Polizei- und Notfallseelsorge MV Pfarrer Andreas Schorlemmer verabschiedet
15.01.2015 · Schwerin. Gut 16 Jahre war Andreas Schorlemmer als Pastor für die Polizei- und Notfallseelsorge in Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Am Donnerstag wurde der 65-Jährige in einem Gottesdienst in der Schweriner Schlosskirche in den Ruhestand verabschiedet.
„Wir danken Gott für Deinen Dienst, für den engagierten Einsatz Deiner Gaben und Kräfte. Du hast das Evangelium von Jesus Christus unter den Polizeibeamten bezeugt und als Seelsorger gelebt“, sagte der Schweriner Bischof Dr. Andreas v. Maltzahn. Er dankte Pfarrer Schorlemmer im Namen der Landeskirche und der Kirchenkreise Mecklenburg und Pommern für die seelsorgerliche Begleitung der Polizistinnen und Polizisten in Mecklenburg-Vorpommern, und ebenso für die Bereitschaft, „sich zu jeder Tages- und Nachtzeit seelischen Nöten und furchtbaren Geschehnissen auszusetzen“.
Beide Arbeitsbereiche von Schorlemmer hätten hohe Anerkennung eingetragen und Vertrauen wachsen lassen, so der Bischof. Wörtlich und an Andreas Schorlemmer gewandt, fügte er hinzu: „Dir war wichtig, den Leuten nahe zu sein – insbesondere bei Einsätzen.“ In seiner Amtszeit sei er den Polizistinnen und Polizisten mit Einfühlungsvermögen und Respekt begegnet und habe diese große Achtung authentisch in die Kirche hinein vermittelt. Insofern sei Andreas Schorlemmer „ein wichtiger Botschafter in beide Richtungen gewesen“, so Bischof v. Maltzahn.
Für die besondere Art und Weise wie Pfarrer Schorlemmer „Schwieriges zwischen Himmel und Erde aufgenommen und in eindrückliche nachvollziehbare Worte und Gesten gebracht hat“, bedankte sich Pastor Sebastian Borck, Leiter des Hauptbereiches 2 der Nordkirche, der u.a. für die Seelsorge zuständig ist. Bork: „Mit Andreas Schorlemmer geht der Pionier der Polizei- und der Notfallseelsorge in Mecklenburg-Vorpommern in den Ruhestand. Für Betroffene wie für Einsatzkräfte war er ein hervorragender Dolmetscher für das, was Menschen in Not und Katastrophen, in Verstörung und Trauer brauchen.“
Schorlemmer habe es erreicht, "dass Mitarbeiter die Kirche anders erleben konnten als oftmals vermutet", sagte der Schweriner Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Er sei sicher, "dass so auch die mitunter vorhandene Scheu vor der Kirche abgebaut und nicht selten sogar der langfristige Zugang zur Kirche eröffnet wurde."
Schorlemmer: "Der Polizeiberuf ähnelt meinem"
"Ich habe andere Welten kennengelernt", sagt Andreas Schorlemmer, der in Groß Kiesow bei Greifswald lebt. Die meisten Menschen, denen er begegnet sei, seien nicht unreligiös, aber glaubensfrei. "Da werden wir mit unserer kirchlichen Sprache und unseren Bildern gar nicht verstanden."
Er habe viel Respekt vor dem Polizeidienst. Dieser Respekt fehle mittlerweile Teilen der Gesellschaft, merkt er kritisch an. "Der Polizeiberuf ähnelt meinem, weil wir beide nicht fliehen können. Wir müssen immer sofort zum Tatort, die Lage abschätzen, Hilfe und Beistand leisten." Diese Arbeit schweiße zusammen. Das war nicht immer selbstverständlich, denn zu DDR-Zeiten waren Polizei und Kirche strikt getrennt.
Schorlemmer wollte immer nicht nur Opfern und Angehörigen, sondern auch Polizisten Beistand leisten. "Anfangs besuchte mich kaum einer, und wir mussten lernen, aufeinander zuzugehen." Heute sei das problemlos. Viele Polizisten seien enge Freunde geworden, einige hätten über die Polizeiseelsorge den Kontakt zu einer Kirchengemeinde gefunden.
Er hat auch Polizei-Kollegen getraut und beerdigt, die nicht in der Kirche waren. Wenn ihn ein Sterbenskranker gebeten habe, seine Beerdigung zu übernehmen, "dann kann ich doch nicht nein sagen". Die Kirche sollte sich weniger abgrenzen und weniger mit sich selbst beschäftigen, ist sein Rat. Er selbst ist Mitglied der Landessynode (Kirchenparlament).
"Wo Vertrauen ist, hört Angst auf"
Viel Leid hat er in den vergangenen Jahren gesehen, mache Todesnachrichten musste er überbringen. "Du musst es aushalten können, sonst bist du da falsch", ist sein Anspruch an sich. "Wenn ich selbst mitweinen würde, könnten die Leute das Vertrauen verlieren in meine Fähigkeit zu helfen." Zuhören, Ängste nehmen, darum gehe es in der Seelsorge. "Wo Vertrauen ist, hört Angst auf."
Größte persönliche Herausforderung sei für ihn, sich das Lachen und die Heiterkeit zu bewahren. Über seine Erfahrungen hat Schorlemmer 2007 sein Buch "Manchmal hilft nur Schweigen" veröffentlicht. Im Rückblick ist er froh, dass eine tragfähige psychosoziale Notfallversorgung in Mecklenburg-Vorpommern geschaffen wurde. Hier sei der Nordosten weiter als manch anderes Bundesland.
Sein Nachfolger im Amt wird der Stralsunder Pastor Hanns-Peter Neumann. Doch so ganz verabschiedet sich Andreas Schorlemmer nicht. Seinen Predigtauftrag in Groß Kiesow behält er. "Ich brauche die persönliche Auseinandersetzung mit dem Evangelium."
Quelle: Nordkirche/epd