Pastorin Dorothea Strube geht in den Ruhestand "Dienste und Werke erreichen Menschen jenseits und auf andere Art"
01.06.2023 · Rostock. Während eines Festgottesdienstes wurde Pastorin Dorothea Strube am heutigen Donnerstag in der Rostocker Petrikirche in den Ruhestand verabschiedet. Im Interview blickt sie auf elf Jahre als leitende Pastorin des Zentrums Kirchlicher Dienste zurück.
„'Du stellst meine Füße auf weiten Raum' – dieser Vers aus Psalm 31 passt zu Dorothea Strube. Mit Weitblick, Herzblut, Freundlichkeit und Energie hat sie ihren Dienst als Gemeindepastorin, Krankenhausseelsorgerin und zuletzt elf Jahre als leitende Pastorin des Zentrums Kirchlicher Dienste ausgefüllt. Unter ihrer Führung und in guter Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden konnte das Zentrum Kirchlicher Dienste sein Profil entwickeln", sagte Pröpstin Britta Carstensen zum Abschied. Die Neustrelitzer Pröpstin ist im Kirchenkreis Mecklenburg für die Dienste und Werke zuständig. "Danke von Herzen für alles Geleistete und Erreichte. Gott segne und behüte Deinen Weg in den neuen Lebensabschnitt“, so Britta Carstensen. >>> Der Festgottesdienst zur Verabschiedung von Dorothea Strube in Bildern
Interview mit Pastorin Dorothea Strube
Frau Pastorin Strube, was hat Sie 2012 damals gereizt, die Aufgabe zu übernehmen, das neu gedachte Zentrum Kirchlicher Dienste im neu gebildeten Kirchenkreis Mecklenburg zu übernehmen?
Bei der Bildung der Nordkirche hatte ich im Team der Geschäftsstelle im Fusionsprozess Erfahrungen dabei gesammelt, unterschiedliche Kulturen und Interessen in der Organisation Kirche miteinander in Kontakt und in einen Ausgleich zu bringen. Ich habe dabei auch erlebt, dass Dienste und Werke Menschen auf andere Art erreichen können, als das in den Ortsgemeinden möglich ist und fand das sehr spannend.
Ich hatte Lust, den Veränderungsprozess in meiner eigenen Landeskirche, dem jetzigen Kirchenkreis Mecklenburg als Teil der Leitung weiter mit zu gestalten und wollte die Dienste und Werke im Zusammenspiel untereinander und mit den Ortsgemeinden begleiten.
Aus meiner vorherigen Arbeit als Pastorin in einer städtischen Kirchengemeinde mit gleichzeitiger Beauftragung in der Krankenhausseelsorge war mir dieses manchmal nicht ganz reibungslose Zusammenspiel durchaus vertraut.
Wie leicht oder schwer war es, die in der früheren Landeskirche Mecklenburgs die eher frei agierenden Dienste und Werke unter ein einheitliches Dach und mit Sitz in Rostock zusammen zu führen?
Als ich meinen Dienst begann, war zum Glück die Entscheidung schon getroffen. Wie dieses neue Miteinander aussehen könnte, hatten die Beteiligten aus dem Amt für Gemeindedienst, dem Amt für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie der Erwachsenenbildung unter Leitung des damaligen Oberkirchenrates Jürgen Danielowski weitgehend miteinander ausgehandelt.
Natürlich ging das nicht ganz ohne Widerstände ab, aber der Beschluss durch die Synode nach vorheriger Beteiligung der Betroffenen war eine gute Voraussetzung dafür, dass sich dann auch alle irgendwie mit dafür verantwortlich fühlten, dass aus diesem Projekt etwas Vernünftiges wurde.
Insbesondere die Leitungen der Arbeitsbereiche bildeten ein konstruktives Team, das mir von Anfang an zur Seite stand. Natürlich war es für einige Mitarbeitende schwer, nun jeden Morgen oder an mehreren Tagen in der Woche von Schwerin oder Güstrow nach Rostock zur Arbeit zu fahren, andere hatten es jetzt leichter. Die Mitarbeitenden brachten unterschiedliche Arbeitskulturen mit, die mit ihrer früheren Arbeitsweise, mit Anstellungsverhältnissen und Zielgruppen zu tun hatte.
