Jahreslosung 2025

Prüft alles und behaltet das Gute"

(1. Thess 5,21)

Leseandacht aktuellVergebung? Passionszeit und Ostern 2025

Liebe Lesende,

 

Es war während eines Urlaubsaufenthalts an der Nordsee. Wir hatten eine kleine Ferienwohnung an der holländischen Grenze.

Abends blättere ich in den Prospekten, die hier ausliegen. „Du hör mal“, sage ich zu meinem Mann, „hier gibt es in der Nähe die Stadt Harlem, die soll eine ganz entzückende Altstadt haben, steht hier.“

Andreas ist zunächst nicht davon begeistert. „Soll es da nicht eine große Kriminalitätsrate geben?“  Er verwechselt die holländische Stadt mit dem gleichnamigen Viertel in New York.

 

Nachdem der Irrtum aufgeklärt ist, fahren wir dorthin. Während wir auf der Autobahn unterwegs sind, frage ich ihn: „Weißt Du, wo Corrie ten Boom gelebt hat?“ Aber uns beiden fällt es nicht ein.

Corrie ten Boom, ihre Biographie hat mich damals als 15jährige dazu gebracht, Jesus mein Herz zu öffnen. Sie half damals jüdischen Mitbürgern, sich vor den Nazis zu verstecken. Dafür wurde die ganze Familie ins KZ gesteckt. Corrie ten Boom und ihre Schwester kamen in das KZ Ravensbrück. Corrie überlebte und blieb auch danach Botschafterin für das Evangelium Jesu.

 

Auf dem Weg vom Bahnhof in die Altstadt schaue ich mir interessiert die Schaufenster an und bleibe vor einem Juweliergeschäft stehen. Da macht mich Andreas auf das Schild über dem Laden aufmerksam. „ten Boom“ steht auf dem Schild. „Vielleicht ist ten Boom in Holland so ein üblicher Name wie bei uns Müller“, sage ich augenzwinkernd, doch Andreas deutet still auf ein anderes kleines Schild an der Hauswand, dass man leicht übersehen kann. „Geburtshaus von Corrie ten Boom“ steht darauf.

Wir sind beide wie vom Blitz getroffen. Wir spüren, das hier ist kein „Zufall“, irgendetwas will uns Gott jetzt sagen. Deshalb klingeln wir an der Seiteneingangstür. Eine Amerikanerin öffnet uns. Sie spricht nur Englisch und wir müssen uns auf Englisch verständlich machen. Freundlich führt sie uns durch alle Räume. Selbst das Versteck, das für die Juden gebaut worden war, dürfen wir sehen.

 

Die Beschreibungen von Corrie in ihrem Buch „Die Zuflucht“ stehen mir deutlich vor Augen. Ich erzähle der Amerikanerin, dass wir erst kürzlich mit einer Gruppe Jugendlicher auf den Spuren von Corrie ten Boom in Ravensbrück gewesen sind.

Da schaut sie mich erschrocken an. „Es klingt furchterregend, wenn Sie dieses Wort aussprechen, man bekommt eine Gänsehaut, der Name ‚Ravensbrück‘ klingt so deutsch“, sagt sie mir auf Englisch.

 

Dann führt sie uns in ein Zimmer, mit einer Reihe gerahmter Fotos an der Wand. Sie deutet auf ein Bild mit einem Haus und fragt, ob wir darüber Bescheid wissen. Ich verneine. Da erzählt sie uns, dass Betsie, die Schwester von Corrie, bevor sie starb, einen Traum hatte. Sie träumte, dass Gott Corrie ein Haus geben würde, um dort eine Seel-Sorge-Arbeit für ehemalige KZ-Häftlinge einzurichten, die den Wahnsinn überlebt hatten. Und wirklich, als Corrie aufgrund eines Fehlers auf einer Liste aus Ravensbrück freikommt, bekommt sie ein Haus von einem Mann geschenkt, dessen Sohn ebenfalls überlebt hat, weil er sich so bei Gott dafür bedanken will. Corrie erfüllt Gottes Auftrag und richtet die Seelsorgearbeit dort ein.

Ich kenne diese Geschichte nicht und kann mich auch nicht erinnern, je darüber gelesen zu haben. Da schaut mir die Amerikanerin in die Augen. „Was Corrie in dieser Zeit gelernt hat, als sie sich um die Opfer des Nazi-Terrors kümmert, ist: Es gibt keine Heilung ohne Vergebung!“ Sie sagt es sehr eindringlich auf Englisch: „There is no healing without forgiveness“.

Und jetzt kapiere ich es.

Ich schaue Andreas an. Er hat Tränen in den Augen. Er weiß darum, dass ich mich immer noch schwer tue damit, einem Menschen zu vergeben, der mich unendlich verletzt hat.

 

Das war es, was Gott mir sagen wollte: Lass endlich los. Lass keine Bitterkeit in deinem Herzen aufkommen. Gib es ab an mich. Ich heile deine Wunden.

 

Ich fühle mich beschämt und bin zugleich glücklich und dankbar. Wie lieb muss mich Gott haben, wenn er uns mitten in einer holländischen Großstadt ausgerechnet in dieses Haus führt, versteckt wie eine Nadel im Heuhaufen. Wie gut ist Gott, der um eine alte Wunde, die ich tief in meinem Herzen versteckt gehalten habe, weiß und der sie heilt.

 

Wir dürfen vergeben, weil Jesus uns vergeben hat. Das wird deutlich an Ostern, als Jesus für Dich und mich am Kreuz stirbt, damit mir und Dir vergeben wird.

„Seid vielmehr freundlich und barmherzig und vergebt einander, so wie Gott euch durch Jesus Christus vergeben hat.“ (Epheser 4, 32)

 

Ihre Barbara Kuchel-Müller und Katharina Seuffert

 

Bleiben Sie behütet!

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