Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt und für ein grenzachtendes Verhalten in der Ev.- Luth. Kirchengemeinde Rerik

 

1. Ziele des Schutzkonzepts

Die Auseinandersetzung mit den Themen sexualisierte Gewalt, grenzverletzendem Verhalten und Kindeswohl ist auch für die evangelische Kirchgemeinde Rerik ein wichtiges Anliegen. Uns ist bewusst, dass unsere Kirche kein von Gefahren abgeschotteter Raum ist. Kirche steht mitten in der Gesellschaft und ist teilweise auch ein Spiegel unserer Gesellschaft. Es ist uns daher wichtig, Menschen in unserer Gemeinschaft vor Gefahren zu schützen und alle Gemeindemitglieder für Risiken zu sensibilisieren und Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. In diesem Konzept werden Regelungen und Leitlinien beschrieben, die der Vorbeugung von sexualisierter Gewalt und Grenzverletzungen dienen. Gleichzeitig werden konkrete Handlungsleitlinien bei Feststellungen, Vermutungen und in Verdachtsfällen aufgestellt.

Mit diesem Schutzkonzept möchten wir Strukturen und Handlungssicherheit für berufliche und ehrenamtliche Mitarbeiter[1] schaffen, damit diese dafür Sorge tragen, dass alle Menschen, insbesondere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im kirchlichen Raum geschützt sind.

Das Schutzkonzept ist Ausdruck der in unserer Gemeinde gelebten Kultur der Grenzachtung, der Achtsamkeit und des respektvollen Umgangs miteinander.

2. Selbstverständnis und Leitbilder

Unsere Kirchengemeinde versteht sich als ein Ort, in der sich Menschen der guten Botschaft von der Liebe und Gerechtigkeit Gottes vergewissern können.

Kirche lebt als Gemeinschaft von Menschen. Wir wissen heute, dass diese Gemeinschaft auch ausgenutzt werden kann, um Formen sexualisierter Übergriffe und Gewalt auszuüben. Dieser Tatsache wollen wir uns nicht verschließen und gleichzeitig zu lebendiger Begegnung mit Freude, Gottesdiensten und Aktionen ermutigen. Mitarbeitende haben gemeinsam dafür Sorge zu tragen, dass eine wirksame Präventionsarbeit geleistet wird. Wir tun dieses:

  • Weil wir die uns anvertrauten Menschen in ihrer Entwicklung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit unterstützen wollen.
  • Weil wir überzeugt sind, dass jeder einzelne Mensch ein Geschöpf und Abbild Gottes ist und eine unantastbare Würde besitzt.
  • Weil sich dieser Anspruch in unserer Gemeinde und den Angeboten in einer Kultur der Achtsamkeit, des Respekts und der Wertschätzung widerspiegeln soll.            
  • Weil sich ausgehend von diesem Selbstverständnis der Anspruch ableitet, insbesondere jungen Menschen einen sicheren und geschützten Raum zur Entfaltung zu bieten. 
  • Dazu gehören: Sensibilisierung und Aufmerksamkeit gegenüber sexualisierter Gewalt, konkrete Leitlinien, passgenaue Konzepte und die Verpflichtung, Betroffene solidarisch zu unterstützen.

3. Schulung Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern

Pastoren und Kantoren der Gemeinde werden regelmäßig auf der Basis des vorliegenden Konzepts geschult. Ehrenamtliche Mitarbeiter und andere berufliche Mitarbeiter werden vor Aufnahme ihrer Tätigkeit mit den Zielen und Inhalten dieses Schutzkonzepts vertraut gemacht. Darüber hinaus wird das Schutzkonzept regelmäßig thematisiert.

Ziel solcher Schulungen und Sensibilisierungsmaßnahmen ist die Information insbesondere aller kinder- und jugendnah arbeitenden Mitarbeiter unserer Kirchengemeinde über das Schutzkonzept und Ansprechpartner, damit diese sich mit dem Thema auseinandersetzten, mehr Sicherheit gewinnen und so für ihre Arbeit, u.a. mit Kindern und Jugendlichen gestärkt werden. Die Fachstelle Prävention im Kirchenkreis kann zur Unterstützung, Beratung und Vorbereitung miteinbezogen werden Präventionsbeauftragter in der Fachstelle Prävention zum Schutz vor sexualisierter Gewalt des Ev. Kirchenkreises Mecklenburg, St.-Marien-Kirchhof 3 · 23966 Wismar · 0174 3267628 · martin.fritz@elkm.de · www.kirche-mv.de/praevention.html

Weiteres wird durch die entsprechenden Regelungen und Ordnungen zur Fort- und Weiterbildung in den Kirchenkreisen Mecklenburg und Pommern festgelegt.

