Chance und Last für Kommune und Kirche Semlow ackert fürs Erntedankfest
Von Sybille Marx
09.08.2015 · Semlow. Während die einen gerade die Ernte auf den Feldern einfahren, bereiten die anderen schon den Erntedank vor: Im kleinen Semlow zwischen Barther Bodden und Recknitztal wird dieses Jahr das Landeserntedankfest Mecklenburg-Vorpommern gefeiert. Die 25. Auflage. Eine Herausforderung für Kommune und Kirche.
Nur ein paar hundert Menschen leben im vorpommerschen Semlow zwischen Barther Bodden und Recknitztal. Doch Anfang Oktober soll dieses Dorf zum Schauplatz für ein enormes Erntespektakel werden: 8000 bis 10 000 Menschen könnten dann durch die Gassen strömen – wie üblich beim Landeserntedankfest Mecklenburg-Vorpommern. „Allein diese Dimensionen sind eine Herausforderung für uns“, sagt Jens Haverland, Pastor der Kirchengemeinde Semlow-Eixen. Seit Monaten plant die kirchliche Gemeinde das Fest zusammen mit der kommunalen, beraten AGs über Programmpunkte, Deko, Logistik, Finanzen. „Schon die Frage, welche Route der Festumzug nehmen muss, damit sich die einzelnen Teile nicht gegenseitig blockieren, war extrem kompliziert“, erzählt der Pastor. Ganz zu schweigen von der fi nanziellen Last, die sich der Ort mit der Ausrichtung aufgebürdet hat; mehrere zehntausend Euro wird das Fest kosten, den größten Teil muss Semlow bei Sponsoren einwerben.
Doch das gemeinsame Vorbereiten setze viel kreative Energie im Ort frei, bringe Bewegung hinein. „Ganz viele Menschen haben Lust, gemeinsam mit Kirche und Kommune dieses Fest zu gestalten“, erzählt der 33-Jährige. Auch neue Kontakte entstünden. Manche im Dorf hatten noch im Herbst prophezeit: Wenn Vorbereitungssitzungen im Gemeinderaum im Pfarrhaus stattfinden würden, komme dieser und jener gar nicht erst. Jens Haverland sagt, er war überrascht. In Schleswig-Holstein ist er aufgewachsen, sein Vikariat machte er in einer Dorfgemeinde bei Plön. Erst vor gut einem Jahr ist er nach Semlow gezogen, um hier im Osten der Nordkirche mindestens drei Jahre als Pastor zur Anstellung zu arbeiten.
„Wir wollen als Kirche zu den Leuten kommen“
„In Schleswig-Holstein hat Kirche noch einen anderen Stellenwert“, sagt er. Aber diese Unterschiede seien spannend – und die Mauern zwischen Christen und Nicht-Christen auch in Semlow nicht so hoch wie mancher wohl befürchtet hatte: „Keiner ist bei den Sitzungen weggeblieben, nur weil sie im Gemeindehaus stattfanden. Aber es war schon ein Thema.“
Der Eröffnungsgottesdienst beim Fest, bei dem Hans-Jürgen Abromeit als Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern predigen wird, soll in einer Halle der ehemaligen Motoren- Traktoren-Station der LPG gefeiert werden. „Wir wollten als Kirche rausgehen zu den Leuten“, erklärt Jens Haverland. Die Region sei landwirtschaftlich geprägt, „Ackerbau und Viehzucht sind hier die Haupteinnahmequellen.“ Und vielleicht falle es Menschen, die sonst keine Berührungspunkte mit der Kirche hätten, leichter, in so einem Raum mitzufeiern als in der Dorfkirche. 350 Stühle will die Gemeinde aufstellen, weitere 150 Menschen könnten stehen. „Vielleicht kommen aber auch viel mehr“, sagt Jens Haverland. „Wir lassen uns überraschen.“
Andere Festdetails nehmen schon jetzt Form an: Viele Hände falteten neulich im Pfarrhaus 200 knallgelbe Schleifen.„Wir wollen, dass sich ein gelbes Band durch unser Dorf zieht“, erklärte Marita Raben von der Deko- Arbeitsgemeinschaft. Gelb wie Sonnenblumen sollen die Schleifen an Laternen, Straßenschildern und in Vorgärten leuchten. Die Idee kam von ihr, Andrea Kowalski fragte die Frauen des Kirchenchors, ob sie helfen würden. Fast alle kamen. Ein kleines Beispiel, das ahnen lässt: In Semlow ziehen alle an einem Strang.
Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 32/2015