Interview zum 60. Geburtstag Präses Elke König: "Kirche muss sich einmischen“

Elke König

Foto: kirche-mv.de/D. Vogel

29.01.2016 · Stralsund. Seit den 1990er-Jahren ist die Greifswalder Lehrerin Elke König auch Beisitzerin im Synoden-Präsidium der Evangelischen Kirche in Deutschland – eines von vielen Engagements. In der Pommerschen Landessynode war sie als klar führende Präsidentin bekannt. Am heutigen Freitag wird sie 60. Nicole Kiesewetter sprach mit ihr.

Frau König, sind Geburtstage mit einer Null etwas Besonderes für Sie?

Aber ja, irgendwie ist es doch immer eine Zäsur. Man schaut zurück und überlegt: Wie war es vor zehn Jahren, was hat sich verändert? Und ich stelle fest, es hat sich vieles verändert – familiär als auch kirchlich.

Fangen wir mit Familie an...

Mein Mann ist nicht mehr Oberbürgermeister von Greifswald. Er ist jetzt im Ruhestand und sehr entspannt. Und wir haben Familienzuwachs: einen Rauhaardackel. Außerdem ist unsere Tochter mit Familie von Wiesbaden zurück nach Greifswald gezogen. Das bedeutet für uns, dass wir auch Verpflichtungen als Großeltern haben – die wir natürlich gern übernehmen.

Als Lehrerin und seit 1991 als Leiterin des Studienseminars Greifswald im Landesinstitut für Schule und Ausbildung in MV waren Sie beruflich stark eingebunden, dazu kommt seit Jahren Ihr ehrenamtliches Engagement in der Kirche. Wie herausfordernd war es da, auch noch die Frau des Oberbürgermeisters zu sein?

Ich habe mir fast immer ausgesucht, zu welchen Terminen ich meinen Mann begleite. Das hat vielleicht nicht immer jedermanns Vorstellung entsprochen, aber für meinen Mann war das in Ordnung. Wir haben immer die Eigenständigkeit des anderen akzeptiert und gleichzeitig die Sorgen mitgetragen.

Gab es häufig Sorgen?

Wenn Menschen in der Öffentlichkeit stehen und in Entscheidungspositionen arbeiten, bleiben Konflikte nicht aus, es gibt Verletzungen. Das ist in der Politik nicht anders als in der Kirche. Menschen neigen leicht dazu, in Schwarz-weiß-Tönen zu denken, aber es gibt viel mehr Grautöne. Meist sind sie es, die die Dinge kompliziert machen. Aber evangelischer Christ zu sein, ist ein gutes Fundament für das Leben, auch und gerade in stürmischen Zeiten.

Was macht für Sie dieses Fundament aus?

Es gibt christliche Grundüberzeugungen, die den politischen Alltag überdauern, das sehen wir jetzt ganz aktuell an der Flüchtlingsdebatte...

... in der der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Bedford-Strohm, gerade in diesen Tagen sehr klar Position bezieht. Ist das eine Aufgabe von Kirche?

Aber sicher! Kirche wäre nicht Kirche, wenn sie sich nicht einmischen würde.

Und wie prägt der Glaube Ihr persönliches Leben?

Mir ist das Gebot der Nächstenliebe immer sehr wichtig gewesen. Das ist etwas, das wir auch unseren Kindern mit auf den Weg gegeben haben. Mit meinem Glauben habe ich etwas, das mich stärkt und kräftigt. Es gibt noch eine andere Dimension. Damit sage ich aber ausdrücklich nicht, dass Menschen ohne Glauben defizitär sind.

Allerdings scheint es immer weniger Menschen zu geben, denen der Glaube und die Kirche wichtig sind...

Ja, es ist schwer, dass wir weniger werden, dass wir offensichtlich nicht attraktiv genug sind. Und Kirche versucht ja auch, auf verschiedene Weise darauf zu reagieren. Konzepte gibt es viele auf dem Markt. Aber alles, was von oben kommt, was Druck erzeugt, erzeugt meiner Ansicht nach nur Gegendruck. Ich habe auch kein Rezept, wie diese Entwicklung aufzuhalten ist. Aber ich kann mein Christsein überzeugend leben.

Seit 1998 waren Sie im Präsidium der pommerschen Landeskirche, seit 2012 dann im Präsidium des pommerschen Kirchenkreises tätig. Welche besonderen Synoden oder Themen prägen Ihre Erinnerung an diese vielen Jahre?

Ich habe eine schmerzliche Erinnerung an die Synode, auf der wir um eine Stellungnahme zum Rechtsextremismus gerungen haben. Das lief nicht gut, wir sind am Ende der Tagung ohne Ergebnis auseinander gegangen. Ich habe als leitungsverantwortliche Präses wohl auch meinen Anteil daran, das hat mir lange zu Schaffen gemacht. Und natürlich haben uns die Strukturdebatten über viele Jahre beschäftigt. Es ist ja kein Geheimnis, dass ich damals auch gern mit der Berlin-Brandenburgischen Kirche zusammen gegangen wäre. Aber heute kann ich sagen: Es ist ein gutes Miteinander in der Nordkirche, es ist meine Nordkirche.

Ende des Jahres sind Kirchenratswahlen, danach konstituieren sich auch die Kreissynoden neu. Stellen Sie sich erneut als Präses zur Wahl?

Ich weiß es noch nicht. Erst einmal möchte ich die Arbeit in dieser Synode fröhlich und mit Anstand zu Ende bringen. Außerdem merke ich, dass mein Mitwirken als Vizepräses in der Nordkirchen-Synode auch gebraucht wird. Dort treffen vielen Menschen mit vielen unterschiedlichen kulturellen Prägungen zusammen. Es braucht Erfahrung, um dort gut Leiten und Zusammenbinden zu können. Ich glaube, ich kann da einen Beitrag leisten.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 05/2016


Bischof Abromeit: „Synodales Engagement in dieser Breite deutschlandweit wohl einmalig“

Der Greifswalder Bischof Dr. Hans-Jürgen Abromeit schreibt zum 60. Geburtstag von Elke König: „Es dürfte kaum jemanden in Deutschland geben, der in dieser Breite mehr leitendes synodales Engagement aufzuweisen hat als Sie.“ Durch ihre souveräne Verhandlungsführung, ihre geschickte Moderation, ihre Weitsicht und nicht zuletzt ihren Humor sei es Elke König immer wieder gelungen, gute Wege für die Kirche zu finden, so der Bischof. „Im Namen der Nordkirche danke ich Ihnen für die Jahre Ihres Dienstes in unserer Kirche und wünsche Ihnen Gottes gutes Geleit für die vor Ihnen liegende Zeit“.

Elke König war von 1998 bis 2006 Präses der Synode der Pommerschen Evangelischen Kirche und bis zur Gründung der Nordkirche 2012 deren Vizepräses. Seitdem ist sie Präses der Kirchenkreissynode des Pommerschen Evangelischen Kirchenkreises und 2. Vizepräses der Landessynode der Nordkirche. Seit 25 Jahren engagiert sie sich im Präsidium der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Derzeit ist sie Vizepräses der Synode der EKD. Synoden sind eine Art Parlament kirchlicher Selbstverwaltung aus Laien und Geistlichen.

Elke König wurde in Krien bei Anklam geboren und ist Lehrerin für Mathematik und Physik. 1991 wurde sie Leiterin des Studienseminars Greifswald im Landesinstitut für Schule und Ausbildung Mecklenburg-Vorpommern. Sie ist mit dem ehemaligen Greifswalder Oberbürgermeister Dr. Arthur König verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

Quelle: Bischofskanzlei Greifswald