Mit Hilfe aus dem Norden Deutschlands im 18. Jahrhundert gegründet Einblicke in die lutherische Kirchengemeinde in Lissabon

Von Joachim Kohl

Bartning-Kirche von 1934 in Lissabon

Fotos: Joachim Kohl

15.11.2024 · Lissabon. Prominente Kaufleute aus Hamburg setzten sich einst für die Gründung einer deutschen-lutherischen Gemeinde in Lissabon ein. Heute ist sie eine von vieren in Portugal. Mit den deutschsprachigen Gemeinden in Porto, Madeira und in der Algarve lebt sie einen regen Austausch. Bei einem Besuch vor Ort bekamen wir Einblicke.

Die bewegte Geschichte der deutschen-lutherischen Gemeinde in Lissabon geht bis auf das Jahr 1761 zurück. Sechs Jahre vorher war Lissabon durch ein verheerendes Erdbeben heimgesucht worden, bei dem viele Menschen gestorben waren und die Stadt fast vollständig zerstört wurde.

 

Jahrzehntelang waren die Deutschen dann Gast in der Kirche der Niederländer und später der Dänen. Vor dem ersten Weltkrieg hatten sie eine Kapelle gebaut. „Aber diese war 1916 beschlagnahmt worden“, erzählt Professor Bernardo Herold. „Alles was Liegenschaften waren, ist versteigert worden. Um die Deutschen zu entschädigen, hat man ein riesiges Gelände, hier wo die Kirche steht, zur Entschädigung gegeben. Da ist die deutsche Schule drauf gebaut worden und da stand ein altes Gebäude, das als deutsches Krankenheim benutzt wurde“.  

 

Erst 1934 bekam die Gemeinde eine neue Kirche, eine „Diasporakirche“ nach Plänen von Prof. Otto Bartning, dazu ein Pfarrhaus. Die Kirche ist bewusst mit landestypischen Materialien gebaut: Kork, Glas, Holz und Marmor.  Passend zum Kork haben die Fenster kleine gelbe oder hellbraune Scheiben. „Wenn das Sonnenlicht am Vormittag von der rechten Seite in die Kirche hereinfällt“, sagt Pastorin Christina Gelhaar, „wird das Kirchenschiff in ein sehr schönes, helles, fast goldenes Licht getaucht. Von der Atmosphäre her ist das immer sehr angenehm, wenn man hier ist“. Im vorderen Bereich der Kirche ist einiges aus Marmor: der Altar, die Stufen, der Sockel der Kanzel und der Taufstein. „Der Marmor kommt hier aus Portugal“, erklärt die Pastorin und erläutert, dass Marmor hierzulande nicht diese wertvolle Vorstellung wie in anderen Ländern habe, weil das Gestein örtlich abgebaut wird“.        

 

Mit Lichteinfall gestalteter Kirchraum beeindruckt

 

Besuchern fällt beim Betreten der Kirche sofort das große, schwarze Kreuz im Altarraum auf. „Dies leuchtet“, so Christina Gelhaar, „denn hinter den Kreuzbalken sind Fenster, sodass das Kreuz zu schweben scheint. Für mich als Theologin ist es auch das Licht der Auferstehung was dahinter hervor scheint“. Davor stehen zentral in einer Linie die Kanzel und schon am Anfang der Kirchenbänke der Taufstein. Das theologische Konzept dahinter sei, „dass der Christ durch die Taufe über das Wort Gottes, das ihm gepredigt wird, zu Jesus Christus findet“. 

              

Die Orgel von der Firma Willi Peter aus Köln wurde 1966 in die Kirche eingebaut. Sie ist eine der wenigen nordeuropäischen Orgeln in Portugal, auf der auch Werke von Johann-Sebastian Bach gut spielbar sind. „Unsere Gemeinde hat einen Kirchenchor, einen Bibelgesprächskreis, Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit und einen Literaturkreis. Wir feiern jeden Sonntag um 11 Gottesdienst“, so Pastorin Christina Gelhaar. Parallel werde -außer in den Sommermonaten - zum Kindergottesdienst eingeladen. Der Ablauf des Gottesdienstes, die Lieder und Texte sind fast identisch mit denen in Deutschland, sodass man gut folgen, ja darin sofort Vertrautheit und Heimat finden kann.

 

Nicht am Tropf der EKD, sondern selbst finanziert Gemeinde

 

Die Gemeinde in Lissabon zählt etwa 250 Mitglieder, was zirka 115 zahlende Haushalte bedeutet. „Das ist für Viele immer wieder verwunderlich“, sagt die Pastorin. „Wir kooperieren zwar mit der EKD, aber das bedeutet nicht, dass wir so funktionieren wie die Gemeinden in Deutschland. Wir profitieren nicht oder kaum von der Kirchensteuer, sondern wir müssen uns nahezu komplett von Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanzieren.“

 

Konkret umfasst dies den Bauerhalt der Kirche die Gehälter aller Mitarbeitenden. „Auch ich werde nicht von Deutschland aus bezahlt, sondern die EKD gibt der Gemeinde hier vor, dass ich in der Höhe, wie in Deutschland bezahlt werden muss“, so Pastorin Gelhaar. Die Gemeinde sorge dafür, dass alles funktioniere. Aktuell hat die Gemeinde für ein Jahr den Auslandsvikar Lars-Michael Stötzel aus der rheinländischen Kirche. „Das ist ein Geschenk“, sagt die Pastorin, denn er werde von seiner Landeskirche aus bezahlt und stelle sich hier in den Dienst mit seinen Gaben.     

 

Die finanzielle Unabhängigkeit von der EKD wird aber immer mehr zum Kraftakt. „Vor vielen Jahren war das noch leichter“, erläutert die Gemeindeseelsorgerin. Es gebe immer wieder Gelegenheiten, „bei denen wir erklären: bitte werdet Mitglied, unterstützt die Gemeinde mit einem jährlichen Beitrag, den ihr selber bestimmen könnt“. Dazu kommen Aktionen, wie den jährlichen Adventsbasar, bei denen Spenden gesammelt würden.

 

Mehr Infos: https://www.dekl.org/

Quelle: kirche-mv.de (hjk/cme)