Zentrale Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit Scholz: Die Deutschen haben gemeinsam viel geschafft

Foto: Jonny Franzke/Nordkirche
03.10.2024 · Schwerin. Die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit fanden am Donnerstag in Schwerin unter dem Motto „Vereint Segel setzen“ statt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte beim Festakt im Mecklenburgischen Staatstheater, dass die Einheit von Ost- und Westdeutschland auch nach 34 Jahren nicht vollendet sei. Er rief dazu auf, der Geschichte der Einheit neue Kapitel hinzuzufügen. „Wo immer Politik bessere Lebenschancen und gleichwertige Lebensverhältnisse schaffen kann, da muss das geschehen“, sagte er. Zugleich unterstrich er, „wie weit wir gemeinsam vorangekommen sind in Deutschland“.
Für Millionen Ostdeutsche habe der radikale Umbruch nach dem 3. Oktober 1990 „Befreiung und Neuanfang“ bedeutet, sagte Scholz. Zugleich sei er aber für Millionen Ostdeutsche auch der „Zusammenbruch ihres gesamten bisherigen Lebens“ gewesen: „eine Entwertung ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, ihrer Lebensleistung“, so der Kanzler. „Und hier liegt wohl eine der Ursachen für die noch immer besondere Stimmung - die besondere Verstimmung - und für politische Besonderheiten, die Ostdeutschland heute kennzeichnen.“
Mit Blick auf die jüngsten Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, bei denen die AfD jeweils rund 30 Prozent der Stimmen erhalten hatte, äußerte Scholz die Überzeugung, dass die „ganz große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger überall in Deutschland“ fest auf dem Boden der freiheitlichen Ordnung stehe. „Das sind die Vernünftigen und die Anständigen. Das sind die, die nicht nur motzen, sondern anpacken für unser Land. Diese Mitte ist viel größer als die Radikalen an den Rändern“, betonte der Kanzler.
Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte in ihrer Rede beim Festakt, es gebe noch immer Benachteiligungen, „mit denen wir uns nicht abfinden dürfen“. Dazu gehörten unterschiedliche Löhne, geringere Vermögen, weniger große Unternehmen. Das Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse sei noch nicht erreicht.
Zudem sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, dass der Osten anders bleibe: mit seinen Erwartungen, Erfahrungen, Einstellungen und Lebensentwürfen. Über diese Unterschiede sei in der Vergangenheit zu oft hinweggegangen worden. „Wir müssen einander ernst nehmen, einander auf Augenhöhe begegnen“, sagte Schwesig. Es dürfe nicht nur dann nach Ostdeutschland geschaut werden, wenn es Probleme gibt. Der Osten müsse stärker wahrnehmbar sein, in Debatten sowie in Führungspositionen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.
Zuvor hatte Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt im ökumenischen Gottesdienst im Dom gesagt, dass „das Handwerk der Demokratie“ neu gelernt werden müsse. Neu gelernt werden müsse, „wie wichtig verlässliche Zusammenarbeit und Kooperation sind“, sagte sie in ihrer Predigt. Angesichts so vieler Herausforderungen gehe es jetzt darum, zusammenzustehen und zusammenzuarbeiten. „Denn: wir lassen den Dingen doch nicht einfach ihren Lauf - und wir lassen uns auch nicht wieder wegnehmen, wofür Menschen auch aus diesem Dom vor 35 Jahren auf die Straße gegangen sind.“
Die Landesbischöfin ermutigte auch dazu, „menschlich, mitmenschlich“ zu leben. Nicht Hassreden oder polarisierender Populismus würden benötigt, sondern füreinander einzustehen und gute Nachbarn zu sein. „Lasst uns konkret und praktisch helfen, wo Menschen unsere Hilfe brauchen“, unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft, Alter oder „wen sie lieben“. „Lasst uns weiter einstehen für die gleiche Würde aller Menschen, jedes einzelnen Menschen“, sagte Kühnbaum-Schmidt.
Der katholische Erzbischof Heiner Koch (Berlin) sagte in seiner Predigt, Vielfalt sei eine große Chance, aber auch eine enorme Herausforderung. Zur Einheit in der Gesellschaft gehöre, andere Menschen in ihrem Anderssein zu respektieren und Kompromisse zu suchen. Keiner dürfe liegen gelassen werden, gerade nicht die Schwächsten. Wichtig sei, gemeinsam unterwegs zu sein und offen zuzuhören. Es müsse ein Dialog darüber geführt werden, was man mit Würde, Gesellschaft und Freiheit verbindet. „Deutschland als Lerngemeinschaft. Das wär's“, sagte Koch.
Mecklenburg-Vorpommern hat derzeit den Vorsitz im Bundesrat inne. Mit der Bundesratspräsidentschaft ist stets die Ausrichtung der zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit verbunden. Bereits am Mittwoch hatte in Schwerin das dreitägige Bürgerfest zu dem Feiertag begonnen. Im kommenden Jahr werden die zentralen Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit im Saarland stattfinden.
Quelle: epd