Gemeindepastor und Hobbyimker Wie der Pfarrgartenhonig in das Glas kommt
Von Christian Meyer
15.08.2022 · Lohmen. Jonas Görlich ist Gemeindepastor in Lohmen und versorgt als Hobbyimker rund 150.000 Bienen
Dass er als Hobbyimker quasi in die Fußstapfen einer seiner Vorgänger als Lohmener Pastor tritt, hatte Jonas Görlich nicht im Blick. Doch nachdem vor gut drei Jahren im Dorf rum war: Der neue Gemeindesseelsorger möchte ich sich auch um Bienen kümmern, ging ein Ruck durchs Dorf. Auf Dachböden und Kellern kramten Bewohner noch gut erhaltene Imkerutensilien hervor und gaben diese im Pfarrhaus ab. Zudem erinnerten sich einige, dass vorzeiten Pastor Karl-August Brandt geimkert hatte. Er war es auch, der eigens dafür den Obstgarten mit Kirsch- und Apfelbäumen am Pfarrhaus anlegte – bis heute eine Oase der Ruhe, der reichen Ernte und besonders der köstlichen Labsal für Bienen.
„Amtstracht – Der Pfarrgartenhonig“ steht auf den schön gestalteten Etiketten der Honiggläser, die im Lohmener Pfarrhaus im Regal stehen. Doch wie kam Pastor Görlich überhaupt auf dieses Hobby? Wollte er dem kleiner werdenden Kirchenvolk einfach mal etwas entgegensetzen? Schließlich zählt er inzwischen fünf Völker mit je 25 bis 30 Tausend Insekten. Das sind rund 150.000 Bienen und damit genauso viele wie der Kirchenkreis Mecklenburg aktuell an Christenmenschen zählt. Nein, mit seiner Kirchengemeinde, die rund 730 Mitglieder hat, dem Gemeindeleben, Projekten wie dem Pfarrstall, der mit der Kommune für einen Friseurladen, eine Arztpraxis etc. derzeit ausgebaut wird, sowie dem Erhalt des Dreiseitenhofes samt Kirche sei er ausgelastet. „Überhaupt macht mir die vielfältige Gemeindearbeit, der Kontakt zu den Menschen total Spaß.“ Dennoch fröne er gern zum Ausgleich der Imkerei, bekennt der 38-Jährige.
Desaster und Neustart
„Drei Beuten – das sind die Behausungen der Bienen – stehen in Lohmen und zwei weitere auf dem Badendieker Friedhof“, erzählt der junge Theologe. und verrät dann: „Eine Mitsängerin im Rostocker Motettenchor hat mich auf die Honigbienen gebracht. Sie erzählte begeistert von der Ökoimkerei, die angeblich ganz von allein läuft. Der Imker müsse nur ab und zu mal in die Völker schauen“, erinnert sich Jonas Görlich. Das klang gut und er legte los. Es endete im Desaster. Von allein lief die Imkerei eben doch nicht. Und dann machten Wespen und Hornissen seinem ersten Volk den Garaus. „Ich hatte keinen Imkerkurs gemacht und war völlig ahnungslos.“
Doch das Fieber hatte Jonas Görlich gepackt. Er bekam klassische Segeberger Beuten geschenkt und startete neu. „Die Natur in Lohmen und Umgebung mit Obstbäumen, Linden-, Robinien- und Ahornbäumen sowie Feldern mit Facelia ist perfekt für guten Honig“, sagt der Imkerpastor und zündet kleine Weidenstücke an und versenkt diese im Smoker, die auch Imkerpfeife genannt wird. Inzwischen stehen wir mitten im Pfarrgarten. Die Bienen fliegen eifrig um das Anflugbrett der Beuten umher. Überall summt und brummt es. Mit dem Rauch aus dem Smoker beruhigt Jonas Görlich das erste Volk. Geschützt mit Imkeranzug und Haube entnimmt er ein Wabenrähmchen nach dem anderen. „Ich schaue, ob es den Bienen gut geht und ob, die gefüllten Waben schon verdeckelt und erntereif sind. Denn erst dann kann geschleudert werden.“
Im Gespräch über Bienen, den Ort, das Leben, den Glauben...
