Symposium für Altbischof Heinrich Rathke zum 85. Geburtstag Joachim Gauck: „Heinrich, Du kannst nichts machen, Du bist ein Besonderer“
14.12.2013 · Schwerin. Der frühere mecklenburgische Landesbischof Dr. Heinrich Rathke feierte am 12. Dezember seinen 85. Geburtstag. Aus diesem Anlass fand am Samstag ein Symposium des Kirchenkreises Mecklenburg mit rund 250 Wegbegleitern und Freunden Rathkes statt. Überraschend besuchte Bundespräsident Joachim Gauck die Veranstaltung im Goldenen Saal des Schweriner Justizministeriums. Der frühere mecklenburgische Pastor richtete sehr persönliche Worte an „seinen Freund Heinrich Rathke".
„Kirche bleibt nur darin Kirche, dass sie ganz für andere da ist" – diesen theologischen Impuls Heinrich Rathkes auf der Bundessynode 1971 und seine verfasste Gemeindeschrift sowie deren Relevanz heute beleuchteten Propst i. R. Dr. Heino Falcke und Prof. Dr. em. Eberhard Winkler in ihren Vorträgen.
Kirche muss sich in die Gesellschaft öffnen
Dr. Falcke hob hervor, dass Rathkes Formel von der „Kirche für andere“ hochaktuell und ein „unverzichtbares Kennwort der Kirche“ sei. Dazu gehöre, sich als Gemeinde in die Gesellschaft zu öffnen, an die kommende Generation zu denken und sich an die Seite der Armen zu stellen. In dieser Wirklichkeit begegnet uns Christus, so der frühere Erfurter Propst.
Prof. Dr. Winkler unterstrich die Bedeutung des diakonischen Handelns von Kirche, sowohl in Pflege- und Sozialeinrichtungen als auch vor Ort auf Gemeindeebene, der kleinen Diakonie, wie Rathke dies einst nannte. Kirche solle ein Ort sein, wo die Seele zur Ruhe kommen kann. Deshalb darf sich Kirche nicht aus der Fläche zurückziehen, sondern vor Ort, in der Gesellschaft präsent bleiben, forderte der Praktische Theologe aus Halle.
„Ihr habt mir dabei geholfen, dass ich weiß, was ich damals eigentlich sagen wollte.“ Mit diesem launigen Satz bedankte sich Dr. Heinrich Rathke bei den beiden bekannten Theologen des Protestantismus und seinen Weggefährten zu DDR-Zeiten.
Bundespräsident würdigt Rathkes Standhaftigkeit zu DDR-Zeiten
Sehr persönliche Erinnerungen hat auch Bundespräsident Joachim Gauck, der überraschend zum Symposium kam, um „seinen Freund Heinrich Rathke" zu sehen. „Heinrich, Du kannst nichts machen, Du bist ein Besonderer“, sagte der frühere Rostocker Pastor und verwies auf Rathkes feste Gründung im Glauben, seine Standhaftigkeit in der DDR und seine Offenheit zu reden. Als Staatsoberhaupt lud Joachim Gauck den Jubilar und seine Familie zu einem Ehrenessen ins Schloss Bellevue, seinem Amtssitz, ein.
Das Rathkes Impuls einer „Kirche für andere“ bis heute relevant ist und sich in der Formel „Kirche mit Anderen“ im heutigen Kirchenkreis Mecklenburg fortentwickelt hat und gelebt wird, machte eine Podiumsdiskussion deutlich. Dort war beispielsweise vom Volxmobil und den Kirchbaufördervereinen genauso die Rede, wie von der Versöhnung zwischen Opfern der DDR und den Tätern oder von den vielfältigen Chancen, für die die Kirche in der heutigen Zeit wach sein muss.
Stationen aus dem Leben des Jubilars
Heinrich Rathke stand von 1971 bis 1984 an der Spitze der früheren Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg. Der aus einem mecklenburgischen Pfarrhaus stammende Theologe war zwar als Bischof auf Lebenszeit gewählt worden, bestand aber nach zwölf Jahren Amtszeit darauf, wieder ein Gemeindepfarramt zu übernehmen. Zur Begründung verwies er darauf, dass er stets für die zeitliche Begrenzung kirchlicher Ämter eingetreten sei und sich davon nicht ausnehmen wolle. Das nach seiner Bischofszeit übernommene Pfarramt in Crivitz bei Schwerin musste er 1991 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.
Nach der friedlichen Revolution in der DDR berief ihn seine Landeskirche in einen Vertrauensrat zur Aufarbeitung kirchlicher Stasi-Verstrickungen. Für das Land Mecklenburg-Vorpommern gehörte er zudem mehrere Jahre dem Beirat der Stasi-Unterlagen-Behörde an. Der promovierte Theologe ist auch Ehrendoktor der Rostocker Universität. Im Jahr 2000 wurde er der erste Ehrenbürger der Stadt Crivitz (Kreis Ludwigslust-Parchim).
Bischöflicher Visitator von Kasachstan und Seelsorger
In seinem Ruhestand kümmerte er sich in besonderer Weise um die russlanddeutschen Gemeinden in Mittelasien. Im Rahmen dieser Arbeit war er von 1991 bis 1994 Bischöflicher Visitator von Kasachstan. Zudem begleitete er Menschen seelsorgerisch, die immer noch unter dem erlebten DDR-Unrecht und den Aktivitäten des DDR-Staatssicherheitsdienstes leiden.
Rathke war nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft zunächst in Lübeck zu Hause und machte dort auch das Abitur. Daran schloss sich sein Theologiestudium an mehreren westdeutschen Universitäten an. Entgegen der ursprünglichen Absicht, in den Dienst der bayerischen Landeskirche zu treten, kehrte er 1954 nach Mecklenburg zurück.
Nach Vikariat und Pfarrdienst in Bad Doberan, Warnkenhagen und Rostock sowie einer kurzen Tätigkeit als Landespastor für Volksmission wurde er im März 1971 Nachfolger des damaligen Schweriner Bischofs Niklot Beste. Von 1977 bis 1981 war Rathke zudem Leitender Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR, von 1978 bis 1980 auch Vorsitzender des DDR-Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes.
Quelle: ELKM (cme/kmv)