Der alte Glanz ist zurück 22-jährige Restauration des Borman-Altars in der Güstrower Pfarrkirche abgeschlossen

Von Anne-Dorle Hoffgaard

Der Flügelaltar aus der Werkstatt des Brüsseler Bildschnitzers Jan Bormann aus dem Jahr 1522 in der Güstrower Pfarrkirche.

© epd

29.12.2014 · Güstrow. 22 Jahre lang wurde der bedeutende Jan-Borman-Altar aus dem 16. Jahrhundert in der Güstrower Pfarrkirche restauriert. Im Juni wurden die Arbeiten beendet. Richtig gefeiert werden soll das im September 2015.

Manchmal bleiben Besucher wie angewurzelt stehen, wenn sie die Pfarrkirche im mecklenburgischen Güstrow betreten, erzählt Elisabeth Taetow. "Denn sie sind so begeistert vom Altar im Kirchenchor", erläutert die 77-Jährige, die von 1978 bis 1996 Pastorin an der Pfarrkirche war und sich jetzt als ehrenamtliche Kirchenwache engagiert. Taetow selbst ist wohl einer der größten Fans des aus dem 16. Jahrhundert stammenden Jan-Borman-Schnitzaltars, dessen umfangreiche, etappenweise Restaurierung sich über 22 Jahre erstreckte, im vergangenen Juni beendet wurde und im September 2015 richtig gefeiert werden soll.

Dass die Restaurierung so lange dauern würde, damit habe sie nicht gerechnet, gibt die evangelische Theologin zu. Es sei auch ganz gut gewesen, dass sie am Anfang zu wenig Sachverständnis für den Aufwand hatte, meint sie im Rückblick. "Ich bin freudig drauflosgegangen." Denn nachdem die Kameras bei einem ARD-Gottesdienst am Karfreitag 1992 die Schäden am Altar deutlich einfingen, erreichten sie Anrufe und Briefe, in denen gefragt wurde: "Warum kann so ein Altar so verkommen aussehen?" Sie initiierte 1997 die Gründung eines Fördervereins, dessen erste Vorsitzende sie seither ist.

"Ich kann mich einfach nicht satt sehen. Der Altar ist so schön", schwärmt Taetow. Unter den 180 Figuren gebe es keine zwei gleichen Gesichter. Ein Kriegsknecht hat eine Warze im Gesicht, bei zwei Kindern kann man ihre ausgestreckte Zunge sehen. Und die "tolle rote Farbe" eines Hutes findet sie "wahnsinnig". Besonders mag sie jedoch den Johannes in der Kreuzigungsszene im Zentrum des Altars. Die Traurigkeit im Gesicht des Jüngers über die Kreuzigung Jesu sei meisterhaft dargestellt.

Eine Lieblingsfigur hat der Restaurator des Borman-Altars, Volker Ehlich (63), nach eigenem Bekunden nicht. Ihn faszinierten die tierischen Darstellungen in ihrer Vielfalt. Elisabeth Taetow hatte sich dafür eingesetzt, dass die langjährige Restaurierung des Kunstwerkes die gesamte Zeit über in der Hand von Ehlich blieb. "Der eine macht so, der andere anders. Das geht nicht", sagt sie.
Der Mitt
Rund 500.000 Euro hat die Restaurierung gekostet, mindestens drei Viertel davon kamen von Stiftungen. 2006 übernahm der damalige Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) die Schirmherrschaft für das Projekt. Jeder Spender bekam eine persönliche Dankeskarte von Taetow. Wie viel Arbeit hinter all dem stand, lässt sich erahnen, wenn die 77-Jährige heute sagt: "Nochmal so als Leithammel von einer Organisation" über 20 Jahre tätig zu sein, das möchte sie nicht mehr.

Der etwa 5,5 Meter breite und 4,5 Meter hohe Altar gilt als eines der größten und prächtigsten Bildschnitzwerke aus der Brüsseler Werkstatt des Jan Borman und zählt zu den bedeutendsten Schnitzaltären Norddeutschlands. Im Mittelschrein und auf den Flügeln zeigt er Szenen aus der Passionsgeschichte. Die sechs Gemälde der Rückwand stellen Maria, die heilige Katharina sowie die Apostel Petrus und Paulus dar.

1522 wurde der Altar in der Güstrower Pfarrkirche aufgestellt. 1880 wurde er zuletzt umfangreich restauriert. Im Zweiten Weltkrieg wurde ein Flügel durch Feuchtigkeit stark beschädigt. Die bei Instandsetzungsarbeiten 1951 verwendete Goldbronze oxidierte im Laufe der Zeit stark und wurde schwarz. Auch waren bei einer früheren Bearbeitung große Bereiche des Goldes mit einem roten Lack übersprüht worden. Doch nun erstrahle der Altar wieder "in seiner Prächtigkeit", so Taetow. Damit Besucher das Kunstwerk genau betrachten können, können sie sich in der Pfarrkirche Ferngläser ausleihen. Vom 11. bis 13. September 2015 soll die Restaurierung mit großem Fest und Gottesdienst gefeiert werden.

Quelle: epd