Deshalb war es am Anfang die wichtigste Aufgabe, neben verschiedenen praktischer Dinge, die es zu organisieren gab, miteinander zu verabreden, wie diese unterschiedlichen Arbeitsbereiche nun zusammenarbeiten können.
Können Sie bitte die Grundidee des ZKD noch einmal näher skizzieren?
Die Idee war, Dienste und Werke, die nicht an einen ganz spezifischen Ort gebunden sind, wie z.B. die Krankenhausseelsorge oder Gefängnisseelsorge, unter ein Dach zusammen zu bringen, um eine bessere Vernetzung und Kooperation untereinander zu ermöglichen und so ein Kompetenzzentrum zu schaffen, das mit den Kirchengemeinden vor Ort zusammen arbeitet, eigene theologische Impulse setzt, aber auch Kontaktmöglichkeiten zu Bereichen der Gesellschaft schafft in denen Kirche sonst weniger zu finden ist.
Was hat sich im Laufe der vergangenen zehn Jahre verändert? Was wurde, was musste verändert oder nachgesteuert werden?
Wie gesagt, am Anfang war es wichtig, eine gute Zusammenarbeit der Bereiche zu organisieren, und das neben den zahlreichen fachlichen Aufgaben, die alle Mitarbeitende mitbrachten und denen sie sich verpflichtet fühlten.
Wie sollte das Verhältnis sein zwischen dem Engagement für den eigenen Arbeitsbereich und der neuen Organisation Zentrum Kirchlicher Dienste?
Was sollte getrennt und was gemeinsam getan werden? Sind wir „nur“ eine Bürogemeinschaft oder gibt es eine verbindende Aufgabe? Wie wollen wir unsere geistliche Gemeinschaft stärken?
Dazu gab und gibt es unterschiedliche Auffassungen und daran haben wir bis heute und unter Beteiligung externer Organisationsentwicklerinnen und Organisationsentwickler immer wieder gearbeitet und natürlich auch Anpassungen vorgenommen. Die Zusammenarbeit mit der Sozialdiakonischen Arbeit-Evangelische Jugend musste z.B. neu geordnet werden, weil das die rechtliche Stellung der Stiftung erforderlich machte.
Es gab unterschiedliche Vorstellungen von Leitung, aber auch das Bemühen, im
Rahmen der Satzung zu einem gemeinsamen partizipativen Leitungsverständnis zu kommen. Ich finde, das ist uns richtig gut gelungen!
2016 wurden die Ergebnisse dieses Diskussionsprozesses dann in die Satzung eingearbeitet, die im Herbst durch die Synode beschlossen wurde.
Auch die Arbeitsbereiche haben sich mit der Zeit verändert. Es sind neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dazugekommen, die neue Aufgaben übernommen haben.
So ist z.B. die ökumenische Arbeitsstelle gewachsen, weil in der Flüchtlingsarbeit und bei ökologischen Herausforderungen unser Handeln gefragt war. Durch den Kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche und durch den Kirchenkreis wurden dafür zusätzliche Mittel bereitgestellt.
Im Sprengel Mecklenburg und Pommern entstand eine neue Stelle für die Arbeit mit Frauen, der Arbeitsbereich „Kirche stärkt Demokratie“ wanderte aus einem nordkirchlichen Dienst zu uns, eine Stelle für Personalberatung entstand und die Geschichtenwerkstatt wurde entwickelt. Da ist viel gewachsen und bei jedem Personalwechsel gab es auch eine Anpassung der Aufgaben und dadurch Veränderungen in den Arbeitsbereichen.
