Wie ein Perlenband beim Beten helfen kann – eine Idee zum Sonntag Rogate Training für die Seele

Von Sybille Marx

Immer an der Hand: die „Perlen des Glaubens“, eine Art protestantischer Rosenkranz. Seit rund zehn Jahren verbreiten sie sich in Deutschland.

Foto: Winterpol

25.05.2014 · Greifswald. Es sieht aus wie ein Schmuckstück: 18 Perlen, eine golden, zwei rot, mehrere hölzern... Aufgefädelt an einer Schnur passen sie ums Handgelenk. Doch die „Perlen des Glaubens“ sollen mehr sein als ein hübsches Armband – eher so etwas wie ein protestantischer Rosenkranz, ein Trainingsgerät zum Gebet.

Jede Perle in diesem Band hat einen Namen, steht für eine Lebensfrage, einen Gedanken oder ein Gebet. Und während sich die Finger daran entlangtasten, werden Geist und Seele in bestimmte Bahnen gelenkt; etwa so könnte man die Idee beschreiben.

Das Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Nordelbischen Kirche hatte diese „Erfindung“ des schwedischen Bischofs Martin Lönnebo vor zehn Jahren auf einem Kirchentag entdeckt und angefangen, sie zu verbreiten, Hefte und Begleitbücher herauszugeben. Inzwischen seien 400 000 dieser Perlenbänder verkauft, erzählt Mitarbeiterin Sandra Peters-Hilberling. „Wir sehen darin ein deutliches spirituelles Bedürfnis.“ Katholiken wie Protestanten, Kirchenmitglieder wie Nichtmitglieder kauften diese Perlen, weil sie erstmals oder neu das Beten lernen wollten. „Vielen hilft das Band, eigene Worte zu finden.“

Der pommersche Gemeindepädagoge Cord Bollenbach aus Zinnowitz ist seit rund zehn Jahren erklärter Fan der „Gebetsperlen“. Auf einem Kirchentag hatte er sie entdeckt, auf Gemeindeabenden und in jedem Konfirmandenunterricht stellt er sie inzwischen vor. „Die Reformierten haben alles Sinnliche aus der Kirche verbannt“, sagt er. Doch das Bedürfnis danach sei eben geblieben. Nicht umsonst kenne man in fast allen Religionen Gebetsbänder. „Die ‚Perlen des Glaubens’ sind etwas, was man anfassen, be-greifen kann“, sagt er. So könnten sie helfen, sich im Zwiegespräch mit Gott auf bestimmte Themen zu konzentrieren, „das Leben durchzubuchstabieren“.

Die größte Perle im Band, die glänzend goldene, steht für Gott, das Wertvollste, Anfang und Ende. Daneben sitzt eine von insgesamt sechs „Perlen der Stille“, hölzern und oval geformt. Die dritte, rund und klein und weiß, heißt „Ich“; eine Erinnerung an die Einzigartigkeit des Beters. Eine große „Wüstenperle“ gibt es, eine der Gelassenheit, zwei der Liebe, drei der Geheimnisse, eine der Auferstehung. Außerdem diese dicke schwarze, die der Schwede Lönnebo erst nachträglich eingefügt habe, wie Cord Bollenbach weiß: die Perle der Nacht. „Ohne sie würde etwas Existenzielles fehlen.“ Sie könne helfen, in Gottes Gegenwart auch über die dunklen, traurigen Seiten im eigenen Leben nachzudenken – und zwei Perlen weiter den Blick wieder auf die Auferstehung zu lenken.

Dass seine Konfirmanden das Band gleich zu Hause benutzen, wagt Bollenbach nicht zu hoffen. „Aber es ist wie mit dem Auswendiglernen von Psalm 23.“ In harten Zeiten erinnere sich die Seele an das, was sie mal eingeübt habe. „Irgendwann fällt dem Einen oder Anderen dieses Perlenband wieder in die Hände.“ Und dann könnte es ein Strohhalm sein. Nicht umsonst habe Bischof Lönnebo sein Band ja auch „Frälsarkranzen“ genannt: Rettungsring.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 21/2014