Gottesdienste haben einen festen Ablauf, der Einkehr und Gemeinschaft ermöglicht.
Wer zum ersten Mal, oder nach langer Zeit wieder, einen Gottesdienst besucht, taucht ein in eine fremde Welt. Viele sind spontan fasziniert, auch wenn ihnen der Ablauf nicht vertraut ist. Die Musik, meist von der Orgel oder mit Posaunen, der Chor, die Formeln, die der Pfarrer oder die Pfarrerin spricht, die gesprochenen oder gesungenen Antworten der Gemeinde, die Lieder, Lesungen aus der Bibel und die Predigt entführen einen. Sie wecken Gedanken und Eindrücke, sie lassen einen zur Ruhe kommen.
Die Liturgie, die Abfolge im Gottesdienst,ist wie ein Weg, auf dem Menschen aus ihrem Alltag zu Gott gehen können und durch diese Begegnung ermutigt wieder in ihre Welt zurückkehren. Manche Teile des Gottesdienstes gehen zurück bis auf die frühe Christenheit der ersten drei Jahrhunderte.
Die Liturgie legt fest, dass und wiedie Teilnehmer*innen in jedem Gottesdienst Gott anrufen und ihm Ehre geben, dass Menschen ihre Schuld bekennen und dass ihnen die Vergebung und die Gnade Gottes zugesprochen wird. Die Gemeinde betet für andere Menschen und ihre Probleme, sie bittet Gott um Beistand. Alle Besucher*innen sprechen gemeinsam das Vaterunser, das Gebet, das die Welt umspannt. Für die Dauer dieses Gebets läutet eine der Glocken und verbindet die Gläubigen mit ihrer Umgebung.
In den Lesungen und in der Predigt liegt ein besonderes Geheimnis: Die Teilnehmer*innen konzentrieren sich auf Christus, sie hören Gottes Wort und erfahren, wie es in ihrer Situation verstanden werden kann. „Allein Christus“ – die Einsicht der Reformation, dass er das entscheidende Wort sagt, das Menschen rettet, ihnen hilft und Maßstäbe setzt, kommt hier besonders zum Ausdruck.
Im Zentrum des evangelischen Gottesdienstes steht fast immer eine Predigt. Darin werden Bibeltexte für die jeweiligen Zuhörer ausgelegt.
Das Vaterunser ist das bekannteste Gebet der Christen, es geht auf Jesus selbst zurück. In zwei Evangelien ist überliefert, wie Jesus seine Jünger damit gelehrt hat zu beten. Das Vaterunser verbindet die weltweite Christenheit und ist in viele Sprachen übersetzt. In jedem Gottesdienst wird es gesprochen, dazu läutet eine Glocke. So können alle, die nicht beim Gottesdienst sein können aber die Glocke hören, mitbeten.
Vater unser im Himmel
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen.
Matthäusevangelium 6,9-13
In der Kirche bekennt man sich zu wichtigen Glaubensaussagen, die in Bekenntnissen zusammengefasst sind. Sie werden im Gottesdienst gemeinsam gesprochen. Auf diese Sätze haben sich die Christen der frühen Kirche im vierten Jahrhundert geeinigt, um sich ihres Glaubens zu vergewissern. Sie wurden über die Jahrhunderte weitergegeben.
Das Apostolische Glaubensbekenntnis ist das Glaubensbekenntnis der westlichen Christenheit:
Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten und das ewige Leben.
Amen.
Im Abendmahl feiern Christinnen und Christen die Gemeinschaft mit Jesus Christus und die Gemeinschaft untereinander. Sie teilen miteinander Brot und Wein als Zeichen der Erlösung und Vergebung und weil sie glauben, dass Jesus Christus auferstanden ist und bei ihnen ist. Viele Christinnen und Christen erleben das Abendmahl als Stärkung für ihren Lebens- und Glaubensweg. In der evangelischen Kirche ist das Abendmahl eines der zwei Sakramente.
Das Abendmahl gehört zum christlichen Selbstverständnis und ist als zentraler Bestandteil fest in den Gottesdiensten verankert. Über seine Bedeutung und die Form, in der es gefeiert wird, gibt es immer wieder Auseinandersetzungen – in der Kirchengeschichte und auch heute.