4. Personalauswahl

Unsere Kirchengemeinde trägt dafür Sorge, dass in den von ihnen verantworteten Arbeitsbereichen nur geeignetes Personal eingesetzt wird. Die Prävention von (sexualisierter) Gewalt ist dabei Thema im Vorfeld von Anstellungen, im Vorstellungsgespräch[2], während der Einarbeitungszeit und in den weiterführenden regelmäßig stattfindenden Mitarbeitergesprächen. Das bezieht auch ehrenamtliche Mitarbeiter in pädagogischen Arbeitsfeldern mit ein.

Aspekte zum grenzachtenden Umgang, zur gewaltfreien Erziehung, zur Kultur der Achtsamkeit usw. sind Themen, die regelmäßig in allen Personalbelangen, wie bspw. Dienstberatungen und Mitarbeitergesprächen, Berücksichtigung finden.

 

5. Verhaltensregeln zur Verhinderung von Gewalt und Selbstverpflichtungserklärung

Alle beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter verpflichten sich, Verhaltensregeln zur Verhinderung von (sexualisierter) Gewalt an den uns anvertrauten Menschen einzuhalten. Bestandteil dieser Regeln ist die Erklärung, nicht wegen einer in § 72 a SGB VIII (persönliche Eignung von Beschäftigten in der Jugendhilfe) bezeichneten Straftat rechtskräftig verurteilt worden zu sein und dass derzeit weder ein gerichtliches Verfahren noch ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen einer solchen Straftat anhängig ist. Unsere Gemeinde nutzt dazu die im Kirchenkreis und in der Nordkirche entwickelten Verhaltensregeln. Darüber hinaus nehmen wir diese weiteren Aspekte in den Blick:

 

  • Angemessenheit von Körperkontakt bezogen auf spezielle Arbeitsfelder
  • Beachtung der Intimsphäre
  • Gestaltung von Nähe und Distanz in besonders sensiblen Situationen
  • Sprache, Wortwahl und Kleidung
  • Umgang mit Geschenken und Vergünstigungen
  • Veranstaltungen mit Übernachtung
  • Umgang mit und Nutzung von Medien und sozialen Netzwerken
  • zielgruppenspezifische Regeln
  • Umgang mit Übertretung der Verhaltensregeln

Die Verhaltensregeln werden den Mitarbeitern durch die Personalverantwortlichen vorgestellt und thematisiert. Diese Sensibilisierung ist spätestens alle zwei Jahre zu wiederholen. Am Ende einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Verhaltensregeln, dokumentieren die Mitarbeiter ihre Zustimmung zu den Regeln, einschließlich der Selbstauskunftserklärung mit ihrer Unterschrift. Die Liste der Unterschriften wird im Büro der Kirchengemeinde fortlaufend geführt.

Die Fachstelle Prävention unterstützt die Kirchengemeinde bei der Auseinandersetzung mit den Zielen und der Umsetzung dieses Schutzkonzepts.

Verhaltensregeln gelten auch für den digitalen Raum. Wenn digitale Medien und soziale Netzwerke im Rahmen der beruflichen Tätigkeit in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit genutzt werden, ist hierbei auf einen professionellen Umgang und eine angemessene Distanz zu achten. Dies gilt insbesondere im Kontakt mit Minderjährigen oder Schutzbefohlenen in den sozialen Medien.

Die dienstliche Nutzung digitaler Kommunikationswege wird mit den Leitungsverantwortlichen und den Nutzern im Vorfeld festgelegt und transparent gestaltet.