Im Vorjahr kamen 160 Kilogramm Amtstracht zusammen. „Da sind gut 300 Honiggläser, die ich oft als Geschenke weiterreiche.“ Jetzt müsse er sich keinen Kopf mehr machen, welches Büchlein für wen in der Gemeinde passen könnte. „Zudem verschenke ich mit dem Honig ein Stück von mir. Oft kommen wir dabei ins Gespräch – über Bienen, den Ort, das Leben, den Glauben…“, so Pastor Görlich, der als Stadtmensch in Braunschweig aufwuchs und jetzt auf dem Land sichtlich wohl fühlt. Zur Kirchengemeinde Lohmen gehören immerhin 30 Dörfer, sechs Kirchen in Badendiek, Bellin, Kirch Kogel, Kirch Rosin, Lohmen, Zehna und ein Gemeindehaus in Zehna und das Pfarrhaus mit nebengebäuden im Lohmen – recht typisch für die kirchlichen Strukturen in Mecklenburg.
Die Bienen sind für Jonas Görlich ein guter Ausgleich und ein großes Geheimnis. „Zum Beispiel, wie sie sich untereinander Kommandos geben, wo sie was einlagern. Dies und mehr fasziniert mich. Ich könnte stundenlang dem durchorganisierten Bienensystem zuschauen.“ Das geht natürlich nicht. Aber zur Imkerstunde, also um die Mittagszeit, verbringt der Hobbyimker so oft es geht – mindestens einmal die Woche – eine kurze Weile im Garten und schaut nach seinen fleißigen Völkern. Aufregend ist diese Auszeit, wenn ein Bienenvolk schwärmt. Dann verlässt die alte Königin mit gut der Hälfte eines Bienenvolkes ihre Beute und hängt als Schwarm irgendwo in einem Baum. Im Vorjahr, erinnert sich Pastor Görlich, musste er bei einem Fest quer über den Fußballplatz stapfen, um ein Volk in der Kita des Dorfes wieder einzufangen. Görlich: „Die Lohmener sind im Mai und Juni immer ganz aufmerksam und teilen mit, wo sie einen Schwarm entdeckt haben.“
"Das Flugwesen, es entwickelt sich"
Gern gibt der Theologe sein Wissen und seine Begeisterung für Bienen weiter. „Unlängst war ich in der Freien Schule in Güstrow und stellte erstaunt fest, wie präsent die Imkerei bei Kindern durch manche Großeltern und Eltern noch ist.“ Seit Kurzem gibt es in der Gegend einen weiteren Imker. Der stammt aus der Ukraine, war Berufsimker und kam Anfang März mit der Rücktour eines Hilfskonvois nach Mecklenburg.
Früher sagte man: „Das Flugwesen, es entwickelt sich.“ In Lohmen wird der Spruch aus Sostschenkos „Die Kuh im Propeller“ ganz neu interpretiert. Doch jetzt muss die Tage erst einmal kräftig geschleudert werden, sagt Pastor Görlich. „Mal schauen, wie viele Gläser Früh- und Sommertracht dieses Jahr zusammen kommen.“ Ein zufriedenes Lächeln huscht ihm dabei über sein Gesicht. Wohl auch, weil es ebenso am Pfarrstall-Projekt von Lohmen weiter vorangeht. Denn eine „Symbiose von Dorf und Kirche“ steht für den Pastor obenan. Umtriebig wie seine Bienen, setzt sich Jonas Görlich gemeinsam mit dem Kirchengemeinderat, dem Bürgermeister und weiteren Engagierten seit Jahren dafür ein. Dem Ort und dem Zusammenhalt der Menschen tut das genauso gut wie täglich ein Löffel Honig, am besten von der Sorte „Amtstracht – dem Pfarrgartenhonig“ aus Lohmen.
Quelle: ELKM (cme)