Denklabor, Kompetenzzentrum – mit diesen Begriffen wird das Zentrum Kirchlicher Dienste verbunden bzw. dies waren Erwartungen. Welche wichtigen Impulse, welche neuen Ideen und Formate konnten das Team am Rostocker Alten Markt aus ihrer Sicht vor allem bzw. beispielhaft setzen?
Dazu kann man ganz viel sagen und am besten könnten das die Kolleginnen und Kollegen selbst, aber einige Beispiele kann ich vielleicht nennen:
So war z.B. der Gemeindedienst immer ganz dicht dran an den Veränderungsprozessen im Kirchenkreis. Im Prozess „Stadt-Land-Kirche“ wurden durch die Kolleginnen und Kollegen vielfältige Beratungen und Versammlungen auf synodaler und regionaler Ebene organisiert, Zukunftsideen und Beschlussvorlagen zudem entwickelt. Die Formate Kirchengemeinderats-Messe und Oasentag sind einzigartig.
Die Mitarbeitenden des Evangelischen Kinder- und Jugendwerk Mecklenburgs (EKJM) entwickelten die Partizipationsscheibe, ein Referent war führend dabei, für die Arbeit mit Kindern überall in der Nordkirche zeitgemäße Arbeitsmaterialien zu entwickeln. Das Klimacamp ist neu entstanden. Eine Geschichtenwerkstatt wurde gebaut, die weit über unseren Kirchenkreis hinaus auf Interesse stößt und in der Erwachsenenbildung wurden Formate entwickelt, die Kirche und Kunst mit hohen Ansprüchen an Qualität zusammenbringen.
Auf die Kooperation mit anderen Kirchenkreisen oder mit nichtkirchlichen Partnern lege ich großen Wert. Das Reformationsjubiläum 2019 wurde durch Mitarbeitende des ZKD stark unterstützt und in der Corona Zeit gab es unterschiedliche Angebote, um den Kontakt untereinander und den Dialog mit Andersdenkenden zu fördern, wie z.B. Onlineformate für Veranstaltungen oder ein künstlerisches Gemeinschaftsprojekt in der Petrikirche zum Thema Gesundheit- Freiheit- Sicherheit. Vieles ließe sich ergänzen.
Wie ist es gelungen, Menschen verschiedener Generationen mit der frohen Botschaft von der Liebe Gottes in Berührung bringen bzw. kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kirchengemeinden vor Ort dabei zu unterstützen?
Ich bin davon überzeugt, dass bei allen unseren Angebote, bei denen sich Menschen treffen, ob nun aus traditionellen Kirchengemeinden oder außerhalb von Kirche, sie mit Gott in Berührung kommen.
Das geschieht bei unseren Andachten im Haus, aber das passiert auch, wenn Gäste aus Tansania aus ihren Heimatgemeinden voll Begeisterung erzählen oder Erwachsene und Jugendliche dorthin fahren. Kirchenführerinnen und Kirchenführer erfahren etwas von dem spirituellen Hintergrund vieler Kunstwerke, Pilgerinnen und Pilger suchen Stille und Begleitung und manche Gemeinde lässt sich gern beraten, wie in ihrer leerstehenden Kirche ein neues Projekt Wirklichkeit werden kann.
Oder das Jugendevent „Fette Weide“ – es ist unglaublich, wie still und berührt die Jugendlichen nach einem wilden Tag abends in der Tempziner Kirche sind!
Geflüchtete Menschen erfahren Schutz und Begleitung in Kirchengemeinden und dabei werden diese auch durch uns unterstützt. Wir sorgen dafür, dass Lektorinnen und Lektoren die Gemeinden bereichern und helfen dabei, neue Gottesdienstformen zu entwickeln und auszuprobieren.
Wo wir aus den Gemeinden angefragt werden, kommen wir gern!
Wie blicken Sie aus der Sicht der Dienste und Werke auf den Kirchenkreis Mecklenburg?
Durch den Kontakt mit anderen Kirchenkreisen weiß ich, dass wir ein vergleichsweise breites Spektrum an Diensten und Werken haben, die mit hohen fachlichen Standards unterwegs sind. Finanziell sind wir solide aufgestellt, profitieren aber auch von der Nordkirche, die etliche Stellen fördert.