                                                                              

 

6. Erweitertes polizeiliches Führungszeugnis

Unsere Kirchengemeinde stellt sicher, dass unter ihrer Verantwortung keine Person, die wegen einer in § 72a Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder und Jugendhilfe –, in der jeweils geltenden Fassung bezeichneten Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung rechtskräftig verurteilt worden ist, Kinder und Jugendliche beaufsichtigt, betreut, erzieht oder ausbildet oder einen vergleichbaren Kontakt hat. Zu diesem Zweck lässt sich die Kirchengemeinde bei der Einstellung und in regelmäßigen Abständen, spätestens nach jeweils fünf Jahren, von allen Personen, die beruflich in der Kinder- und Jugendarbeit oder in kinder- und jugendnahen Bereichen tätig sind, ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a Bundeszentralregistergesetz vorlegen.

Bei Ehrenamtlichen entscheiden die Art, Intensität und Dauer des Kontakts mit Kindern und Jugendlichen darüber ob ein erweitertes Führungszeugnis vorgelegt werden muss. Hierzu kann beispielsweise die regelmäßige Arbeit mit Kindern zählen oder die Begleitung von Übernachtungsveranstaltungen.

Für die Umsetzung ist die für Personal zuständige Person verantwortlich.

 

 

 

7. Beratungs- und Beschwerdewege und Vernetzung

 

Für Sorgen, Nöte, Beschwerden und Anregungen stehen in unserer Gemeinde der Pastor, die beruflichen Mitarbeiter und die Kirchgemeinderäte zur Verfügung. Daneben gibt es im Vorraum der Kirche einen Kummerkasten. Ansprechpartner außerhalb der Kirchgemeinde können darüber hinaus sein:

 

Kirchliche Ansprechstellen sind u.a.: 

-              Präventionsbeauftragten in der Fachstelle Prävention zum Schutz vor sexualisierter Gewalt des Ev. Kirchenkreises Mecklenburg, St.-Marien-Kirchhof 3 · 23966 Wismar · Tel. 0174/3267628 · martin.fritz@elkm.de · https://www.kirche-mv.de/praevention.html

-              die Unabhängige Ansprechstelle (UNA) des Vereins „Wendepunkt e.V.“ ist eine kirchenunabhängige Beratungsstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Nordkirche Tel. 0800/0220099, Mail una@wendepunkt-ev.de

 

Außerkirchliche Ansprechstellen und das Hilfesystem sind u.a.

-              Telefonseelsorge: unter Tel. 08001110111 ist sie rund um die Uhr erreichbar

-              Kinder- und Jugendtelefon: es ist unter Tel. 116111 von Mo bis So 14 - 20 Uhr erreichbar

-              Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch: unter Tel. 0800/2255530 erreichbar Mo, Mi und FR 9 - 14 Uhr, Di und DO 15 -20 Uhr

-              Fachberatungsstelle gegen sexualisierte Gewalt in Rostock: Tel. 0381/4403290, Mail fachberatungsstelle@stark-machen.de / www.stark-machen.de

 

Ansprech- und Beratungsstellen werden in unserer Kirchengemeinde über Aushänge und über unsere Homepage bekannt gemacht.

 

Darüber hinaus sind uns die Vernetzung und die Kenntnis über „helfende Institutionen“ in der Nähe unserer Gemeinde wichtig. In der Seelsorge und bei Gesprächen kommen wir als Kirchengemeinde mit speziellen Beratungs- und Hilfeanliegen in Berührung und kennen unsere Kompetenzen und unsere Grenzen. Somit können wir Menschen eine „Brücke“ zu anderen helfenden Institutionen bauen. Wir profitieren zudem von der Einbeziehung externer Fachberatung.

 

8. Handlungsplan bei Hinweisen auf Grenzverletzungen oder sexualisierte Gewalt

Überlegtes Handeln bei Hinweisen auf Grenzverletzungen oder sexualisierte Gewalt ist für einen professionellen Umgang und für die Einleitung eines geordneten Verfahrens notwendig.

Dazu gehören: Zuhören und Ruhe bewahren, Schutz von Betroffenen oder Dritten vor weiteren Übergriffen, eigene Grenzen erkennen und Einbeziehung der Fachstelle Prävention sowie externen Fachberatungsstellen, Dokumentation, Mitteilung an leitungsverantwortliche Personen, adäquate Beratungs- und Unterstützungsangebote für alle betroffenen Personen und Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern.

