Unsere KirchenKirche Woggersin
Öffnungszeiten
Die Kirche kann im Rahmen der "Offenen Kirchen MV" in den Monaten Mai bis Oktober fast täglich betreten werden.
Außerhalb dieser Zeiten ist ein Betreten nur mit Voranmeldung oder während eines Gottesdienstes möglich.
Ehrenamtliche Mitarbeitende
Ohne ehrenamtliche Mitarbeitende ist ein Gemeindeleben, eine Pflege der Kirchen, Gebäude und Friedhöfe, die Durchführung von Gottesdiensten und anderen kirchlichen Handlungen nicht möglich.
Für die Kirche Woggersin haben dieses unsere Gemeindemitglieder
Frau Kreibeck und Herr Rotter übernommen.
Der Woggersiner Altar
Auf dem Altar hier in Woggersin hat der Maler uns das Geschehen und die Bedeutung von Karfreitag und Ostern vor Augen gemalt.
Der Altar stammt aus der Erbauungszeit der Kirche um 1788. Er gehört noch in den späten Spätbarock, das sieht man an den Dekorranken, die seitlich angebracht sind.
Mit seinen reduzierten Farben schwarz-grau-gold wirkt der Altar aber schon fast klassizistisch. Das wird verstärkt durch den architektonischen Aufbau: Seit der Renaissance verwendet man Säulen mit Kapitellen als strukturgebende Elemente. Hier sind zwei Geschosse angelegt und darüber ein Giebel.
Das Bildprogramm zeigt uns im Zentrum den Gekreuzigten.
Wir sehen die Inschrift am Kreuz: „INRI“. Das ist die Abkürzung für Jesus von Nazareth König (Rex) der Juden (auf Lateinisch Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum)
Am Fuß des Kreuzes ist ein Totenschädel zu sehen.
Der Ort, wo man Jesus kreuzigte, liegt vor der Stadt und heißt Golgatha, „die Schädelstätte“. Zugleich deutet der Totenschädel an, dass Jesus hier den Tod als unausweichliches Schicksal der Menschen besiegt.
Wir sehen Jesus am Kreuz. Er ist bereits gestorben. Und die Soldaten haben mit dem seitlichen Lanzenstich seinen Tod bestätigt.
Das Drama der Todesstunde ist vorbei: Lediglich ein Wind lässt die Enden des Lendentuchs wie eine Fahne wehen. Die Dunkelheit weicht dem Licht. Über dem Kreuz ist der Himmel aufgerissen und das Licht der höheren Sphären, das göttliche Licht umstrahlt auch das Haupt Jesu.
Darüber wird ein Abschnitt aus dem Alten Testament zitiert.
Wir finden es im Buch des Propheten Jesaja in Kapitel 53.
Auf dem oberen Gesims beginnt es mit Vers 2:
„Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.“
In diesem Kapitel schildert der Prophet, dass Gott zur Rettung aller einen Menschen schickt, der ihm völlig ergeben ist und sich in Gottes Dienst stellt.
Dieser Knecht muss furchtbar leiden. Er ist mit Krankheit und Schmerzen geschlagen und alle die ihn sehen, wenden sich von ihm ab, keiner mag ihn ansehen. Alle denken: Wer so aussieht und so leiden muss, von dem hat sich sogar Gott abgewendet.
Doch Jesaja weist darauf hin:
Dieser Gottesknecht erträgt den Zorn Gottes und die Strafe, die jeder Mensch sonst persönlich zu bezahlen hätte: „Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen.“
Das Bild zeigt: Jesus starb wie dieser Gottesknecht. Alle dachten, er ist von Gott verlassen. Doch mit seinem Sterben besiegt Jesus den Tod, dem alle unterworfen sind; er bezahlt für uns und öffnet uns den Himmel.
Darum steht ganz folgerichtig auf den Blättern der Seitenranken: „Lobet den Herrn alle Heiden“ und „Alles was Odem hat (alles was lebt) lobet den Herrn“.
