„Wir müssen Extremismus entlarven“ Pommersche Synodale kämpften mit Positionspapier
Von Christine Senkbeil
27.03.2014 · Greifswald.Meine Heimat? Das ist die pommersche Küche mit Kartoffeln und dicker Soße“, stellte eine Synodale in einem Workshop der Themensynode „Extremismus und Fremdenfeindlichkeit“ ganz spontan heraus. Schnell waren fünf Kennzeichen Pommerns beisammen. Der weite Horizont. Sonnenuntergänge, die sich immer in irgendeinem Wasser spiegeln. Ein spezieller Menschenschlag: Untertan – nicht hell, doch treu. Und der unverwechselbare Dialekt.
Unverwechselbar ist der Begriff „Heimat“ jedoch nicht, wie sich schon in der Themenvielfalt der angebotenen Workshops zeigte. Heimat. Das sei auch ein zentraler Begriff in rechtsextremistischen Ideologien, wie Gastdozent Nils Franke aus Leipzig deutlich machte. Er verstecke sich nur gut. Ihr Heimatbegriff aber leite sich aus einem Erbrecht her, das nur seit Generationen hier Geborenen zustünde. „Das Fundament ihres Denksystems lässt sich bei aller Verschleierung immer wieder auf Blut und Boden reduzieren“, sagt er. Was auch ein NPD-ler nicht mehr so einfach zugeben würde. „Aber wenn wir immer wieder nachhaken, können wir sie schnell entlarven“, sagt der Historiker.
Dem bierdunstumwitterten Heimatbegriff sei ein demokratischer entgegenzusetzen. Der Extremismus überhaupt sei mehr in den Blick zu nehmen, auch in den Kirchengemeinden.
Wegweiser geplant
Die Synodalen hatten nach zwei Tagen intensiver Betrachtung des Gegenstandes darum geplant, eine Stellungnahme zum Thema zu verabschieden. Auf eineinhalb Din-A4- Seiten hatte der Vorbereitungskreis die Position formuliert, die Kirche in Bezug auf Extremismus einnimmt. Ein Selbstbekenntnis, ein Wegweiser auch für die Gemeinden, sich zu dem gerade in ländlichen Gebieten oft schwelenden Problem zu verhalten.
Als die Textvorlage aber nun vom Plenum durchgearbeitet werden sollte, brachte Pastor Konrad Glöckner eine von ihm bereits redigierte Fassung ein. „Es sollte kein Gegenentwurf sein“, betont der Pastor aus Kloster/Hiddensee im Nachgang gegenüber der Kirchenzeitung. Eher eine Ergänzung. Es sei ihm um eine Konkretisierung und Schärfung der Formulierungen gegangen. Konkret habe er eine vorher bewusst umgangene Verortung des Begriffs eingebracht: Worin besteht „Extremismus“ denn nun genau?
Präses König: „Ein Armutszeugnis, über das wir nachzudenken haben“
Es war ganz sicher ein misslicher Begleitumstand dieser ansonsten so gehaltvollen Synode, dass nun über einen schier endlosen Zeitraum und von einem ganzen Plenum jede Formulierung kritisch auf den Prüfstand gestellt werden musste. Ohne übrigens, dass die Debatte beendet werden konnte. Kurz vor Ultimo wurde deutlich, dass eine weitere Beschäftigung unumgänglich sei. Eine notwendige Arbeit. „Aber man hätte sie am Vormittag in einen Ausschuss verweisen können“, fand manch Synodaler. So aber lichteten sich die Reihen. „Ein Armutszeugnis“, wie Präses Elke König es am Schluss der Synode ausdrückte, „über das wir nachzudenken haben“.
„Ein fatales Signal“, findet die Synodale Sonja Maier aus Zinnowitz, „dass wir aufgrund einer solchen Panne nicht in der Lage waren, vor den Kommunalwahlen eine Stellungnahme zu verabschieden. Gerade auf der Insel Usedom könnte die NPD dieses sich Nicht-Positionieren auch als insgeheime Tolerierung ihrer eigenen Position durch die Kirche auslegen.“
Unterm Strich liegt mit der „ausgezeichnet vorbereiteten Synode“, wie Elke König lobte, eine Zeit hinter den Synodalen, die thematisch sehr dicht gefüllt war. Was sichtlich allen gut getan hat.
Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 13/2014