Gemäß dem Präventionsgesetz der Nordkirche haben haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter zureichende Anhaltspunkte für Vorfälle sexualisierter Gewalt im kirchlichen Bereich unverzüglich der bzw. dem für den jeweiligen kirchlichen Träger zuständigen Beauftragten weiterzugeben (Meldepflicht gem. § 6 Abs. 1 PrävG). Sie sind berechtigt und verpflichtet, sich zur Einschätzung eines unklaren Vorfalls durch die bzw. den zuständigen Beauftragten beraten zu lassen.

Im Kirchenkreise Mecklenburg nimmt Martin Fritz als der Meldebeauftragte in der Fachstelle Prävention in Wismar die Meldungen entgegen.(https://www.kirche-mv.de/praevention)

Die Verantwortung für den Umgang mit einem Hinweis oder einem Vorfall liegt bei den jeweiligen Leitungspersonen und Gremien vor Ort. Um diese zu entlasten und einer möglichen Befangenheit zu begegnen, wird in unserer Landeskirche die Verfahrensleitung bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt innerhalb der Kirchengemeinde durch die Pröpste im jeweiligen Verantwortungsbereich übernommen. Die Verfahrensleitung trifft i.d.R. alle Entscheidungen zum weiteren Verfahren nach eingehender Beratung durch qualifizierte Fachkräfte und in Absprache mit der Fachstelle Prävention. Im Bedarfsfall wird nach einer Lagebeurteilung, i.d.R. unter Verantwortung des Präventionsbeauftragten, ein Beratungsstab eingesetzt.

Ansprechpersonen bei Hinweisen auf sexualisierte Gewalt oder Grenzverletzungen siehe Handlungsplan bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern werden der Gemeinde bekannt gemacht.

9. Festlegung der Verantwortung für Prävention

Prävention ist Aufgabe des Kirchengemeinderates. Zugehörige Aspekte werden regelmäßig anlassbezogen thematisiert, mindestens jedoch einmal im Jahr im ersten Quartal. Der Kirchgemeinderat hat neben seinem Vorsitzenden als Ansprechpartnerin für die Präventionsarbeit in der Kirchengemeinde sein Mitglied Kirsten Betsch benannt. Sie steht insbesondere für den Austausch mit anderen Kirchgemeinden zu diesem Thema zur Verfügung.

Der Kirchgemeinderat achtet auf die Umsetzung der in dieser Konzeption getroffenen Regelungen und ist für die Fortschreibung des Konzeptes zuständig. 

 

10. Bekanntmachung und Öffentlichkeitsarbeit

Das Schutzkonzept ist auf der Homepage der Kirchgemeinde veröffentlicht. Daneben ist es im Schutzordner im Büro der Kirchgemeinde abgelegt. Eine Kurzfassung des Konzepts steht auf einem Informationsblatt zur Verfügung.

Das vorliegende Konzept wurde in der Kirchengemeinderatssitzung  im März 2024 beschlossen und wird ab diesem Zeitpunkt umgesetzt.

 

Der Ordner „Schutzkonzept“ mit seinen Arbeitshilfen und Materialien ist Bestandteil dieses Konzepts. Er ist im Gemeindebüro abgelegt und kann dort eingesehen werden.

 

Das Konzept wird jährlich durch den Kirchengemeinderat überprüft und ggf. angepasst.

 

 

 

Anlagen:

  • Verhaltensregeln und Selbstverpflichtungserklärung für ehrenamtliche Mitarbeitender
  • Verhaltensregeln und Selbstverpflichtungserklärung für berufliche Mitarbeitender
  • Checkliste Themen und Handlungsfelder auf einen Blick
  • Übersicht Handlungsplan bei Verdacht auf sexualisierte Gewalt

 


[1] In diesem Konzept wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit darauf verzichtet, bei Personenbezeichnungen sowohl die weibliche als auch die männliche Form zu nennen. Das generische Maskulinum adressiert alle Geschlechter.

[2] Hierfür steht eine geeignete Arbeitshilfe im Gemeindebüro zur Verfügung.