Gedenkradtour, Gottesdienste und Bürgerfeste an der ehemaligen Grenze Leben auf dem Todesstreifen

Erntedank, Deutsche Einheit und Thema Flüchtlinge von drei Pastoren besprochen: Philip Graffam aus Lauenburg, früher Lassan in Pommern, Hartwig Kiesow aus Boizenburg und Walter Bartels aus Schwerin.

Fotos: M. Wulf-Nixdorf

11.10.2015 · Herrnburg. Keine langen Reden, keine gesondert eingeladenen Gäste – alle sollten sich willkommen fühlen beim Fest zum 25-jährigen Jubiläum der Deutschen Einheit an der ehemaligen innerdeutschen Grenze zwischen Herrnburg und Lübeck. 280 Menschen aus ehemals Ost und West radelten 25 Kilometer und lösten 25 deutsch-deutsche Fragen.

„Wie wurde die innerdeutsche Grenze, die zugleich Europa teilte, auch genannt?“ A: Die schwedische Gardine? B: Die steinerne Mauer? C: Die stählerne Wand? oder D: Der eiserne Vorhang? Schwerer schon die Frage: In welcher Stadt versammelten sich am 4. September 1989 rund 1000 Menschen und forderten im Rahmen der ersten Montagsdemonstration „Reisefreiheit statt Massenflucht“? In Dresden, Halle, Leipzig oder Berlin?

25 Fragen anlässlich des 25. Jubiläums der Wiedervereinigung Deutschlands hatten die rund 280 Radler auf der 25 Kilometer langen Rundtour von Hernburg uber Eichholz, das Wesloer Forst, Schlutup, Selmsdorf, Lauen, Bardowiek und Palingen wieder nach Herrnburg zu beantworten. Dort endete die Gedenkradtour auf dem Regenbogenspielplatz mit einem Bürgerfest.

Bürgerfest in Schlutup

In einigen Fragen ging es nicht nur um innerdeutsches Allgemeinwissen, sondern auch um Inschriften auf Gedenkstelen oder Grenzsteinen, die man passieren musste. In Schlutup gab es eine größere Pause beim Bürgerfest. Auch Gaste aus der Herrnburger Partnergemeinde Gros Gronau mit ihrem Bürgermeister Eckhard Graf radelten frohlich mit.

Begonnen hatte der Festtag mit einer Andacht am Ausgangsort der Gedenkradtour. Herrnburgs ehemaliger Gemeindepastor Frank Brunn, der seit 1. September bereits in Hamburg bei „Kirche und Gemeinwesen“ arbeitet, vertrat sich selbst, wie er lachend meinte, und lud die 140 Kirchenbesucher ein, zu danken, zurückzudenken und in der Gegenwart zu handeln. Es sei unsere Pflicht, so der habilitierte Theologe, den ungezählten Menschen, die bei uns anklopfen, zu helfen. Auf die noch vorhandenen Unterschiede in Ost und West eingehend, meinte er, sie zu verleugnen wäre grundverkehrt. Es gehe auch darum, „das Gute aus den jeweiligen Traditionen mitzunehmen".

Bausoldatenfilm „Schwerter zu Spaten“

Zum Abschluss des Tages wurde in der Herrnburger Kirche der Film „Schwerter zu Spaten – Die Bausoldaten in der DDR“ gezeigt. Der ehemalige Bausoldat, Altpräses Heiner Möhring, stand den 16 Zuschauern als Gesprächspartner zur Verfügung.

Der Gottesdienst zu Erntedank und Deutscher Einheit der Kirchengemeinden Boizenburg und Lauenburg wurde in Horst auf der grünen Wiese in einem Zirkuszelt gefeiert. Gleich nebenan liegt die Erstaufnahmeeinrichtung. Es sei sehr um die Teilnahme der Fluchtlinge geworben worden, sagte Mecklenburgs Flüchtlingspastor Walter Bartels. Einzelne Passagen im Gottesdienst wurden ins Englische übersetzt. Nicht nur die zu uns kommenden Ausländer müssen dringend lernen – Deutsch. Uns täte es gut, unser Englisch aufzubessern.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 41/2015