25 Jahre Deutsche Einheit Gemischte Bilanz im Umweltschutz

Von Markus Geiler

03.10.2015 · Berlin. Teile Ostdeutschlands haben sich seit 1990 zum Naturschutzparadies entwickelt. Neun von 16 Nationalparks und acht von 14 Biosphärenreservaten liegen im Osten. Die gute Bilanz trüben Massentierhaltung, zersiedelte Landschaften und Braunkohleabbau.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung eine zwiespältige Bilanz der Entwicklung des Umweltschutzes in Ost und West gezogen. Positiv sei, dass heute der größte Teil Ostdeutschlands bei der Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden kein ökologisches Krisengebiet mehr sei, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Die damals wegen der Luftverschmutzung absterbenden Wälder im Erzgebirge hätten sich erholt, in damals verdreckten Flüssen wie Saale und Elbe könne wieder gebadet werden. Zudem seien alle Atomkraftwerke in den ostdeutschen Ländern abgeschaltet und die Region habe sich zu einem Hotspot für Erneuerbare Energien entwickelt. Dazu kämen die neun Nationalparks und acht Biosphärenreservate, die Ostdeutschland als "Tafelsilber" in die Wiedervereinigung einbrachte, wie Weiger betonte. Das habe damals auch dem Naturschutz in Westdeutschland einen "gewaltigen Schub" gegeben.

Auf der Negativseite stünden allerdings das Beibehalten der Großstrukturen in der Landwirtschaft mit wachsender Massentierhaltung und industrieller Agrarproduktion, die Zersiedelung der Landschaft, wachsende Verkehrsströme und weiter anhaltende Braunkohleverstromung. Der Sündenfall der Wiedervereinigung aus umweltpolitischer Sicht sei aber die Beschleunigungsgesetzgebung gewesen, um Infrastruktur- und Bauvorhaben zügiger umsetzen zu können.

Daran leide die Umweltbewegung bis heute, sagte Weiger: "Damit wurde nicht die Bürokratie, sondern sind Gemeinwohlbelange reduziert worden." Einsprüche und Klagen gegen nicht ausreichend auf ihre Umweltverträglichkeit geprüfte Projekte wurden extrem erschwert, Bürgerwiderstände nicht gehört. Als Beispiel nannte Weiger die Ausweisung der zahlreichen Gewerbegebiete, die bis heute weitgehend ungenutzt sind. Dieser falsche Ansatz von Siedlungspolitik habe sich in der ganzen Bundesrepublik "krebsartig ausgebreitet".

"Grünes Band" soll besonderen Schutzstatus bekommen

Für ein weiteres positives Erbe der deutschen Teilung, das "Grüne Band" entlang der früheren innerdeutschen Grenze fordert der Umweltverband die Ausweisung als Nationales Naturmonument. Dieser Schutzstatus, der bisher noch für kein Gebiet vergeben worden sei, entspreche der Bedeutung des knapp 1.400-Kilometer langen Biotopverbundes als herausragendes ökologisches und historisches Denkmal, sagte der BUND-Vorsitzende.  

Thüringen gehe bereits mit gutem Beispiel voran und habe die Ausweisung im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Etwa 750 Kilometer des Biotops zwischen sächsisch-bayerischem Vogtland und Lübecker Bucht liegen allein auf Thüringer Gebiet.

Aber das im Durchschnitt 100 Meter breite Naturparadies hat laut BUND noch Lücken in der Größe von fast 3.000 Fußballfeldern, die meisten davon in Sachsen-Anhalt. Um sie zu schließen, fordert der Umweltverband von der Bundesregierung ein nationales Förderprogramm. Für den Ankauf fehlender Flächen, ein Drittel davon im Privatbesitz, würden etwa 30 Millionen Euro benötigt.

"Das Risiko ist sonst hoch, dass sie verkauft, intensiv landwirtschaftlich genutzt und dann nicht mehr dem Naturschutz zur Verfügung stehen werden", warnte Weiger. Zur dauerhaften Sicherung des Natur- und Geschichtsdenkmals sollte außerdem im Bundesetat ein eigener Haushaltstitel eingerichtet werden.

Quelle: epd