Die Rettung ist für alle Menschen, auch die, die Gott noch nicht kennen und sie gilt der gesamten Schöpfung, allem was lebt.“
Wer das in diesem Bild von der Kreuzigung noch nicht erkennen kann, dem wird das in dem darüberliegenden Bild vor Augen gemalt:
Der Gekreuzigte lebt. Er ist erkennbar an den Wundmalen in seinen Händen, Füßen und in der Seite. Er ist auferstanden und steht im göttlichen Licht. (Früher malte man eine Aureole auf Ikonen. Das alles löst sich in eine „naturnahe“ Darstellung auf.)
Das weiße Tuch bekleidet ihn wie einen Gladiator. Die Lenden und eine Brust ist bedeckt und das Tuchende liegt über der Schulter und dieser Schulterumhang zeigt, da ist ganz viel Energie und Dynamik bei diesem Triumphator, diesem Sieger.
Der Auferstandene trägt die Siegesfahne, die gleichzeitig eine Lanze ist. Damit tötet er den Drachen, die Schlange, die alles Böse und Gottferne verkörpert, also auch die Hölle. Jesus ist der Sieger!
Damit das ganz klar ist, steht unter dem Bild geschrieben:
Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? 1. Korinther 15,55.
Zwei Inschriften auf dem Altar umrahmen die beiden Bilder:
Hier über dem Auferstandenen steht ein Wort aus dem 1. Buch der Bibel. 1. Mose 3, Vers 15:
Nachdem Adam und Eva Gottes einziges Gebot, nicht von dem Baum in der Mitte des Gartens zu essen, übertreten haben, weil (in dieser bildlichen Sprache) die Schlange sie dazu verführt hat, müssen sie mit den Konsequenzen leben:
Der Gottesfriede ist zerstört: Die Menschen haben keinen Frieden in sich selbst und miteinander, sie haben keinen Frieden mit ihrer Umwelt, sie haben keine unmittelbare Gemeinschaft mit Gott. Alles ist von Misstrauen und Feindschaft durchzogen.
Dennoch lässt Gott sie nicht ohne Hilfe und Hoffnung:
„Der Samen des Weibes (ein Nachkomme, ein Mensch) soll der Schlange den Kopf zertreten und sie wird ihm in die Fersen stechen.“
Darin sahen Christen schon in den Anfängen der Kirche, Gottes Plan zur Rettung angedeutet, der auf Golgatha erfüllt wurde:
In dem Moment, als Jesus rief: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, triumphierte der Tod und der Teufel über Gott.
Doch am dritten Tag ist das Grab leer. Jesus ist auferstanden und begegnet den Frauen, den Jüngern, 500 Augenzeugen.
Ja, Tod und Teufel sind besiegt.
Gottes Plan wird darin vollendet, wenn ein Mensch sich Jesus zuwendet, ihm vertraut und mit ihm Gemeinschaft pflegt.
Das sollte uns leichtfallen, denn in Jesus begegnen wir dem Gott, der selbst durchlitten hat, was wir leiden. Wer könnte besser verstehen, was wir brauchen, wonach wir uns sehnen und was uns zu schaffen macht?
Jesus ist Gottes Einladung an uns. Er will mit uns Gemeinschaft haben:
Jesus empfängt uns mit offenen Armen.
Diese Einladung ist aufgeschrieben im Hebräerbrief, der am Fuß des Altaraufsatzes zitiert ist:
„Darum lasst uns hinzutreten mit Freudigkeit zu dem Gnadenstuhl“. Das ist eine Satzverkürzung:
Ob dem Maler und den Bauherren damals nicht aufgefallen ist, dass sich hier ein Schreibfehler eingeschlichen hat? (Hier steht Hebräer 5, 16. Das 5. Kapitel hat nur 14 Verse insgesamt und das Zitat ist dem 4. Kapitel entnommen)
In Kapitel 4, 16 steht: „Darum lasst uns freimütig hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf dass wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden und so Hilfe erfahren zur rechten Zeit.“
Hier am Altartisch sind wir alle hineingenommen in die Gemeinschaft Gottes. Beim Teilen von Brot und Wein erleben wir Gottes Gegenwart, Liebe und Vergebung. Und sein Friede wird uns allen geschenkt.
