25 Jahre Ökumenische TelefonSeelsorge Vorpommern Offene Ohren seit einem Vierteljahrhundert
09.12.2019 · Greifswald.Die Ökumenische TelefonSeelsorge (ÖTS) Vorpommern ist für alle Menschen da – kostenfrei, 24 Stunden am Tag und völlig anonym. Die 50 Ehrenamtlichen der ÖTS Vorpommern begleiten Anrufende in Notsituationen und hören ihnen zu. Und das seit inzwischen 25 Jahren. „Los ging es in Greifswald im Herbst 1994 mit einem Team aus nur neun Personen und einem einfachen Festnetzanschluss“, erzählt Dagmar Simonsen, sie ist seit dreieinhalb Jahren Leiterin der ÖTS Vorpommern. Zu Beginn habe es Sprechzeiten gegeben, in denen die Menschen anrufen konnten, da das kleine Team die telefonische Seelsorge nur stundenweise organisieren konnte. Doch schnell sei durch die überwältigende Resonanz auf das Angebot deutlich geworden, wie groß der Bedarf an dieser Form der Seelsorge ist, so Dagmar Simonsen. So ist die ÖTS Vorpommern kontinuierlich gewachsen. Die Sprechzeiten wurden erst auf das Wochenende ausgedehnt und schließlich bis zum heutigen Angebot des Services rund um die Uhr ausgebaut.
Seelischer Druck nimmt in der Vorweihnachzeit zu
„Einsamkeit ist nach wie vor das Thema Nummer eins bei den Anrufenden“, weiß die ÖTS-Leiterin. Jedoch würden in den zurückliegenden Jahren mehr und mehr psychische Erkrankungen angesprochen. Zudem leiden viele Menschen, nicht zuletzt in der Advents- und Weihnachtszeit, unter den vielfältigen hohen Erwartungen, die an sie gestellt werden. Der finanzielle, berufliche, emotionale und familiäre Erwartungsmix belaste viele Menschen. Dazu geselle sich bei vielen das Gefühl einer erkaltenden Gesellschaft, in der nur noch der Einzelne zählt. „Alles das kollidiert mit dem Fest der Liebe, das doch in besonderer Weise Gemeinschaft und Mitmenschlichkeit symbolisiert. So kann gerade vor Weihnachten ein hoher seelischer Druck entstehen. Auch die Erwartungen, die Menschen an sich selbst haben, sind oft zu hoch. Was da zu Weihnachten alles passieren soll, kann ja meist gar nicht umgesetzt werden, schon gar nicht in Perfektion. Und an diesen wenigen Tagen im Jahr kann auch nicht alles gelöst und geklärt werden, was im Leben vielleicht in Schieflage geraten ist.“ Ein Anruf bei der TelefonSeelsorge kann in diesen Momenten wie Balsam für die Seele sein. „Wir nehmen den Dampf raus, wir hören zu“, sagt Dagmar Simonsen.
Wandel in der Kommunikation
Mit 50 Ehrenamtlichen ist die Ökumenische TelefonSeelsorge Vorpommern derzeit zwar gut besetzt, doch sind neue immer gern gesehen. Die Fluktuation sei relativ hoch, so die Leiterin. „Wir brauchen daher kontinuierlich neue Ehrenamtliche, die diesen wichtigen Dienst übernehmen möchten. Deutschlandweit geht die Zahl der Ehrenamtlichen leider zurück. Die Telefonseelsorge-Ausbildung erscheint manchen zunächst vielleicht als Hürde, aber sie ist essentiell, um diese Aufgabe zu übernehmen. Die dort vermittelten Kenntnisse sind absolut notwendig“, sagt Dagmar Simonsen. Ein wachsender Schwerpunkt der vielseitigen Ehrenamtlichen-Ausbildung der Telefonseelsorge ist der Bereich Internet. Seelsorge-Chats und Mailings nehmen im Verhältnis zu den klassischen Telefonaten mehr und mehr zu. Das ist auch eine Frage des Generationenwechsels, schätzt Dagmar Simonsen ein. Es gebe einen generellen Wandel hin zu mehr Internet-Kommunikation. Doch nicht jedem Seelsorgenden liegt diese Art des Kontakts. „Es gibt unterschiedliche Talente, manche sind besser im Chat, manche besser am Telefon. Der eine redet lieber, der andere lässt sich lieber etwas Zeit und formuliert schriftlich. Zwischen den Zeilen eines Chats zu lesen ist anders, als auf die Tonlagen einer Stimme zu hören“, weiß Dagmar Simonsen. Um sich noch besser auf die Anliegen der Menschen einstellen zu können, befinden sich die Ehrenamtlichen der TelefonSeelsorge permanent im Erfahrungsaustausch und wechseln zwischen Telefon-, Chat- und Mailseelsorge.
Verbindliche Verpflichtung ist entscheidend
„Um ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge zu arbeiten, spielt neben der Eignung auch der Aspekt der verbindlichen Verpflichtung eine tragende Rolle“, sagt Dagmar Simonsen. Alles weitere beinhalten dann die entsprechenden Kurse, in denen theologisches Wissen, Gesprächsführung und die Vielfalt der Lebensprobleme behandelt werden. Das Seminar, in dem die Ehrenamtlichen für den Dienst am Telefon ausgebildet werden, umfasst insgesamt 130 Stunden. An sechs Wochenenden und thematischen Abenden erfahren sie eine intensive Vorbereitung für die spätere Arbeit am Telefon. Dabei geht es um Gesprächsführung, Selbsterfahrungsprozesse und Themen wie Sucht, Partnerschaft, psychische Erkrankungen, Umgang mit Trauer, Suizidalität. Nach der Ausbildung wird von den Teilnehmenden eine mindestens dreijährige Bereitschaft zur Mitarbeit in der Ökumenischen TelefonSeelsorge Vorpommern erwartet. Wer dabei sein möchte: Im Herbst 2020 beginnt ein neuer Ausbildungskurs für die ehrenamtliche Mitarbeit in Greifswald.
TelefonSeelsorge bleibt auf Spenden angewiesen
Getragen wird die Arbeit der Ökumenischen TelefonSeelsorge Vorpommern vom Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis, vom Diakonischen Werk Mecklenburg-Vorpommern, vom Erzbistum Berlin und dem Caritasverband für das Erzbistum Berlin e.V. – Region Vorpommern. Die Finanzierung erfolgt durch die vier Träger. Zusätzlich geben das Land Mecklenburg-Vorpommern – durch die Landkreise Vorpommern-Rügen und Vorpommern-Greifswald – und die Universitäts- und Hansestadt Greifswald Zuschüsse. Dennoch ist die TelefonSeelsorge auf Spenden angewiesen. Diese helfen dabei, die Kosten für die Weiterbildungen und für kompetente Referenten, für die Anfahrten der Ehrenamtlichen oder für Fachliteratur und Telefontechnik zu tragen. Wer die ÖTS unterstützen möchte, kann folgende Kontoverbindung nutzen:
Sparkasse Vorpommern
IBAN: DE16150505000102010323
BIC: NOLADE21GRW
Quelle: PEK (sk)