Das hat Türen geöffnet Die pommersche Projektstelle zur Taufe läuft jetzt aus

Sybille Marx

Die Taufmüdigkeit sollte er heilen: Pastor Martin Wiesenberg

Privat

02.04.2015 · Greifswald. Mit Tauffesten, Glaubenskursen, Freizeiten und mehr hat Pastor Martin Wiesenberg in den vergangenen Jahren immer wieder das eine Thema unters pommersche Volk gebracht: die Taufe.

Am Haus des Kirchenkreisamts in Greifswald flattert es noch: das meterlange Banner, auf dem in bunten Buchstaben steht: Ja(hr) zur Taufe. 2008 hatte es die Pommersche Evangelische Kirche aufgehängt, um aller Welt oder zumindest jedem Passanten zu zeigen: Wir Kirchenleute im Nordosten halten die Taufe für wichtig, für unverzichtbar oder wie Pastor Martin Wiesenberg auch formuliert, für „zentral“.

Wiesenberg, ein herzlicher, meist gut gelaunter Typ, hat vor sechs Jahren die damals neu gegründete Tauf-Projektstelle in der Pommerschen Kirche übernommen – und damit den Auftrag, die Taufe unter Kirchenleuten und Kirchenfernen wieder stärker ins Gespräch zu bringen. „Das ist das Schlüsselthema für die Gemeindeentwicklung“, meint der 52-Jährige. Trotzdem läuft seine Stelle jetzt aus, Beschluss der Kreissynode. Am 12. April wird Abschied gefeiert.

Zusammenarbeit mit Gemeinden und Einrichtungen

„Ich bin dankbar für das, was gewachsen ist“, sagt Martin Wiesenberg. Mit insgesamt rund 60 Gemeinden habe er in den vergangenen Jahren zusammengearbeitet, mit ihnen Tauferinnerungsfeste und große Tauffeste unter freiem Himmel veranstaltet, Gemeindeentwicklungsprozesse durchgemacht, Freizeiten für Kinder und Taufpaten angeboten, Glaubenskurse geleitet. Auch mit 28 Kitas, vielen evangelischen Schulen und diakonischen Einrichtungen war er im Gespräch.

Eine Welle von neuen Taufen hat das nicht ausgelöst. Immerhin: Gleich 2010 gab es einen Sprung in der Statistik. Wurden in den Jahren 2000 bis 2008 im Schnitt jeweils etwa 640 Menschen in der Pommerschen Kirche getauft, lag die Zahl der gemeldeten Taufen 2009 plötzlich bei 952. „Aber es ist so, dass bei uns eigentlich immer nur ungefähr sieben Prozent eines Jahrgangs getauft werden“, sagt Wiesenberg. Daran habe sich nicht viel verändert. Vorerst jedenfalls nicht.

Allein an solchen Zahlen will sich der Taufpastor aber auch nicht messen lassen. „Die Gruppen, die das Angebot genutzt haben, hatten einen Gewinn davon, da bin ich sicher,“ sagt er. Denn immer wieder habe sich gezeigt, dass man in Gesprächen über die Taufe zum Kern der Sache vorstoße, bei allen wichtigen Themen des Glaubens lande: bei Jesus Christus, seinem Sterben und Auferstehen, das nach den Worten Paulus' der Täufling nachvollzieht; beim Heiligen Geist, den der Täufling in der Taufe empfange; bei der Kirche als Gemeinschaft der Getauften.

Kinder so bald wie möglich taufen

Auch der Loitzer Pastor Bernd-Ulrich Gienke ist überzeugt: das Thema in der Region einmal systematisch auf den Tisch zu bringen, war gut – und sogar dringend nötig. „Wir Pommern taufen seit Jahrzehnten viel zu wenig, wir sind selbst nicht mehr begeistert genug von der Taufe“, meint Gienke, der im synodalen Begleitausschuss zum Taufprojekt mitgearbeitet hat. Eine ganze Generation von Pastoren habe in den 60er Jahren bei einem Praktischen Theologen in Greifswald gelernt, der die Kindstaufe ablehnte und betonte, der Täufling müsse seine eigene Entscheidung treffen. Dann noch die kirchenfeindliche Haltung der DDR Regierung... „das alles hat dazu geführt, dass es selbst in Kircheneinrichtungen heute viele Leute gibt, die nicht getauft sind“, sagt Bernd-Ulrich Gienke. Er selbst ist überzeugt: Jeder Christ sollte sein Kind so bald wie möglich taufen lassen, „denn in Wirklichkeit geht es in diesem Sakrament nicht darum, dass wir uns für Gott entscheiden, sondern dass Gott sich für uns entscheidet und uns berührt!“

Mit der Taufprojektstelle sei in Sachen Taufmüdigkeit der Durchbruch gelungen, glaubt Gienke. „Mit viel Phantasie und Begeisterung hat Martin Wiesenberg die Leute mitgerissen, neue Türen geöffnet.“ Ein Anfang sei gemacht. „Jetzt können die Gemeinden allein weiter gehen.“

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 13/2015


Hinweis: Das Taufprojekt wird am 12. April mit einem Festgottesdienst ab 14 Uhr in der Klosterkirche Verchen abgeschlossen. In der dortigen Gemeinde hatte Wiesenberg zusammen mit Pastor Detlev Brick einen Glaubensgrundkurs gestartet.