Ganz oben im Oval steht auf lateinisch „Gloria in excelsis Deo“ – „Ehre sei Gott in der Höhe!“
An Weihnachten hören wir den Gesang der Engel: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden den Menschen, an denen Gott sein Wohlgefallen hat!“.
Das ist das Ziel der Mission Jesu. Das ist der Sinn jeden Gottesdienstes:
Dieser Dreiklang: Ehre sei Gott - Lobet den Herrn alle Heiden – Alles was Odem hat lobet den Herrn. AMEN
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Die unbekannte Vorgängerin
Bevor wir die uns vertraute Kirche betrachten, zunächst ein kurzer Rückblick auf die Vorgängerin unserer Dorfkirche. Auf sie weisen nur noch zwei vorhandene interessante Mosaiksteine hin:
Zum Einen eine Holzvertäfelung, die jetzt die Treppe zum Turm verkleidet und früher vermutlich zu einer Emporenbrüstung gehörte. Zum Anderen die jetzt neben dem Altar gelagerte, aus dem Jahr 1833 stammende Glocke. In deren Inschrift der steht, dass sie aus dem Metall der ursprünglich aus dem Jahr 1470 stammenden Glocke gegossen wurde.
Wir können also annehmen, dass die erste Woggersiner Kirche im 15. Jahrhundert gebaut wurde, wie sie aussah, ist nicht bekannt. Wenn man sich wachen Blickes benachbarte Dorfkirchen aus dem 14. und 15.Jahrhundert anschaut, erkennt man, dass die aus dieser Zeit stammenden Kirchen in Chemnitz, Zirzow oder Weitin sämtlich aus dem typischen Baustoff der Region, nämlich dem Feldstein gebaut worden sind. So dürfte auch unsere Vorgängerin im ähnlichem Stil und aus den gleichen Materialien gebaut worden sein.
Wegen dringender Bauarbeiten am Turm musste der Pastor im Jahr 1935 Nachforschungen über den Fußboden der Kirche anstellen. In alten Kirchunterlagen fand er dazu den hochinteressanten Hinweis, dass:
„die („Ur“)-Kirche im Jahre 1788 in einem sehr baufälligen Zustand war. Als man sich endlich entschloss, eine Ausbesserung vorzunehmen, erklärten die Handwerksmeister die Kirche für derart verfallen, dass eine Ausbesserung nicht mehr möglich sei, sondern eine neue Kirche gebaut werden müsse.
Woggersin hatte seinerzeit noch zwei zuständige Kirchen-Patrone, die Gutsbesitzer von Woggersin und Kalübbe. Woggersin gehörte dem Major [Bernhard Cristian] von Linstow, der sein Gut allerdings verpachtet hatte. Besitzer von Kalübbe war der Stallmeister [Carl Heinrich]von Engel in Breesen.
Die Patronatsherren entschieden sich zum Neubau der Kirche. Am 28. April 1788 wurde mit dem Abbruch der alten Kirche begonnen. Wie ging es danach weiter?
In der Bau-Fachliteratur von 1902 wird unsere jetzige Dorfkirche nüchtern und knapp beschrieben als:
„Fachwerkbau aus Eichenholz mit Ziegel ausgemauerte Gefachen, z.T. noch verputzt aus dem Jahr 1788“; schlichter rechteckiger Grundriß; aus dem Dachstuhl wächst ein vierseitiger Turm hervor; …
Aus einem anderem Blickwinkel berichtet die alte Chronik um die Zeit von 1791 u.a. folgendes zum Kirchenneubau:
„Auf Ersuchen des Herrn Major von Linstow, Patron zu Woggersin, der außerhalb Landes ist, hat die Leitung und Aufsicht dieses so wichtigen Baues sich Herr v. Engel so freundlich als unverdrossen unterzogen. Gott lass dieses ihm und seiner Familie zum Segen angeschrieben sein und bleiben. Der jetzige Pastor der Kirche ist seit 1756 Herr Christian Friedrich Keibel, Pastor zu Breesen und Pinnow seit 1753, dem 14. anuarii.