Ich finde, das ist eine große Stärke unseres Kirchenkreises, ermöglicht sie doch fachliche Unterstützung und Vernetzung verschiedener Arbeitsbereiche, die den Kirchengemeinden am Ende zugute kommen. Hätten wir das nicht, könnten sich nur die großen oder finanziell besser gestellten Gemeinden diese zusätzliche Unterstützung leisten.
Ich freue mich, dass viele Gemeinden, die Synode und die anderen Leitungsorgane unsere Arbeit schätzen und uns als Partnerinnen und Partner sehen in dem Bemühen, für die Zukunft unseres Kirchenkreises neue Wege zu beschreiten.
Die Diskussion um eine Konzentration, Neuausrichtung oder Profilschärfung kirchlicher Arbeit macht auch vor den Diensten und Werken nicht halt. Was ist ihrer Meinung unverzichtbar, worauf sollte auch künftig ein Augenmerk gelegt werden?
Ich möchte da dem Zukunftsprozess unserer Synode nicht vorgreifen.
Welche Arbeit an welchem Ort zukünftig „noch“, anders oder auch zusätzlich gemacht werden soll, kann nur in einer gemeinsamen Verständigung und unter Berücksichtigung einer theologisch begründeten Gesamtperspektive unseres Kirchenkreises geschehen.
Wollen wir weiter flächendeckend, immer „verdünnter“, kirchliche Arbeit machen oder geht es eher in Richtung geistlicher Zentren, die sich dann vielleicht auch gezielt die Kompetenz der Dienste und Werke zu Nutze macht oder brauchen wir das eine und das andere in jeweils unterschiedlichen Gegenden des Kirchenkreises?
Mir ist wichtig, dass wir kirchliche Arbeit nicht gleichsetzen mit örtlicher Kirchengemeinde. Kirchliche Arbeit geschieht ganz oft an Orten, die sich jenseits unserer parochialen Zuordnungen befinden und auf die wir keinesfalls verzichten können.
Wenn Sie persönlich zurückblicken: Was war eine der schönsten und eine der schwersten Dinge, die Sie als ZKD-Leiterin in den vergangenen Jahren verantworten durften bzw. mussten? Und was wünschen Sie ihrem Nachfolger, Pastor Dr. Gerhard Altenburg und dem ZKD-Team für die Zukunft?
Schwer war es, wenn Mitarbeitende bei uns aufgehört haben zu arbeiten, weil an irgendeiner Stelle ganz offensichtlich „die Chemie“ nicht mehr gestimmt hat. Bewusst kann ich mich an zwei solche Situationen erinnern, auch wenn wir am Ende gute Lösungen gefunden haben. Schwer war es manchmal auch, wenn ich bei der Synode in der Besucherreihe saß und nicht an Diskussionen teilnehmen konnte, die ich sehr spannend fand oder denen ein paar zusätzliche Impulse gutgetan hätte. Schließlich hatte ich mich jahrelang in der Synode und auch im Präsidium engagiert. Leiten in der zweiten Reihe will auch erstmal gelernt sein.
Schöne Momente fallen mir ganz viele ein, besonders schön aber waren unsere Ausflüge ins Ökodorf Sieben Linden, nach Potsdam oder Wittenberg und ganz schön war es auch, wenn ich aus dem Team die Rückmeldung bekam, dass meine Arbeit von ihnen als wertschätzend und unterstützend erlebt wurde. So hatte ich mir das gewünscht.
Und genau das wünsche ich auch meinem Nachfolger: ein Team, das mitzieht, Vertrauen in die Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen, Beharrlichkeit bei den Dingen, die wichtig sind, Mut, was Neues auszuprobieren. Viel Glück und Gottes Segen!
Quelle: kirche-mv.de (Interview: Christian Meyer)
Der Festgottesdienst zur Verabschiedung von Pastorin Dorothea Strube in Bildern
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