Frithjof Nürnberger ist neuer Referent für die Ehrenamtsentwicklung im PEK "Ich sehe noch viele unentdeckte Potentiale"

Frithjof Nürnberger in seinem Büro im Greifswalder Regionalzentrum.

Foto: PEK/S. Kühl

06.03.2023 · Greifswald. Frithjof Nürnberger ist neuer Referent für die Ehrenamtsentwicklung im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis. Anfang des Jahres begann der studierte Medien- und Sozialpädagoge seinen Dienst im Greifswalder Regionalzentrum. Nach den ersten zwei Monaten spricht er über bereits gemachte Erfahrungen, das neue Logo der Arbeitsstelle sowie seine Vorstellungen und Ideen für die Gestaltung der Arbeit mit Ehrenamtlichen.

„Als ich die Ausschreibung für die Arbeitsstelle Ehrenamt im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis sah, dachte ich sofort: Das bin ich! Das ist ein Auftrag, mit dem ich mich identifizieren kann. Hier sind meine Stärken gefragt“, ist Frithjof Nürnberger begeistert. „Bevor ich mich dann bewarb, sprach ich noch mit dem Leiter des Regionalzentrums kirchlicher Dienste, Propst Tobias Sarx, und da bestätigte sich der Eindruck, ja, das ist genau richtig, das passt.“ Die Bewerbung war erfolgreich und so ist Frithjof Nürnberger seit Beginn des Jahres in Vollzeit Referent für die Ehrenamtsentwicklung im Pommerschen Evangelischen Kirchenkreis. Im Greifswalder Regionalzentrum, in dem sich sein Dienstsitz befindet, herrsche eine große Offenheit, freut sich der 39-Jährige. „Wir sind hier ein echtes Team und sprechen eine Sprache. Es wird derzeit viel an der Bildung neuer Strukturen gearbeitet und es ist sehr spannend, ein Teil davon zu sein.“

 

Kultur des Ehrenamts braucht Relaunch

 

Vor gut zwei Monaten hat Frithjof Nürnberger sein Büro im Regionalzentrum bezogen. Im Dachgeschoss, unter der schrägen Decke, fällt das Licht durch ein Fenster auf seinen fast leeren Schreibtisch. Er ist kein Papiermensch, sondern in der digitalen Welt zuhause. Ein leistungsstarker Rechner, dazu das Smartphone reichen ihm weitgehend als Arbeitsgeräte. Ohnehin ist er viel unterwegs, denn in den ersten Wochen und Monaten gehe es ihm vorrangig ums Hören. Er wolle bis ins Detail in Erfahrung bringen, was Ehrenamtliche und Hauptamtliche über das Ehrenamt denken. „Mich interessiert, wie der aktuelle Stand ist, welche Wünsche es für die Zukunft gibt.“ So besuchte er bereits neben mehreren Konventen in den Propsteien des Kirchenkreises auch die MAT, die Mitarbeitertagung der Jugendarbeit in Mecklenburg-Vorpommern in Salem. Die Eindrücke, die er dabei sammelte, bestätigten ihn in seinen Zielsetzungen: „Alles, was schon da ist, hat eine große Kraft, zugleich sehe ich noch so viele unentdeckte Potentiale! Die Kultur des Ehrenamts braucht einen Relaunch, einen Neustart. Es ist an der Zeit, dass ehrenamtliche Tätigkeit kirchlich neu durchdrungen wird. Im gleichen Atemzug muss sich Kirche in ihrer gesellschaftlichen Relevanz profilieren und ein offener Erfahrungs- und Zugehörigkeitsraum für Menschen sein, die nicht so hoch verbunden sind. Ein Balanceakt, insbesondere für ländliche Regionen. Aber von dieser gemeinsamen Bemühung hängt letztlich die Zukunft unserer Kirche ab und die ist untrennbar mit mündigem Ehrenamt verbunden.“

 

Offenheit ist Grundvoraussetzung

 