Im Jahre 1791 war der Bau vollendet. Am 2. Juli 1791 traten allen voran die Herren Major von Linstow auf Breesen, Stallmeister v. Engel auf Breesen, Kalübbe und Neuhof, Pastor Sponholtz, Prediger zu Woggersin und der kaiserliche Notar Joachim Heinrich Lentz zur Rechnungsablage in Breesen zusammen. In dem aufgenommenen Protokoll steht am Schluss, dass die Bauleitung und die Rechnungsablage musterhaft durchgeführt ist und Herr von Linstow stattete Herrn v. Engel „für die gute Verwaltung dieses Geschäftes den verbindlichsten Dank ab.“
Der klingende Mosaikstein aus dem 19. Jahrhundert
Früher waren Uhren eine große Seltenheit und so prägte das Läuten der Glocke die Wahrnehmung von Raum und Zeit, gab den Menschen einen festen Rythmus. Die Glocken warnten vor Feuersbrünsten, Katastrophen und Seuchen, aber sie verkündeten auch Feste. Und sie riefen natürlich zum Gebet und zum Gedenken.
Zum ursprünglichen Geläut heißt es in den alten Unterlagen:
„Im Turm ist nur eine große Glocke. Die Umschrift dieser ist:
Anno domini 1470. Helpt. God. Maria. Sie hat einen außerordentlich schönen Klang. Gott gebe allen, die sie hören eine selige Stunde und ein seliges Ende. …“
Übereinstimmend dazu lautet die Inschrift der jetzt neben dem Altar liegenden Glocke:
Fata Mea Requiris Lector _ Annus MCCCCLXX
Primam Mihi Dedit Originem _Anno
MDCCCXXXIII Denuo Sum Fusa Rudolpho Ludovico Grisebachio Patrono
Et Pastore Guilhelmo Albano Curante
Sinngemäße Übersetzung:
Leser, suchst Du mein Schicksal,
gab es mich ursprünglich im Jahr 1470
bin ich im Jahre 1833 erneut gegossen durch Auftrag des
Patrons Rudolph Ludwig Griesebach und Pastor Wilhelm Alban
Diese Glocke musste nach über 160 Jahren treuer Dienste im Jahr 2000 wegen starker Risse und Ausbrüche abgehängt werden.
Damit unsere Kirche nicht verstummen muss, wird seitdem eine Glocke aus der Kirche Breesen als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Ein herzliches Dankschön den Breesenern!
Innenansichten
In der Bau-Fachliteratur von 1902 steht weiter:
„... (Innen-)Wände: heute sichtbare glatt verputzte Fassung gelb; Fenster und Decke mit blauem Farbstreifen abgesetzt“.
Diese Farbe wurde im Laufe der Jahre immer unansehnlicher, bröckelte ab und bekam Flecken.
Hilfe war in Sicht, denn im Gemeindeblatt vom Juli 1930 für die Kirchegemeinden Breesen, Pinnow, Chemnitz, Woggersin und Kalübbe wird berichtet, dass:
„.. der neue Patron, Herr von Schwerin sowie Herr von Griesheim in dankenswerter Weise die Kirche innen in dem Stile angepaßten Farben neu ausmalen sowie die ganze Kirche von außen verputzen ließen, sodaß sie nun wieder in würdigem Zustande da steht.“
Darüber hinaus sollte durch den neuen Patron eine Orgel in Bau gegeben, und der „gefährliche Glockenstuhl im Turm erneuert werden“.
Aber wie es häufig mit guten Vorsätzen ist, sie ziehen sich gern in die Länge.
