"Zwei Männer - ein Meer" Pommersches Landesmuseum zeigt Ausstellung zu "Brücke"-Mitgliedern Pechstein und Schmidt-Rottluff
Von Nicole Kiesewetter
28.03.2015 · Greifswald. "Daß mich aber die Stadt bedrückt, will ich gern zugeben. Ich brauche Luft, Himmel, weiten Blick um mich". Max Pechstein, einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Expressionismus, zog es - ebenso wie seinen Malerkollegen Karl Schmidt-Rottluff - über viele Jahre jeden Sommer an die Ostsee. Inspiriert von den "blauen Tagen" auf der Kurischen Nehrung und in Pommern, entstanden dort viele ihrer ausdruckvollsten Werke.
Unter dem Titel "Zwei Männer - ein Meer" präsentiert das Pommersche Landesmuseum in Greifswald ab Sonntag (29. März, 11 Uhr) eine große Sonderausstellung zu Pechstein (1881-1955) und Schmidt-Rottluff (1884-1976). Damit zeigen erstmals über 100 Gemälde, Grafiken und Künstlerpostkarten "die leuchtenden Visionen der zwei Maler in ihrer Entstehungsregion", so Museumskuratorin Birte Frenssen. Die Leihgaben für die Ausstellung (bis 28. Juni) werden unter anderem vom Brücke-Museum Berlin, der Bonner Kunsthalle und der Neuen Pinakothek München zur Verfügung gestellt.
Anlass für die Ausstellung ist das 110. Gründungsjubiläum der Künstlergruppe "Brücke", die als Wegbereiterin des deutschen Expressionismus gilt. Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff lernten sich dort kennen - und zerstritten sich. "Die Ostsee hatte es aber beiden Malern angetan", so Birte Frenssen. Die Küste habe unbeschwerte Tage konzentrierten Schaffens bedeutet, fernab von aller Zivilisation. Weites Blau und urtümliche Landschaft ermutigten die Brücke-Maler zu großen Formen, "Licht und Atmosphäre ließen ihre Farben explodieren."
Für Pechstein und Schmidt-Rottluff wurde die Ostsee zur Landschaft ihres Lebens. 1909 reiste Pechstein zum ersten Mal auf die Kurische Nehrung mit ihrer bizarren Dünenlandschaft zwischen Meer und Haff, 1913 folgte Schmidt-Rottluff, der in der gleichen Fischerhütte am Strand hauste wie sein Kollege, mit dem es im Jahr zuvor zum Bruch gekommen war. In dieser unverfälschten Natur malten die Sommergäste "wie im Rausch glühende Akte in den Dünen oder die rhythmische Arbeit der Bauern und Fischer", erläutert Frenssen.
1920 schlug Schmidt-Rottluff im hinterpommerschen Jershöft sein neues Standquartier auf. Pechstein fand eine ähnliche Landschaft in der Nähe des kleinen pommerschen Fischerstädtchens Leba. Größere Abgeschiedenheit - sogar ohne fließendes Wasser und Strom, dafür unter niedrigen Reetdächern - suchte Pechstein ab 1927 im Fischerdörfchen Rowe. Sein ehemaliger Brücke-Kollege entfloh 1932 dem trubeligen Badeleben ins nahe gelegene Rumbke mit seinen sieben Häusern.
Nach dem Krieg suchte Pechstein an die Ostsee-Erlebnisse anzuknüpfen: Im Sommer 1949 traf er im Ostseebad Ückeritz auf Usedom ein, wo er sich von Mitte Juli bis Mitte September aufhielt. Vor Ort entstanden dreizehn Ölgemälde, 131 Zeichnungen und 139 kleinere Skizzen. Doch aufgrund gesundheitlicher Probleme in den letzten sechs Lebensjahren kam es zu keinem weiteren Besuch auf Usedom. Auch Schmidt-Rottluff suchte nach dem Krieg erneut nach einem Refugium an der Ostsee und verbrachte ab 1951 über zwanzig Jahre die Sommer an der holsteinischen Küste - in Sierksdorf.
Obwohl Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff in nächster Nähe um Leba herum lebten und arbeiteten, gingen sie ihre eigenen Wege, weiß Kunsthistorikerin Frenssen. Dabei konnte es vorkommen, dass die einstigen Kollegen wortlos auf dem Lebasee aneinander vorbei ruderten. "Ihre Motive aber glichen sich - die Rhythmen der Arbeit, der Spiegel des Sees, der Bergkegel des Revekol oder die Dünen, die den Wald überrollen."
Quelle: epd