Lebensstationen des Reformators in 45 Minuten Martin Luther kommt als Musical in Greifswald und Trantow auf die Bühne
04.02.2014 · Groß Bisdorf. Zwei Jahre vor dem Lutherjubiläum 2017 bringt ein Musical das Leben des Wittenberger Reformators auf die Bühne. Sängerinnen und Sänger des Greifswalder Gospelkombinats, Mitglieder verschiedener Kirchengemeinden sowie Laiendarstellende hauchen dem Spätmittelalter mit viel Musik neues Leben ein.
In gut 45 Minuten führt das Musical „Martin Luther“ zu den bekanntesten Lebensstationen des Reformators. So erlebt das Publikum Luther unter anderem als Kind, im Kloster, mit seiner Frau Katharina von Bora und seiner Familie sowie natürlich beim legendären Tintenfasswurf auf der Wartburg und beim Thesenanschlag. Dabei liegen die thematischen Schwerpunkte des Musicals vor allem auf der befreienden Lehre der Heilsgewissheit, die Luther verbreitete, und darauf, was es bedeutet, sich mit einer neuartigen Idee gegen den gesellschaftlichen Konsens zu stellen.
Musical mit kraftvoller Dynamik
„Wir zeigen, wie Luther aneckte, sich auflehnte und wie er dadurch große Einsamkeit erlebte. Aber auch, wie er sich in die Gemeinschaft seiner Familie und Freunde hineinfindet. Es geht einfach darum, Martin Luther kennenzulernen“, fasst Nicole Chibici-Revneanu das Musical zusammen. Die Pastorin hat die Musik komponiert und das Musical zusammen mit der Gemeindepädagogin Friederike Creutzburg und der Greifswalder Autorin und Theologin Stefanie Schwenkenbecher entwickelt. Vor zwei Jahren übte Nicole Chibici-Revneanu das Stück schon einmal mit Kindern ein und brachte es erfolgreich zur Aufführung. Doch mit Darstellenden verschiedenen Alters und dank der geschulten Gospel-Stimmen bekommt das Musical jetzt eine noch kraftvollere Dynamik. Die Idee, das Martin-Luther-Musical mit Erwachsenen einzustudieren, hatte Nicole Chibici-Revneanu bereits nach der Premiere der Kinder-Version, doch lange Zeit fanden sich keine passenden Termine für Probenwochenende und Aufführungen. „Ich merkte aber damals schon an den Reaktionen aus dem Publikum, dass es viele Erwachsene in unseren Gemeinden gibt, die das Stück auch gern spielen würden.“
Langes Probenwochenende im Gemeindehaus
Nachdem Nicole Chibici-Revneanu vor einigen Wochen einen Aufruf in der Presse und in den Gemeinden gestartet hatte, in dem sie für die Teilnahme an dem Musical warb, meldeten sich zahlreiche Interessierte. Und nachdem sich kürzlich in Groß Bisdorf auch noch eine Laienschauspielgruppe gegründet hatte, fanden sich im dortigen Gemeindehaus Ende Januar rund 25 Darstellende zu einem langen Probenwochenende ein. „Die meisten Teilnehmer sind Mitglieder des Greifswalder Gospelkombinats oder aus der hiesigen Kirchengemeinde. Es kamen aber auch noch ein paar Interessierte dazu, die von dem Aufruf gehört hatten und unbedingt mitmachen wollten“, freut sich Nicole Chibici-Revneanu. Es sind einige Mütter mit ihren Töchtern und auch ein Opa mit seiner Enkelin dabei. Eine kleine Gruppe von Darstellenden reiste extra von der Insel Rügen an. Ausgehend von der Vielfalt an Schauspielerinnen und Schauspielern entschloss sich Nicole Chibici-Revneanu, das Stück noch einmal zu überarbeiten. Die Musik blieb im Vergleich zur Ursprungsversion weitgehend bestehen, die Texte wurden jedoch zum Teil von Stefanie Schwenkenbecher etwas anspruchsvoller gestaltet. „Der Großteil des Stücks besteht aus Liedern, die gesprochenen Textpassagen nehmen deutlich weniger Raum ein“, so Nicole Chibici-Revneanu.
Luther hält Überraschungen parat
Die längeren Solo-Gesangsparts übernehmen die erfahrenen Sängerinnen und Sänger des Greifswalder Gospelkombinats. So auch die Rolle des Titelhelden, die von Robert Wild gespielt wird. „Ich hatte das Musical als Zuschauer gesehen und war damals schon begeistert. Als ich hörte, dass Nicole Chibici-Revneanu das Stück mit Erwachsenen aufführen wollte, habe ich mich sofort bei ihr gemeldet“, erzählt der 30-Jährige. Von Beginn an habe er eine größere Rolle haben wollen, dass es nun sogar die Hauptrolle geworden sei, freue ihn besonders. An Martin Luther bewundere er vor allem dessen Mut, gegen das Establishment aufzustehen. Außerdem finde er reizvoll, wie sich der Reformator im Spannungsfeld zwischen der Verteidigung seiner Überzeugungen und der Gefahr für Leib und Leben bewegte, so Robert Wild. Obwohl ihm die Biografie des Reformators weitgehend bekannt gewesen sei, habe das Stück auch für ihn noch einige Überraschungen parat gehalten. So habe er beispielsweise nicht gewusst, dass Martin Luther seine Frau mit „mein Herr Käthe“ angesprochen habe. „Als Darsteller der Hauptfigur bin ich fast durchgehend auf der Bühne und es macht einfach ganz großen Spaß“, sagt Robert Wild voller Vorfreude auf die Aufführungen.
Live-Berichte vom Reichstag
Es wäre kein Stück über Luther, wenn nicht auch die berühmte Gewitterszene zu sehen wäre, in der sich Luther dem Klosterleben verschreibt. Auch der Ablasshandel mit Dominikanermönch Johann Tetzel wird in einem Akt mit sämtlichen Darstellern auf die Bühne gebracht. Besonders in dieser Szene gelingt es dem Musical, unterlegt von mitreißendem Chorgesang, die Denkmuster und die Motivation der spätmittelalterlichen Menschen zu transportieren und zu verdeutlichen, welche zentrale Geltung dem Seelenheil in der damaligen Zeit zugemessen wurde. Unterhaltsam ist das Stück vor allem aufgrund der vielen originellen Einfälle. So gestaltet sich beispielsweise die Rede Luthers vor Kaiser Karl V. als „Reichstags-Rap“ und zwei Reporter berichten live von der Entführung Luthers durch Kurfürst Friedrich den Weisen und sammeln danach Live-Kommentare im Publikum. Elemente mittelalterlicher Musik – mittels Klarinetten- oder Trompetensoli eingebracht – und kleinere Kostproben der derb-lebensbejahende Sprache des ausgehenden Mittelalters runden das Musical ab.
Quelle: PEK