Das alte Sorgenkind: Der Kirchturm
Noch fünf Jahre später beschreibt der Pastor im Mitteilungsblatt für die Kirchgemeinde von Oktober 1935 die großen Probleme mit dem Kirchturm:
„In Woggersin sind wir augenblicklich bei der gründlichen Ausbesserung des Kirchturmes. Das macht mehr Arbeit, als wir zunächst annahmen, und auch die Kosten werden sicher viel höher, als sie im Voranschlag angegeben waren. Als die Handwerker mit den Arbeiten begannen, stellten sie fest, daß die Pfeiler, die in der Kirche den Turm tragen, völlig morsch geworden waren. Nun galt es, sie hinweg zu nehmen und neue an ihre Stelle zu setzen. Dazu musste in der Kirche der Turm abgesteift werden. Bei den Zimmerleuten stellten sich Befürchtungen ein, ob etwa unter dem Turm sich eine alte Gruft befände, denn darauf musste bei dem Absteifen, um der Gefahr des Einsturzes vorzubeugen, Rücksicht genommen werden. Näheres dazu war nirgends bekannt, zumal die Besitzer des Gutes Woggersin mehrfach gewechselt haben. So war ich also darauf angewiesen, einmal in den alten Akten unserer Kirche zu stöbern, ob sich über das Vorhandensein einer Gruft dort etwas befände.“
Nach dem Zweiten Weltkrieg und rund 15 Jahre später lesen wir im März 1950 in einem Schreiben des Pastors zum Bauvorhaben Kirche Woggersin an den Oberkirchenrat nach Schwerin:
„... wie bereits (in einem Schreiben von 1948) gemeldet, war der Turm durch Einschüsse derart beschädigt, dass der Regen auf die Orgel und den Motor hindurchlief und ausserdem infolge der großen Löcher im Turm die Gefahr bestand, dass dieser bei Sturm völlig abgedeckt oder umgerissen werden würde.
Weitere sechs Jahre später im November 1956 wiederum schreibt der Oberkirchenrat zum Bauvorhaben:
„Seit längerer Zeit ist beabsichtigt, den Kirchturm in Woggersin neu mit Schindeln zu belegen. Die erforderlichen Arbeiten hierzu, insbesondere die Beschaffung der Schindel, sind von Herrn Architekt Fell seinerzeit getroffen worden. Bisher ist es jedoch nicht gelungen, die Arbeiten selbst zur Durchführung zu bringen. Den Auftrag hierzu hatte seit langem die Firma Spiller-Neubrandenburg, die jedoch infolge anderweitiger Inanspruchnahme bisher nicht zur Durchführung der Arbeiten gekommen ist. ...“
Es sollte noch über ein weiteres Jahr mit den Reparaturen dauern, bis im Juni 1958 schließlich folgendes Textdokument in die Kirchturmkugel der Wetterfahne gelegt werden konnte:
„Nun endlich, nach fast 10jährigem Bemühen um Handwerker und um Material, konnte in diesen Tagen endlich der Turm der Kirche renoviert und mit Eichenschindeln neu gedeckt werden. Der Kaiserstiel (Kaiserstuhl = Kirchenstuhl) wurde ausgewechselt, 1 Sparren vom Helm und 2 Flächen Schalung wurden ganz erneuert. Desgleichen wurden Blitzableiter und Helmspitze erneuert. Die Einschußstellen in der Kugel wurden verlötet, die Wetterfahne ausgebessert, seine Spitze mit einem sechseckigen Stern neu versehen.
Den Auftrag für die Dachdeckerarbeiten übernahm die Firma Bröcker und Sohn aus Löcknitz. Die Arbeiten selbst führten Herr Tornow und Sohn aus Grünberg aus. Die Zimmermannsarbeiten übernahm der Zimmermeister Lersch aus Neubrandenburg.
Das Dorf Woggersin zählt heute etwa 200 Einwohner. Die Kirche war früher ritterschaftlichen Patronats. Nach dem Zusammenbruch Deutschlands im Jahre 1945 und nach der Vertreibung der Gutsherrschaften wurde das Gut aufgesiedelt. Der der Kirche zugehörige Acker wurde stillschweigend vom Staat mit übernommen.
Heute müssen die Landeskirche und die eigenen Gemeinden die Baulasten an ihren Gotteshäusern selbst tragen.
Im Ort besteht zur Zeit ein sogenannter „Örtlicher Landwirtschaftsbetrieb“ (ÖLB), eine Vorstufe zur sogenannten „Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft" (LPG) und schließlich zur sowjetischen Kolchose. Ob es in Deutschland noch soweit kommen wird? Die Siedler werden indirekt alle gezwungen, einer solchen Genossenschaft beizutreten.
