Würdigung für evangelische Pfarrer Führer und Wonneberger Deutscher Nationalpreis für Leipziger Montagsdemonstrationen
12.03.2014 · Hamburg/Leipzig. Die Leipziger Montagsdemonstrationen gelten als ein Schlüsselereignis der friedlichen Revolution in der DDR vor 25 Jahren. Nun werden drei herausragende Persönlichkeiten der Ereignisse von 1989 mit dem Deutschen Nationalpreis geehrt.
Der mit 60.000 Euro dotierte Deutsche Nationalpreis geht in diesem Jahr an die Leipziger Montagsdemonstrationen: Geehrt werden die evangelischen Pfarrer Christian Führer (71) und Christoph Wonneberger (70) aus Leipzig sowie der Bürgerrechtler Uwe Schwabe (52) und das von ihm gegründete "Archiv Bürgerbewegung Leipzig", teilte Dirk Reimers, geschäftsführender Vorstand der Stiftung, am Dienstag in Hamburg mit. Die Preisträger erhalten je 10.000 Euro, das Archiv 30.000 Euro. Die Auszeichnungen werden am 24. Juni in Berlin übergeben.
Ohne die Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 hätte es die Maueröffnung nicht gegeben, sagte Richard Schröder, Vorstandsvorsitzender der Nationalstiftung: "Nicht am 9. November, sondern am 9. Oktober haben die Menschen Kopf und Kragen für die Freiheit riskiert." Der evangelische Theologe wird auch die Laudatio in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin halten.
Das Archiv Bürgerbewegung zeigte sich am Dienstag sichtlich erfreut über die Auszeichnung und die "Anerkennung der jahrelangen Arbeit", wie eine Mitarbeiterin sagte. Preisträger Uwe Schwabe fügte hinzu, er nehme die Auszeichnung stellvertretend für viele Menschen entgegen, die sich um die friedliche Revolution verdient gemacht hätten.
Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erklärte, die Preisträger hätten "gezeigt, was der Einzelne imstande ist zu tun" und "den Beweis erbracht, dass jeder Mensch Geschichte schreiben kann". Leipzig wäre ohne das Engagement dieser Bürger heute eine andere und eine ärmere Stadt, bekräftigte der Oberbürgermeister.
Christian Führer wurde 1980 Gemeindepfarrer der Nikolaikirche in Leipzig und organisierte dort Friedensgebete, Fürbitten für Verhaftete und Gesprächskreise für Ausreisewillige. Er prägte das Motto "Nikolaikirche - offen für alle" und bot auch Nichtchristen den Schutz seiner Kirche an. Christoph Wonneberger war Gemeindepfarrer an der Leipziger Lukaskirche und koordinierte ab 1986 die Friedensgebete, aus denen sich die Montagsdemonstrationen entwickelten.
Uwe Schwabe war aktiver Bürgerrechtler und stand auf Platz 1 der Verhaftungsliste der Leipziger Stasi. Das Archiv Bürgerbewegung wurde 1991 gegründet und sammelt Zeugnisse, Literatur, Fotos, Videos und Tonaufnahmen der DDR-Bürgerrechtsbewegung.
Mit dem Nationalpreis sollen 25 Jahre nach dem Mauerfall auch die rund 70.000 Teilnehmer der Montagsdemonstrationen geehrt werden, sagte Vorstand Reimers. Es werde heute oft vergessen, dass die DDR-Führung damals eine gewaltsame Niederschlagung der Proteste angekündigt hatte. Einen "charismatischen Anführer" habe es nicht gegeben. Die Bewegung sei "kampfbereit, aber gewaltfrei" gewesen. Und die Erinnerung an die Demonstrationen seien heute nicht mehr so präsent, wie sie es sein sollten.
Die Deutsche Nationalstiftung wurde 1993 auf Initiative von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) in Weimar gegründet. Weitere Mitbegründer waren Michael Otto, Hermann Josef Abs, Gerd Bucerius und Kurt A. Körber. Seit 1997 werden jährlich 50.000 oder 60.000 Euro Preisgeld an Menschen oder Organisationen vergeben, die sich um die Vereinigung Deutschlands und das Zusammenwachsen Deutschlands in Europa verdient gemacht haben.
Quelle: epd