Für Frithjof Nürnberger hat Ehrenamt vor allem mit Wertschätzung zu tun. Das spiegelt auch das Logo wider, das er für seine Arbeit entworfen hat. Es zeigt in einem türkisfarbigen Kreis eine ausgestreckte, gleichzeitig gebende, nehmende und tragende Hand sowie die Wörter „ehren“ und „wert“, die als mehrdeutiges Wortspiel eben das aufnehmen, was Frithjof Nürnberger mit Ehrenamtlichkeit verbindet und wie der Dienst im Ehrenamt gestaltet werden kann. „Dazu zählen für mich Fragen nach der Motivation, nach der grundlegenden Bedeutung des Ehrenamts und danach, was jeder und jede ins Ehrenamt einbringen kann.“ All das wolle er in moderner Weise mit Leben füllen. „Unsere Kirche verfügt über ein strukturelles und spirituelles Fundament, um vom Grund her zu gedeihen, statt zu schrumpfen. Gerade in der global erlebten Zeitenwende kann Kirche unumstößlichen Werten dienen sowie Orientierung und Halt geben.“ Authentisches und zeitgemäßes Ehrenamt sei ein bedeutender Teil davon, ist der zweifache Familienvater überzeugt. Empathie und echte Offenheit gegenüber den Menschen, für ihre Bedürfnisse und Lebenswelten sei die Grundvoraussetzung, damit Gemeinde von ehrenamtlichem Engagement leben kann. „Wenn wir im Ehrenamt nur Arbeitskräfte suchen, dann kommt niemand. Es ist unattraktiv.“ Klar sei ihm aber auch, dass neben aller Niedrigschwelligkeit nur durch Werte wie Verbindlichkeit und Treue Stabilität erreicht werden könne.

 

„Ich bin ein Kind der Kirche“

 

Schwerpunkte seiner neuen Tätigkeit sieht Frithjof Nürnberger darin, beratend tätig zu sein sowie zuvor vorhandenes ehrenamtliches Engagement zu stärken und zu dessen Qualifizierung beizutragen. Ein besonderes Augenmerk wolle er dabei auf die Ehrenamtlichen in den Kirchengemeinderäten legen, deren Unterstützung ihm besonders am Herzen liegt. „Ich bin durch meine Biografie ein Kind der Kirche, aber ich nehme durch meine Ausbildung und meinen beruflichen Werdegang zusätzliche und andere Perspektiven ein, die ich sinnvoll einbringen kann.“ Aufgewachsen ist Frithjof Nürnberger in einem sächsischen Pfarrhaus zwischen Chemnitz und Zwickau. „Von klein auf habe ich den Gemeindeaufbau hautnah erlebt und erfahren, wie gemeinsam mit den Menschen vor Ort Kirchengemeinde unter den damaligen politischen Umständen gebaut wird“, beschreibt er seine Prägungen als Pfarrerskind. Für ihn war es selbstverständlich, sich in das Leben der Kirchgemeinde einzubringen. Ganz gleich, ob es darum ging, den Schlüssel für den Gemeinderaum auszugeben, Auskünfte zu erteilen oder Gemeindeaktivitäten mitzugestalten.  

 

Erste berufliche Station mit Preis gekrönt

 

Frithjof Nürnberger entschied sich gegen einen klassisch theologischen Ausbildungsweg, sondern studierte stattdessen Kultur-und Medienpädagogik in Merseburg. „Ich wollte gern etwas so Vielseitiges machen, wie es der Beruf des Pfarrers ermöglicht, auch mit ähnlich großer Relevanz und diesem Wertefundament, gleichzeitig aber nicht nur in der ‚Kirchenbubble‘ unterwegs sein. Diese Abnabelung gehörte zu meiner Selbstfindung und eigenen Sprachfähigkeit.“ Die Kirchenlandschaft kam ihm damals einengender vor, das nimmt er heute anders wahr. Die starke kirchliche Verbundenheit blieb immer bestehen. „Meine erste prägende berufliche Station war in Nordrhein-Westfalen als Jugendreferent im Checkpoint in Iserlohn, einem Jugendtreff in Trägerschaft der evangelischen Kirche. Die Stelle hatte sich aus einem Praxissemester ergeben und war eng an die dortige Kirchengemeinde und den Kirchenkreis angebunden.“ Seine filmpädagogische, interkulturelle Jugendarbeit unter dem Arbeitstitel „Red Carpet Experience“ wurde mit dem Dieter Baacke-Preis des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Gesellschaft für Medien und Kommunikationskultur ausgezeichnet.

 

Berufliche Weiterentwicklung in Leipzig

 

Nach einem Jahr in Iserlohn ging es 2011, gemeinsam mit seiner Frau Tabea, die er bereits im Studium kennengelernt hatte, zurück in die sächsische Heimat. In Leipzig beim CVJM, dem Christlichen Verein Junger Menschen, kümmerte er sich als Leitung eines offenen Kinder und Jugendtreffs für eineinhalb Jahre um Kinder aus größtenteils problematischen sozialen Bezügen. Berufsbegleitend absolvierte Frithjof Nürnberger seinen Master in Sozialer Arbeit. Die nächste Etappe seiner beruflichen Laufbahn war das evangelische Schulzentrum in Leipzig. Hier unterrichtete er das Fach „Musen und Medien“ in den 8. bis 10. Klassen. „Das war eine Kombination aus Film, Schauspiel, Musik und Kunst. Die Kinder und Jugendlichen konnten dabei ihre Selbstwirksamkeit erproben und ihre Medienkompetenz erweitern. Mir ging es darum, die Schülerinnen und Schüler dazu anzuregen, eigene schöpferische Ausdrucksformen zu finden, Unterrichtsinhalte fächerübergreifend zu denken und lebensweltbezogene Diskussionen zu religiös-ethischen Fragen zu initiieren“, schildert er diese Zeit. Außerdem entwickelte er gemeinsam mit einigen Kollegen sowie in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrerschaft das medienpädagogische Konzept des Schulzentrums. Der ganzheitliche Ansatz entlang des gesamten schulischen Bildungswegs überzeugte auch die Jury des Medienpädagogischen Preises und führte zur Auszeichnung für das beste Medien-Bildungs-Konzept, vergeben durch das Sächsische Staatsministerium für Kultus und der sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien.

 

Der Ruf des Nordens

 

Nach sieben Jahren am Schulzentrum kam im Jahr 2021 die Zeit für einen Ortswechsel. Nach der Elternzeit mit dem zweiten Kind erschien es der jungen Familie sinnvoll, sich neu zu orientieren. Nicht nur beruflich, sondern auch geografisch. „Wir waren offen für eine neue Umgebung, sind in uns gegangen, haben zugehört und geprüft. Es ergab sich, dass meiner Frau ein attraktiver Job an der Stralsunder Jona-Schule angeboten wurde.“ Er selbst ging an die Greifswalder Universität und war dort die zurückliegenden eineinhalb Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der didaktischen Lehrerbildung und Bildungsforschung in Bezug auf Digitalität tätig. Unter anderem war er an der Projektentwicklung für das „Klassenzimmer der Zukunft“ beteiligt. „Uns erscheint es heute so, als wären in Leipzig einige Türen zugegangen und dafür hätten sich in Greifswald einige Türen geöffnet“, sagt er rückblickend. „Der Norden hat uns gerufen, es hat einfach alles gepasst.“ Wohnort, Kita, Jobs, alles hat sich wunderbar gefügt. „Meine Frau und ich wussten, wenn wir das jetzt nicht machen, in den Norden zu gehen, bereuen wir‘s.“

 

Eine sinnstiftende Berufung

 

Der Weggang aus dem heimatlichen Umfeld war ein großer Schritt, aber die Nürnbergers lebten sich an der Boddenküste schnell ein. Da die Stelle an der Uni befristet und nur als Übergang gedacht war, beschäftigte Frithjof Nürnberger die Frage nach der langfristigen Perspektive. „Wo kann ich Menschen zurüsten, ihre Potentiale entfalten, Netzwerke knüpfen und meine Stärken sinnstiftend einbringen?“ Die Antworten fand er in der Referentenstelle im pommerschen Kirchenkreis. Diese Berufung hat ihn gefunden und gepackt. Das Aufgabenspektrum sei komplex und der Kirchenkreis riesig, ist er sich bewusst. Rund viereinhalbtausend Menschen engagieren sich ehrenamtlich und allein die Entfernungen seien eine Herausforderung. „Da braucht man einen reichhaltigen Werkzeugkoffer, es gibt kein Patentrezept“, meint er gleichermaßen realistisch wie zuversichtlich. „Ich arbeite daran, das Ehrenamt auch medial noch stärker abzubilden, ins Gespräch zu bringen und die vielen Menschen sichtbarer zu machen. Ihre Geschichten sind großartig und sollen erzählt werden.“ Für ihn sind die Ehrenmenschen, wie er sie nennt, das Gesicht der Kirche und sie verdienen gute Angebote. Das hört sich nach viel Arbeit an, denn wenn Frithjof Nürnberger von einer Sache überzeugt ist, dann kniet er sich richtig rein. Bleibt da neben Beruf und Familie noch Zeit für seine Hobbys, zu denen neben Reisen im In- und Ausland vor allem die Fotografie zählt? Zumindest für letzteres hat er in seiner neuen nordischen Heimat schon viele fantastische Motive gefunden, die er gern auf Instagram teilt. Übrigens: Auch für die Ehrenamtsstelle hat Frithjof Nürnberger einen „Insta“-Account eingerichtet, der unter @ehren.wert zu finden ist.

Quelle: PEK (sk)