Im Kirchenrat zu Woggersin sind folgende Herren:
Gustav Dieckau Hermann Müller Gerhard Grünhagen
Heinrich Wiese August Wiedenhöft Heinz Zerbock.
Breesen = Woggersin, den 13. Juni 1958
Wie ging es danach weiter?
In den folgenden Jahrzehnten wurden die Rahmenbedingungen für die christlichen Kirchen immer schwerer, galten sie der politischen Führung der DDR doch als ideologische Gegner. Die finanziellen Mittel der Kirchgemeinden waren äußerst gering und so verfielen die Gebäude sehenden Auges. Die Schäden an unserer maroden Kirche waren schließlich so schwer, dass sie wegen Einsturzgefahr des Daches im Jahr 1992 gesperrt werden musste.
Mit dem Eigenheim-Bauboom ab 1991 rückte die ramponierte Kirche wieder in das Blickfeld der Bewohner - sie wollte so gar nicht zu den schmucken neuen Häusern des Rondels am „Kirchplatz“ passen. Aber die Möglichkeiten der Kirchgemeinde reichten bei weitem nicht aus, die Finanzierung der Reparaturen zu stemmen.
So kam es unter dem Leitspruch „Die Kirche gehört ins Dorf“ im Februar 1996 zum Beschluss der Woggersiner Gemeindevertreter, einen Förderverein zur Rettung der Kirche zu gründen.
Gesagt - getan, der Förderverein nahm im Mai 1996 seine Tätigkeiten auf und arbeitete intensiv auf verschiedenen Ebenen; neben der Bestandsaufnahme und Planungsarbeiten galt es Sponsoren, Geldgeber, tatkräftige Unternehmer sowie ganz konkret „helfende Hände“ zu gewinnen.
Was Ende der Neunziger Jahre von der Dorfgemeinschaft geleistet wurde, erkennt man so richtig, wenn man die weiteren Bilder und Texte studiert.
Es war allerdings Eile geboten! Schon im September 1996 gab es den ersten Arbeitseinsatz mit zahlreichen Woggersiner Bürgern, die ersten Sponsorengelder flossen und die wichtigsten Reparaturarbeiten konnten begonnen werden.
„Großes Aufatmen!“ - denn anders als gut zweihundert Jahre zuvor kam die Hilfe dieses mal gerade noch rechtzeitig und bald stand fest, dass das Gebäude zu retten war!
Schon nach drei Monaten wurde eine große Hoffnung wahr: Nach achtjähriger Zwangspause konnte – wenn auch auf der Kirchenbaustelle - am Heiligabend 1996 wieder Christvesper gefeiert werden.
Nach insgesamt 15 Monaten gründlicher Sanierung konnte schließlich am Sonntag, den 30. November 1997 in der fertigen Kirche wieder richtig Gottesdienst gefeiert werden.
Dies war und bleibt der Verdienst des inzwischen aufgelösten Fördervereins, vieler Helfer und Unternehmer.
Stellvertretend für die vielen Unterstützer seien genannt Herr Olaf Kerkau als damaliger Vorsitzender des Fördervereins, Herr Martin Ernst für Planungen und Begutachtungen sowie Herr Erhard Bockhold für die Abstellung der zahlreichenden zupackenden Bauhandwerker genannt.
Daneben ranken sich um unser Kirchlein noch unheimlich viele Geschichten, Anekdoten, Merkwürdiges, Spannendes und Trauriges. Viele dieser Schätze lagern im Landeskirchlichen Archiv in Schwerin.
Im Februar 2020 wurden viele Dokumente grob gesichtet, es wartet dort aber noch ein hoher Stapel mit hunderten von historischen Dokumenten auf eingehende Betrachtung und Einordnung - zumal der Großteil in „Sütterlin“ geschrieben wurde und noch in unsere heutige lateinische Ausgangsschrift übersetzt werden muss.
Es wird also in den nächsten Jahren immer wieder Neues über die Patrone, die Pfarrer und Küster sowie natürlich unsere Woggersiner und deren Leben in und um unsere Kirche herum zu berichten sein, bleiben Sie neugierig!
Zur Verfügung gestellt von Herrn Rotter, Woggersin.