Flüchtlinge helfen Nachbarn in Stralsund Zusammenhalt in Zeiten der Pandemie

Streetworker Benjamin Kohlstedt sowie die Initiatoren Taher Sayadi und Reem Ammori besprechen mit NBZ-Einsatzstellenleiter Thomas Nitz die Projekte für das Netzwerk zur Corona-Hilfe vor dem Nachbarschaftszentrum im Stralsunder Stadtteil Grünhufe (v.l.n.r.).

Foto: KDW/fg

04.05.2020 · Stralsund.

Rund 65 Einwanderinnen und Einwanderer haben in Stralsund ein ehrenamtliches Netzwerk gegründet, das in Zeiten der Corona-Pandemie Hilfsprojekte organisiert und umsetzt. Normalerweise treffen sich viele von ihnen regelmäßig im Nachbarschaftszentrum (NBZ) in der Auferstehungskirche im Stadtteil Grünhufe. Das NBZ des Kreisdiakonischen Werks (KDW) Stralsund ist ein zentraler Punkt im sozialen Leben und im Miteinander der Menschen im Stadtteil, doch aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie müssen viele Angebote und Treffs derzeit zurückgefahren werden oder ausfallen. Zwar ist das NBZ weiterhin per Telefon erreichbar und bietet Hilfe an, doch als der gewohnte Ort des Kontakts und Austauschs steht es derzeit den Stadtteilbewohnenden nicht zur Verfügung.
 
In Stralsund eine neue Heimat gefunden
 
In dieser Situation initiierten die Palästinenserin Reem Ammori und der Syrer Taher Sayadi das Hilfs-Netzwerk. Beide haben in Stralsund seit einigen Jahren eine neue Heimat gefunden und fühlten sich im NBZ von Beginn an willkommen. „Wir wollen dieser Stadt etwas zurückgeben und uns einbringen“, sagt Agraringenieur Taher Sayadi, der mit seiner Familie in Stralsund lebt. Gemeinsam mit Studentin Reem Ammori ist es ihm gelungen, rund 65 Geflüchtete, Einwanderinnen und Einwanderer, die meisten aus Syrien stammend, für die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe des NBZ zu begeistern, in der sich auch viele Einheimische engagieren.
 
Schrittweise werden Gemeinschaftswerke organisiert
 
„Diese besondere Situation gab es so noch nie. Was hier für Schätze freigespült werden, ist unglaublich“, meint Thomas Nitz, Einsatzstellenleiter des NBZ, über das entstehende Netzwerk. „Es wurden und werden schrittweise kleinere Gemeinschaftswerke organisiert“, so Thomas Nitz. Mehrere Projekte seien bereits angelaufen. „Im Tierpark wurde und wird bei der Instandsetzung und Teilrenovierung der Mahnkenschen Mühle, dem Ackerbürgerhaus und dem Traktor geholfen. Bei der Skateranlage in Grünhufe möchte die Gruppe bei den Renovierungsarbeiten unterstützen und schrittweise die Eröffnung begleiten. Und weitere Projekte werden folgen“, kündigt Thomas Nitz an.
 
Ein Handschlag in die Zukunft
 
Betreut wird das Helfenden-Netzwerk von Benjamin Kohlstedt, Streetworker Integration vom NBZ-Partner Luther-Auferstehungs-Kirchengemeinde. „Das nenne ich mal das Ehrenamt andersrum. Ehrenamtliche Geflüchtete, die Deutschen helfen möchten“, sagt der Streetworker anerkennend. Und Thomas Nitz ergänzt: „Ganz gleich, was in diesem Rahmen entstehen mag, das Wichtigste ist schon passiert, nämlich ein Handschlag in die Zukunft, in die Zeit nach der Pandemie. Die Symbolkraft dieser Geste ist Grundstein für ein neues Miteinander. Das Hilfsangebot der Geflüchteten gibt den Menschen etwas von dem, was vielleicht ebenso wichtig ist wie ein Impfstoff, nämlich Zuversicht und Vertrauen. Und es unterstreicht das Zeichen: Wir sind als Kirche und Diakonie auch in diesen schwierigen Zeiten für die Menschen da.“
 
NBZ ist unverzichtbarer Treffpunkt im Stadtteil
 
Das Nachbarschaftszentrum in der Auferstehungskirche in Stralsund-Grünhufe besteht seit 2008. Zuvor befand sich in den Räumlichkeiten die Jugendkirche. Als integrativer Treffpunkt und Anlaufstation für Einheimische und Zugewanderte hat sich das NBZ unter der Leitung des KDW als unverzichtbarer Teil des Stadtviertels etabliert und wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Ökumenischen Förderpreis Eine Welt Mecklenburg-Vorpommern“. Seit 2014 wird der Preis gemeinsam von den evangelischen und katholischen Kirchen sowie der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern ausgelobt.

Quelle: PEK (sk)


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