit sie vergeben werden kann. Durch den Tod Jesu – dessen wir Karfreitag gedacht haben – eröffnet sich vielen, die ihr Leben für verwirkt hielten, ein Neuanfang. Jesus ist auch dafür gestorben, dass Depressive aus dem Dunkel, in dem ihr Leben steckt, herauskommen. Er kennt das Gefühl der Gottverlassenheit, das unschuldig von Terroranschlägen, Gewalt und Willkür Getroffene überfällt. In der Gemeinschaft mit ihm sind wir stark genug, widrigste Umstände auszuhalten - auch die Folgen von Terror oder Krankheit und Siechtum. Wir dürfen auf die „guten Mächte“ zählen, die uns „wunderbar geborgen“ halten, wie es in Dietrich Bonhoeffers letztem Gedicht heißt.

Ostern heißt: Die Gemeinschaft mit Jesus Christus wird durch den Tod nicht zerstört. Denn er ist nicht im Grab geblieben, sondern er ist auferstanden. Am Ende siegt das Leben über den Tod. Der Tod hat nicht das letzte Wort, auch wenn es oft so aussieht. Nach allem Leiden, mit dem wir in unserem Leben auch rechnen müssen, dürfen wir am Ende ein neues Leben bei Gott erwarten. Weil Gott Jesus Christus auferweckt hat, dürfen auch wir auf unsere Auferstehung hoffen. Mag der Abgang aus diesem Leben manches Mal erbärmlich erscheinen, die Zukunft bei Gott wird herrlich sein. Das feiern wir Ostern.

Dr. Hans-Jürgen Abromeit,
Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche



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