Nordkirche verabschiedet Dr. Andreas v. Maltzahn als Bischof: "Mutig neue Wege riskieren – im Vertrauen auf Gottes Sehnen und Verheißung“
11.05.2019 · Schwerin. Gottes Zuneigung und Herzensweite ist eine „Quelle der Kraft und Inspiration, aus der alles andere fließt“. Dies sagte Dr. Andreas v. Maltzahn am heutigen Sonnabend in seiner Abschiedspredigt als Bischof. In einem Gottesdienst im Dom St. Marien und St. Johannis wurde der Schweriner Bischof entpflichtet und gab dabei sein Amtskreuz zurück.
Die Entpflichtung nahm Landesbischof Ralf Meister (Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannovers) als Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) nach der Predigt von Bischof v. Maltzahn vor. In seiner Ansprache würdigte Ralf Meister den Theologen: „Mit Dr. Andreas v. Maltzahn verabschieden wir einen großen Menschenfreund, der immer einen aufmerksamen Blick auf das Kleine hatte. Seine Nähe zu den Menschen war verbunden mit einer hoffnungsvollen Glaubenszuversicht. Selbst in anspruchsvollen Lagen seines Sprengels war Klagen für ihn keine Option. Als Bischof schaute er nicht ängstlich auf die Mitgliederentwicklung, sondern ermutigte seine Kirche nachdenklich und zugewandt, Gottesspuren im Alltag zu sehen. Für ihn gilt: Kirche muss im Dialog bleiben und innovativ auf aktuelle Veränderungen reagieren – mutig und fromm und mit Wertschätzung für jeden kleinen Schritt.“
Landesbischof Meister dankte Andreas v. Maltzahn für seinen Dienst als Landesbischof von 2007 an in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs und seit Pfingsten 2012 als Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Seit dem 1. Mai ist Dr. v. Maltzahn als Studienleiter am Prediger- und Studienseminar der Nordkirche in Ratzeburg tätig.
Der scheidende Bischof v. Maltzahn erinnerte in seiner Predigt zu 1. Mose 16, 1-16 an den Weg zur Gründung der Nordkirche. In Pommern und Mecklenburg stand durchaus die Frage, ob die Fusion mit dem starken Nordelbien nicht dazu führen würde, dass „wir uns innerlich zurücklehnen und beruhigt weitermachen wie bisher“. Oder sollte man „in den religiösen Erosionen unserer Zeit nicht vielmehr alle vermeintlichen Sicherheiten fahren lassen, um allein im Vertrauen auf Gott aufzubrechen – hin zu den Menschen, die Gott am Herzen liegen, und uns in der Begegnung mit ihnen verwandeln lassen“?
Sich nicht in Selbsterhaltung der Institution erschöpfen
Der Theologe zeigt sich überzeugt, dass das eine das andere nicht zwingend ausschließe. Es bleibe jedoch eine tägliche Herausforderung, sich nicht mit dem Status quo zu begnügen. „Sondern“, so der Bischof, „bereit zu sein für den Aufbruch, den Gott von uns erwartet! Sich nicht in Selbsterhaltung der Institution zu erschöpfen, sondern mutig neue Wege zu riskieren – mit nichts im Gepäck als Gottes Sehnen und unserem Vertrauen in seine Verheißungen.“
In seiner Dienstzeit als Bischof habe er in reichem Maße erlebt, wie lebendig und schöpferisch dies schon gelebt werde: Beispielsweise würden viele Kirchgebäude nicht nur sorgfältig restauriert, sondern zunehmend auch als Festräume der Bürgergemeinde angenommen. Konzerte berühren und Filmerlebnisse in der Reihe ‚Starke Stücke. Berührt und diskutiert‘ regen tiefgehende Gespräche an. Zugleich sei die Landschaft der Gottesdienste bunter geworden – in klassischen wie neuen Formaten. So gebe es Segnungsgottesdienste für Kranke oder einen Traktorengottesdienst mit anschließendem Rockkonzert im Pfarrgarten.
„Kirche mit anderen“ sei beispielsweise auch in Sanitz erlebbar: Da bauten Wandergesellen, Geflüchtete und Einheimische gemeinsam einen großzügigen Kinderspielplatz – „heute beliebter Treffpunkt junger Familien, egal, ob sie zur Kirchengemeinde gehören oder nicht“, so Andreas v. Maltzahn. Auch in diakonischen Einrichtungen, in musikalischer oder gemeindepädagogischer Arbeit oder in Kooperation mit Schulen sorgten kirchliche Mitarbeitende dafür, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene spürten: „In Gottes Augen bin ich wichtig.“
Gottes Herz ist groß genug
Angesichts der ökumenischen Erfahrungen des Reformationsjubiläums und mit dem Blick auf den Predigttext zeigte sich der Bischof überzeugt, dass Gottes Herz groß genug für die Menschen aller Konfessionen und Religionen sei und rief dazu auf: „Lasst uns diese Weite zur Richtschnur und Ermutigung für unser Denken und Handeln nehmen.“ Dies bedeute zugleich, Verantwortung wahrzunehmen, zum Beispiel „achtsam zu sein für jene, die sich von niemandem gesehen fühlen: Menschen, die ihre Armut verschämt verbergen; oder Menschen, die es ungeheure Kraft kostet, überhaupt weiter zu leben – und sie werden immer mehr. Sie brauchen unsere Nähe und auch professionelle Begleitung. Hier dürfen wir nicht sparen – weder als Kirche noch als politisch Verantwortliche“.
Anderer Lebensstil dringend nötig
Nach Ansicht des Theologen müsse zudem wachrütteln, „dass Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen und – gut zu Haus in wissenschaftlicher Expertise – von uns Erwachsenen fordern, dass wir endlich ernst machen mit der Energiewende, einem anderen Lebensstil! Es ist höchste Zeit, sich mit aller Kraft der Gefahr entgegenzustellen – in der Politik, als Kirchen, persönlich“. Bei der beharrlichen Arbeit an Veränderungen zum Guten sei Verlass auf die Rückenstärkung Gottes. „Das Geheimnis der Welt kommt uns nahe in Wort und Sakrament, belebt und beflügelt“, so der scheidende Bischof. „Es baut auf und tröstet, stellt infrage und richtet aus – welch eine Quelle der Kraft und Inspiration, aus der alles andere fließt! Unverzichtbar! Beglückend!“
Quelle: Nordkirche (cme)