1980 fing es an: Vom 10. bis 20. November ist Friedensdekade in Deutschland Schmied, hämmere Frieden

Von Christine Senkbeil

Kunstschmied Stefan Nau schmiedete 1983 auf dem Wittenberger Lutherhof ein Schwert zu einer Pflugschar um. Rechts: Das Symbol der Friedensbewegung.

© epd

10.11.2013 · Greifswald.

Ein Schmied müsste es sein, denkt Pastor Matthias Gürtler aus Greifswald. Ein vierschrötiger Kerl, der auf dem Platz vor dem Dom St. Nikolai mit groben Schlägen ein Schwert umschmiedet – und daraus vor den Augen hunderter Neugieriger geschickt eine Pflugschar fertigt. So wie es beim Propheten Micha (4,1–4) steht. „Sie werden ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen.“ Oder wie auf dem inzwischen etwas verwitterten Banner mit dem Symbol der Friedensbewegung, das rund ums Jahr am Giebel der größten Greifswalder Kirche hängt.

Und so wie damals, am 24. September 1983. Als der Kunstschmied Stefan Nau auf dem Wittenberger Lutherhof tatsächlich ein Schwert zur Pflugschar machte. 2 000 Menschen schauten ihm zu. Das Bild, das den damals 38-Jährigen während der Schmiedeaktion zeigt, ging um die Welt. Es wurde zu einem Symbol der Friedensbewegung in Ost und West. „Wir planen derzeit so ein Projekt mit dem Kunstschmied Hans-Volker Mixsa für 2014“, sagt Dompastor Gürtler: „Zur Friedensdekade 25 Jahre nach der DDR.“

Denn in der DDR fing alles an. Eine erste Friedensdekade hatte die ökumenische Jugendarbeit im Herbst 1980 angeregt. Das Echo aus Jugendgruppen und Pfarrgemeinden war so groß, dass es Dauereinrichtung wurde, die zehn Tage vor dem Buß- und Bettag dem Frieden zu widmen. „Es war die Zeit der Hochrüstung“, sagt Gürtler. „Immer mehr Raketen wurden in die Depots gebracht. ‚Wir sitzen auf einem Pulverfass‘ wurde Lebensgefühl. Und die Forderung ‚Schwerter zu Pflugscharen‘ war greifbar und buchstäblich.“

Und so verbreitete sich ein von der Staatsführung geächteter Aufnäher lauffeuergleich: Ein Schmied mit dem Micha-Zitat. ‚Schwerter zu Pflugscharen‘ prangte an braunen Parkas und Jutebeuteln, der Friedenswunsch wurde in Schulen und Betriebe getragen. Gürtler war seit 1981 Pastor in Eggesin und hängte den Aufnäher mitten im Militärgebiet in den Kirch-Schaukasten. „Er wurde eingeschlagen“, sagt er. Ein Grund mehr, warum es die Friedensdekade im Dom geben wird, so lange Gürtler Dompastor ist. Auch in diesem Jahr werden neben den ökumenischen Mittagsandachten eine Reihe von Veranstaltungen im Dom und den anderen Gemeinden angeboten.

Auch für Pastor Dirk Heske in Hohen- Viecheln bei Schwerin ist die Friedensdekade sozusagen mitgewachsen. Als Jugendlicher war er in der Schweriner Schlossgemeinde aktiv. In seinem Landpfarramt etablierte er die Veranstaltungsreihe im neuen Gemeindehaus „Arche“ in Bad Kleinen. Auch wenn Aufrüstung und Wehrpflicht nicht mehr aktuell sind. Andachten, Vorträge machen deutlich, dass Krieg und Frieden immer Thema sind. „Im Moment produziert Frankreich Strand-Zäune für die Flüchtlingsstaaten. Das muss man den Leuten erzählen“, sagt er. Solidarität ist das diesjährige Motto einer Bewegung, die „präsent und lebendig“ bleibt, wie Gürtler und Heske sich einig sind.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 45/2013