Fachtag Mediziner: Vor allem ältere Männer begehen Suizid

11.09.2015 · Kassel/Hamburg.

Entgegen einer weit verbreiten Meinung sind nach Worten des Hamburger Mediziners Reinhard Lindner nicht jüngere, sondern vor allem ältere Menschen von Suizid betroffen. Ab Mitte 70 stiegen die suizidalen Handlungen bei Männern auf das fünffache des Bevölkerungsdurchschnitts, sagte er auf einem von diakonischen und kirchlichen Einrichtungen veranstalteten Fachtag zum Thema Suizid am Donnerstag in Kassel. Jede zweite Frau, die einen Suizidversuch unternehme, sei über 60 Jahre alt. Das Thema, sich im Alter umzubringen, werde in der Gesellschaft immer virulenter.

Grundsätzlich sei es notwendig und möglich, suizidgefährdete Menschen zu behandeln, sagte Lindner. Allerdings könne ein Erfolg nicht in allen Fällen garantiert werden. Viele der Betroffenen suchten verbal oder nonverbal nach Hilfe. Eine Studie aus Dänemark habe gezeigt, dass 90 Prozent derer, die sich später umbrachten, zuvor in irgendeiner Form Hilfe gesucht hätten, sagte Lindner.

Die häufigste Ursache für einen Suizid seien Depressionen, sagte Lindner. Fast jeder dritte Fall sei darauf zurückzuführen. Aber auch Abhängigkeitserkrankungen, Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörungen spielten eine Rolle. Geholfen werden könne Suizidgefährdeten je nach Situation durch Krisenintervention, psychiatrische Behandlung oder Psychotherapie.

Religion könne zwar einen "Schutz des Gehaltenseins" vermitteln. Doch gebe es auch Menschen, die sich durch Religion unter Druck gesetzt fühlten und unter den an sie gestellten Ansprüchen litten, sagte Linder. Wichtig sei auf jeden Fall zu wissen, dass Suizidalität vor allem auf das Leben und nicht auf den Tod hin ausgerichtet sei. "Es geht nicht darum, zu sterben, sondern nicht mehr zu wissen, wie es besser weitergehen kann", sagte Lindner.

Quelle: epd