Erzbischof Heiner Koch zum Tag der Deutschen Einheit "Freiheit ohne Verantwortung bedeutet Willkür und Chaos"
30.09.2015 · Berlin.Der neue Berliner Erzbischof Heiner Koch hat zum Tag der Deutschen Einheit die Menschen aufgefordert, Verantwortung in der Gesellschaft zu übernehmen. Ein freiheitlicher Staat setze verantwortungsvolle freie Bürger voraus, "die nicht immer stärkere Erwartungen und Ansprüche an den Staat stellen", schreibt Koch in einem vorab verbreiteten Hirtenbrief, der am Wochenende in den Gemeinden verlesen werden soll. Freiheit ohne Verantwortung bedeute Willkür und Chaos.
Koch betonte, Einheit könne nur wachsen, wenn die Menschen sich gegenseitig wertschätzen und achten. Andere Menschen sollten in ihrer Andersartigkeit nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung angenommen werden. Für Christen sei es zudem Pflicht, "den Flüchtlingen beizustehen, sie bei uns willkommen zu heißen und ihnen zu helfen, bei uns ein neues Zuhause zu finden". Sie verdienten nicht nur eine Chance, sondern seien ein Gewinn für das Land und die Gesellschaft, aber auch "für unsere Kirche", erklärte der Berliner Erzbischof.
Christen hätten darüber hinaus die Aufgabe, die Menschen im Blick zu halten, die den gesellschaftlichen Umbrüchen in Folge des Untergangs der DDR bis heute nicht folgen könnten. "Viele Menschen fanden damals und finden bis heute keinen Halt mehr." Es scheine ihm, dass "manche Radikalismen" in der Gesellschaft Folgen einer fehlenden Zugehörigkeit zu Menschen, zu Gemeinschaften, zu Überzeugungen und zu Gott sind. In dieser Situation sei es wichtig, dass Christen und Kirche "die Gottesfrage" in der Gesellschaft wachhalten, betonte das Kirchenoberhaupt. "Die Gottesarmut vieler Menschen ist für uns Christen eine große Herausforderung."
Weiter zeigte Koch seinen "großen Respekt vor den Menschen, die es geschafft haben, gewaltlos eine Diktatur zu beseitigen". "Der Mut der Menschen und die Kraft von Worten, Kerzen und Gebeten waren größer als die Macht der Gewehre und der Schlagstöcke", sagte der Berliner Erzbischof.
Koch steht an der Spitze von knapp 410.000 Katholiken, davon leben allein in Berlin rund 325.000. Sein Erzbistum umfasst neben Berlin Vorpommern und Teile Brandenburgs. In der Hauptstadt liegt der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung bei neun Prozent, in Brandenburg bei 3,1 Prozent.
In Mecklenburg-Vorpommern gehören etwa 3,4 Prozent (54.500) der Einwohner der katholischen Kirche an. Davon leben etwa 14.200 in Vorpommern.
Quelle: epd