"Engagierter Streiter gegen das DDR-Unrecht" Mecklenburger Altbischof Heinrich Rathke gestorben

Altbischof Heinrich Rathke auf dem Symposium anlässlich seines 85. Geburtstages.

Foto: kirche-mv.de/D. Vogel

18.01.2024 · Schwerin. Der frühere Landesbischof der ehemaligen Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburgs, Heinrich Rathke, ist tot. Rund einen Monat nach seinem 95. Geburtstag starb der promovierte Theologe am Mittwoch (17. Januar) in Schwerin. Rathke war von 1971 bis 1984 Landesbischof und stand zudem von 1977 bis 1981 als Leitender Bischof an der Spitze der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in der DDR.

Obschon auf Lebzeiten gewählt, hatte er eine zweite Amtsperiode als Landesbischof abgelehnt und als Befürworter einer zeitlichen Begrenzung kirchlicher Ämter das Gemeindepfarramt in Crivitz (bei Schwerin) übernommen. Rathke lebte seit 1991 im Ruhestand in Schwerin. Die Trauerfeier für ihn findet am 29. Januar im Dom zu Schwerin statt.

 

Nordkirchen-Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt würdigte ihn als engagierten Theologen und Streiter gegen das DDR-Unrecht. „Heinrich Rathke wird unserer Kirche fehlen. Sein mutiges Engagement für die Verfolgten von SED-Diktatur, Nationalsozialismus und Stalinismus haben Generationen von Theologen inspiriert“, sagte sie. Ihm seien Werte wie Mitmenschlichkeit, Zivilcourage und Gottvertrauen wichtig gewesen. „Er lebte sie, auch wenn es ihm Nachteile gebracht hat“, so die Landesbischöfin. Geprägt von seinen Kriegserfahrungen in früher Jugend habe er stets gegen diktatorische Regime gekämpft, sich für Menschenrechte sowie die Bewahrung der Schöpfung eingesetzt.

 

Seine volksnahen Predigten in Rostock aus einem alten Zirkuswagen heraus hätten in der atheistischen geprägten DDR großes Aufsehen erregt, die Kritik Rathkes am von der SED eingeführten „Wehrunterricht“ und der verschärften Verfolgung pazifistischer Jugendlichen für dessen Verfolgung durch Staat und Staatssicherheit gesorgt. So sei Heinrich Rathke vom SED-Regime als „feindlich negativ“ eingestuft worden, keines seiner Kinder sei zum Studium zugelassen worden. „Trotz dieser Erfahrungen ist Heinrich Rathke ein positiver, der Zukunft zugewandter Mensch geblieben“, so Kristina Kühnbaum-Schmidt.

 

Ein wichtiges Vorbild

 

Bischof Tilman Jeremias (Greifswald) würdigte die klare Haltung Rathkes zu DDR-Zeiten gegenüber dem damaligen Ministerium für Staatssicherheit. „Heinrich Rathke war für viele Gemeindemitglieder und Mitarbeitende der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg ein wichtiges Vorbild für den aufrechten Gang in der DDR“, betonte Jeremias. „Er hat sich schützend vor seine Mitarbeitende gestellt und dabei keinen persönlichen Konflikt gescheut“, so Jeremias. Dafür seien ihm bis heute Gemeindemitglieder, Kirchenälteste, Pastorinnen und Pastoren dankbar.

 

Der aus einem mecklenburgischen Pfarrhaus stammende Heinrich Rathke war nach seiner Entlassung aus englischer Kriegsgefangenschaft zunächst in Lübeck zu Hause und machte dort auch das Abitur. Daran schloss sich sein Theologiestudium an mehreren westdeutschen Universitäten an. Entgegen der ursprünglichen Absicht, in den Dienst der bayerischen Landeskirche zu treten, kehrte er 1954 nach Mecklenburg zurück.

 

Nach Vikariat und Pfarrdienst in Bad Doberan, Warnkenhagen und Rostock sowie einer kurzen Tätigkeit als Landespastor für Volksmission wurde er im März 1971 Nachfolger des damaligen Schweriner Bischofs Niklot Beste. Von 1978 bis 1980 war er auch Vorsitzender des DDR-Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes.

 

Ehrendoktor und Ehrenbürger

 

Nach der friedlichen Revolution in der DDR berief ihn seine Landeskirche in einen Vertrauensrat zur Aufarbeitung kirchlicher Stasi-Verstrickungen. Für das Land Mecklenburg-Vorpommern gehörte er zudem mehrere Jahre dem Beirat der Stasi-Unterlagen-Behörde an. Rathke war auch Ehrendoktor der Rostocker Universität. Im Jahr 2000 wurde er der erste Ehrenbürger der Stadt Crivitz (Landkreis Ludwigslust-Parchim).

 

In seinem Ruhestand kümmerte er sich in besonderer Weise um die russlanddeutschen Gemeinden in Mittelasien. Im Rahmen dieser Arbeit war er von 1991 bis 1994 Bischöflicher Visitator von Kasachstan. Zudem begleitete er Menschen seelsorgerisch, die immer noch unter dem erlebten DDR-Unrecht und den Aktivitäten des DDR-Staatssicherheitsdienstes leiden.

Quelle: epd/Nordkirche