"Gott kann Sorgen in neues Leben verwandeln“ Betlehemer Pastor Mitri Raheb und Bischof Abromeit predigen gemeinsam

Bischof Abromeit und Pastor Mitri Raheb (li.) im Greifswalder Dom

Foto: A. Klinkhardt

04.09.2016 · Greifswald. Die Lebensumstände der beiden sind völlig verschieden, dennoch sind für Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit und den arabischen Pastor Dr. Mitri Raheb dieselben Verse aus dem Petrusbrief des Neuen Testaments grundlegend: „Alle eure Sorge werft auf ihn, Gott; denn er sorgt für euch!“ Zu diesem Bibelvers sprachen die beiden am Sonntag in einer Dialogpredigt im Greifswalder Dom St. Nikolai.

Mitri Raheb wurde 1962 in eine arabisch-christliche Familie in Betlehem geboren und ist seit 30 Jahren Pfarrer an der dortigen Weihnachtskirche, die zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land (ELCJHL) gehört. Da er in Hermannsburg und Marburg Theologie studiert hat, spricht er sehr gut Deutsch.
 
Pastor Raheb sagte in der Predigt: „Ich habe elf Kriege miterlebt und habe erfahren: Wenn man mit Sorgen nicht gut umgeht, kann man daran kaputtgehen. Sorgen und Ängste können nicht nur einzelne, sondern ganze Völker in die Irre führen. So dürfen wir Palästinenser uns von der Gewalt, die wir erleben, nicht zur Gewalt verführen lassen. Stattdessen gibt es etwas, das ich kreativen Widerstand nenne. Als Israel 2002 Betlehem aus Panzern beschossen hat, zerbrachen viele Fenster und Türen, überall lag Glas auf den Straßen. Damals hatten wir die Idee, dass unsere Studenten der Glaskunst die Scherben einsammeln und daraus Glasengel herstellen. Diese wurden dann in der ganzen Welt verkauft. Das ist für mich Sorge, die Gott in Leben verwandeln kann.“

Der „kreative Widerstand“ zieht sich durch Mitri Rahebs Biographie: 1995 gründete er in Betlehem ein Internationales Begegnungszentrum. Drei Jahre später errichtete er die Modellschule Dar-al-Kalima (dt: Haus des Wortes), in der Christen und Moslems, Jungen und Mädchen, vom Kindergarten bis zum Abitur zusammen lernen. Seit fünf Jahren gibt es dazu eine Fachhochschule und seit kurzem sogar eine Frauenfußballmannschaft. Für dieses Engagement wurde er 2008 mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet, 2011 erhielt er den Deutschen Medienpreis und 2015 den Olof-Palme-Preis.
 
Bischof Abromeit betonte, dass der Gott, dem Menschen ihre Sorgen anvertrauen, keine abstrakte Idee, kein „gestaltloses Göttliches“ sei: „Gott macht an vielen Orten, überall auf diesem Erdball, seine Geschichte. Wir sind nicht einem blinden Schicksal unterworfen, sondern haben es mit einem lebendigen Gott zu tun. Gott schaut auf uns – und wir dürfen jeden Tag im Aufblick zu ihm leben. Am Gebet zeigt sich, ob wir den Glauben ernst meinen und in unserem Leben mit Gott rechnen.“
 
Rund 30 Mitglieder des Fördervereins Bethlehem-Akademie Dar al-Kalima (Haus des Wortes) hatten sich drei Tage lang in Greifswald getroffen. Der Verein unterstützt die Arbeit von Mitri Raheb.

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald