Pommerscher Kirchenkreisrat: Maßnahmen in Bezug auf Fall sexualisierter Fotos ergriffen
14.09.2023 · Weitenhagen. Der Kirchenkreisrat (KKR) des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises (PEK) hat sich in seiner jüngsten Sitzung, die im „Haus der Stille“ in Weitenhagen stattfand, intensiv mit dem Fall sexualisierter Fotos befasst, die während eines kirchlichen Sommercamps im Jahr 2020 entstanden sind.
Zwei kirchliche Mitarbeiter werden beschuldigt, diese Bilder angefertigt und verbreitet beziehungsweise dieses Vorgehen geduldet zu haben. Der höchst emotionale Austausch war von großer Erschütterung, Fassungslosigkeit und Entsetzen geprägt. Gleichzeitig erklärten die Mitglieder des Gremiums, dass vor allem die Fürsorge für die Betroffenen in den Blick zu nehmen sei. Zudem bemängelten einige Mitglieder des Gremiums, dass dem KKR der Vorfall und das diesbezügliche damalige Verfahren nicht bekannt gemacht worden war und forderten vollständige Aufklärung und Transparenz. Propst Tobias Sarx informierte den KKR in seiner Funktion als Leiter des neu eingerichteten Beratungsstabs, der am Dienstag, 12. September, erstmals getagt hatte, über die Vorkommnisse und über das diesbezüglich nun begonnene geordnete Verfahren. Er erläuterte die Aufgaben des Beratungsstabs gemäß der Rechtsverordnung zur Ausführung des Präventionsgesetzes in der Nordkirche. Mit Beginn des neuen Verfahrens werde alles getan, um den Betroffenen beizustehen, umfänglich und transparent aufzuklären und für die Zukunft die Prävention im Kirchenkreis noch weiter zu verbessern, um zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zu verhindern, dass sich derartige Vorkommnisse wiederholen, so der Propst. Zudem würden frühere Entscheidungen einer detaillierten Prüfung unterzogen.
Mitarbeiter bis zur Klärung nicht weiter tätig
Tobias Sarx teilte dem Kirchenkreisrat darüber hinaus mit, dass der Beratungsstab Fallkonferenzen einrichten werde, um weitere Personen und Institutionen einbeziehen zu können, zusätzlich Transparenz herzustellen und für Aufklärung zu sorgen. Der Propst berichtete den KKR-Mitgliedern von den ersten, vom neuen Beratungsstab in die Wege geleiteten Schritten. So sei beschlossen worden, das Fotomaterial der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Zweitens werde es Angebote für Betroffene geben (Hotline, unabhängige Beratungsangebote) und drittens werde die Bitte ausgesprochen, dass sich Personen melden, die etwas zur Aufklärung des Falles beitragen können. Das geordnete Verfahren sehe zudem vor, dass Mitarbeitende, gegen die Vorwürfe erhoben werden, in dem in Rede stehenden Bereich bis zur Klärung der Vorwürfe nicht weiter tätig sind. Anstellungsträger der beiden Beschuldigten sind zwei Kirchengemeinden. Da einer der beiden Beschuldigten, ein Gemeindepädagoge, im Rahmen eines Gestellungsvertrags zu 25 Prozent für den Kirchenkreis tätig ist, beschloss der KKR, ihn mit sofortiger Wirkung bis zum Ende des laufenden Verfahrens freizustellen. Die beschuldigte Person wurde umgehend über die Freistellung informiert. Nach Abschluss des geordneten Verfahrens werde es zu dieser Personalie weitere Beratungen und eine Beschlussfassung geben, kündigte der Kirchenkreisrat an.
Weg frei für Großprojekt in Stralsund
Der Kirchenkreisrat gab mit mehreren Beschlüssen den Weg frei für den Neubau eines Gemeinde- und Bürgerzentrums (NGZ) im Stralsunder Stadtteil Knieper West. Der Kirchenkreisrat stimmte der Darlehensaufnahme durch die Kirchengemeinde St. Nikolai Stralsund in Höhe von drei Millionen Euro sowie der Beauftragung verschiedener Planungsleistungen nach Vorliegen der kirchenaufsichtlichen Genehmigung der Nordkirche über den Baubeschluss zu. Die Gesamtkosten für den Neubau belaufen sich auf rund zehn Millionen Euro. Die Finanzierung erfolgt durch Eigenmittel, Fördermittel und das erwähnte Darlehen. Zu den Besonderheiten des Großprojekts gehört, dass es in enger Abstimmung mit der Hansestadt Stralsund entsteht und neben der Förderung im Rahmen des europäischen Programms „Soziale Stadt“ in Höhe von 1,9 Millionen Euro von der Hansestadt Stralsund mit einer weiteren Million gefördert wird. Die Planungen sehen vor, dass künftig die Stadtteilkoordination in dem Gebäude ihren Sitz hat sowie diverse Träger sozialer Angebote. Zudem bietet das Zentrum Platz für eine Cafeteria sowie für zwei bis drei Arztpraxen oder Kanzleien. Die Kirchengemeinde möchte das NGZ zum zentralen Anlaufpunkt für soziale Arbeit im Stadtteil entwickeln. Bezugsfertig soll das Gemeinde- und Bürgerzentrum voraussichtlich Ende 2026 sein.
Neues Zentrum als Leuchtturm geistlicher Arbeit
Vor der Beschlussfassung hatten Vertreter der Kirchengemeinde den KKR-Mitgliedern das Vorhaben erläutert. „Wir werden als Kirche nicht mehr dort wahrgenommen, wo das Leben pulsiert, wir bewegen uns zu sehr im binnenkirchlichen Raum“, sagte der Pastor der Kirchengemeinde, Albrecht Mantei. „Wir sind bislang zu sehr am Rand, wir wollen aber dahin, wo die Menschen sind und wollen zeigen, wie unsere geistliche Arbeit aussieht in Verbindung mit unserem sozialdiakonischen Anspruch.“ Daher sei die Kirchengemeinde der Ansicht, dass das NGZ im Stralsunder Stadtteil Knieper West ein zukunftsträchtiger Leuchtturm sein könne, der die sozialdiakonische Arbeit dorthin bringe, wo der größte Bedarf bestehe, so die Ausführungen der anwesenden Gemeindevertreter. Das NGZ könne entscheidend dazu beitragen, zu den Menschen zu kommen, auch zu denen, die nicht zur Kirche gehören. Es könne Räume schaffen für Begegnungen und Austausch, für Konzerte, für die Kinder- und Jugendarbeit, für die Seniorenarbeit und eine Vielfalt an Projekten. Und vor allem werde es auch ein Ort mit einer Kirche sein, an dem mitten im Stadtteil Gottesdienste gefeiert werden. Der Stralsunder Propst Tobias Sarx unterstützte die Erläuterungen der Gemeindevertreter und betonte, dass das geplante Zentrum ein wichtiger Bestandteil des neuen Stralsunder Stadtkonzepts sei. „Es ist mit einem sehr guten Konzept unterfüttert, das mit den Plänen der Stadt korrespondiert“, so der Propst.
Weitere Themen
Der Kirchenkreisrat schreibt eine 50-Prozent-Stelle im Projekt „Lebenswandel – Leben wandeln – Partner sein“ im Sprengel Mecklenburg und Pommern aus. Die Stelle wird vollständig durch den kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche finanziert. Die Besetzung der Stelle soll dazu beitragen, die inhaltliche Brücke zwischen den beiden Kirchenkreisen zu verbreitern und Synergien zu verstärken. Schlüsselthemen sind Klimagerechtigkeit, Landwirtschaft und Ernährung. Dies seien Felder, in denen sinnstiftende Veränderungen, ein Lebens- und Perspektivenwandel auch in kleinen Schritten möglich sei, so die Beschlussvorlage. Ein weiterer Schwerpunkt wird die thematische Zusammenarbeit mit den Partnerkirchen weltweit sein.
Der Kirchenkreisrat beschloss, die ausgeschriebene 100-Prozent-Stelle im Jugendmigrationsdienst Greifswald ab 1. Oktober 2023 mit der Pädagogin Rose-Marie Spießwinkel zu besetzen. Die Arbeit der Jugendmigrationsdienste, einer wichtigen Schnittstelle zwischen Kirche und Gesellschaft, wird weitgehend aus Bundesmitteln finanziert. Der Kirchenkreis nehme mit der Arbeit der Jugendmigrationsdienste in Stralsund und Greifswald diakonische Verantwortung wahr und begleite junge, teils traumatisierte Menschen, die häufig mit Fluchterfahrung ohne ausreichende Sprachkenntnisse in einer neuen Umgebung Fuß fassen müssen, hieß es zu dem Beschluss. Die Jugendmigrationsdienste tragen darüber hinaus zu einer gelingenden Integration bei.
Der Leiter des Kirchenkreisamts, Marc Engelhardt, erklärte seine Bereitschaft, befristet bis zur nächsten Synode, den Vorsitz im Wahlausschuss zu übernehmen. Ebenfalls bis zur nächsten Synode befristet übernimmt die Friedhofsbeauftragte des PEK, Maren Bratner, den stellvertretenden Vorsitz. Für die Auszählung der Stimmen übernimmt Propst Gerd Panknin den Vorsitz. Diesem Vorgehen stimmte der KKR zu.
Zusätzlich befasste sich das Gremium in der Sitzung unter anderem mit einem Vorschlag zur Änderung der Finanzsatzung, mit weiteren Stellenausschreibungen und Stellenbesetzungen, mit weiteren Personalangelegenheiten sowie mit der Bildung von Personalgruppen in anstehenden Stellenbesetzungsverfahren. Zudem war die Leiterin der Finanzabteilung, Diana Schulmeister, zeitweise in der Sitzung anwesend und berichtete dem Gremium über die aktuelle Situation in der von ihr geleiteten Abteilung. Die nächste Zusammenkunft des Kirchenkreisrats findet am 26. September 2023 statt.
Quelle: PEK (sk)