Schwerins Bischof von Maltzahn im Schleswiger Dom„Gottes Geist hilft uns bei allen Veränderungen - damals und heute“
09.11.2014 | Schleswig (emw). Vor 25 Jahren fiel die Mauer: Mit Gottesdiensten an verschiedenen Orten hat die Evangelisch-Lutherische Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) heute (9. November) an die friedlichen Revolution im Herbst ’89 erinnert. „Die Ereignisse vor 25 Jahren geben uns die Gewähr: Die Verhältnisse müssen nicht bleiben, wie sie sind!“ Das erklärte Dr. Andreas von Maltzahn (Schwerin), Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) in seiner Predigt, die er heute (9. November) im St. Petri-Dom in Schleswig hielt. Der Schleswiger Bischof Gothart Magaard feierte zum selben Zeitpunkt Gottesdienst im Münster in Bad Doberan.
„Der 9. November ist ein Tag, der zeigt, wozu Menschen fähig sind“, erklärte Bischof von Maltzahn in seiner Predigt im Schleswiger Dom und nannte die Ausrufung der Republik 1918, die Programnacht 1938 und das Ende der Mauer 1989. Die Menschen seien fähig zum Guten wie zum Furchtbaren. Er erinnerte an die Tage und Wochen vor diesem Datum 1989, als die Menschen, „die geübt und niedergehalten waren in Anpassung, etwas in sich entdeckten in einem Land, in dem ‚alles seinen sozialistischen Gang ging‘ und das geflügelte Wort galt, ‚lieber zehn Fehler mitzumachen als einen allein‘“. Sie nahmen ihr Herz in beide Hände, übernahmen Verantwortung und zeigten der allmächtigen Partei „Wir wollen nicht mehr so weiterleben!“
Bischof von Maltzahn erklärte, sie seien damals nicht ohne Angst gewesen, wussten nicht, wie alles ausgehen würde. Und dann: „Was für eine Erleichterung, das bleierne Kleid der Unfreiheit nicht mehr tragen zu müssen!“
Der Bischof stellte aber auch die Frage, wie es heute sei, 25 Jahre nach diesem unglaublichen Ereignis. „Das ist wohl so, dass in vielen gesellschaftlichen Bereichen Stillstand eingetreten ist.“ So verständlich das auch sei, „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“, nahm er den Predigttext zu 2. Timotheus 1,6 auf. „Dieser Geist steht uns bei in den wichtigen Veränderungen, die vor uns liegen“, so von Maltzahn. Dazu zähle er die Energiewende, aber auch einen anderen Umgang mit Flüchtlingen. Gottes Geist wappne auch, den Radikalisierungen unserer Zeit zu begegnen. „Entdecken wir Gottes Gaben in uns“, erklärte Bischof von Maltzahn. „Die Ereignisse vor 25 Jahren geben uns die Gewähr: Die Verhältnisse müssen nicht bleiben, wie sie sind! Was heute schwer bis unmöglich erscheint – es kann Wirklichkeit werden!“
In dem Gottesdienst, der musikalisch gestaltet wurde von der Schleswiger Domkantorei und Domorganist Rainer Selle, sprach die erste Rabbinerin Jerusalems, Ada Zavidov aus der reformierten jüdischen Gemeinde Kehilat Har El, ein Grußwort. Gemeinsam mit Kantor Evan Cohen ist sie zu Gast im Kirchenkreis Schleswig-Flensburg, der mit der Har El-Gemeinde eine Partnerschaft hat unterhält. Sie ist die einzige Partnerschaft in der gesamten Nordkirche zu einer nichtchristlichen Gemeinde.
Zu dem Thema „25 Jahre Mauerfall: woran wir uns erinnern - was ist seitdem geschehen - was bleibt zu tun“ gab es im Anschluss an den Gottesdienst im Hohen Chor einen Empfang sowie ein Gespräch mit Bischof Dr. Andreas von Maltzahn, Pröpstin Johanna Lenz-Aude sowie Stefan Wesemann, Leiter der Geschäftsstelle Schleswig der Industrie- und Handelskammer Flensburg.
Predigt zu 2.Tim 1,6ff im Festgottesdienst in Schleswig zu 25 Jahre Mauerfall