Gestohlener Opferstock von Heiligen Geist anonym zurückgebracht "Das ist ein Wunder"

Von Sybille Marx

„Wir hätten nie gedacht, dass er wieder auftaucht“, sagt Ulrike Rachholz über den historischen Opferstock, in dem Heiligen Geist Spenden sammelt.

Foto: pivat

10.03.2025 · Wismar. Am hellichten Tag war es vor zwei Jahren gestohlen worden und seitdem verschollen: das historische Spendensammel-Gefäß der Kirche Heiligen Geist in Wismar. Bis die Küsterin einen Anruf bekam.

Es klingt wie im Krimi, was Küsterin Ulrike Rachholz da erzählt: Einen anonymen Anrufer hat sie am 18. Januar 2025 am Handy. Der Mann sagt, er wolle der Heiligen Geist Kirche in Wismar ihren historischen Opferstock zurückgeben. Ihn auf einem Parkplatz bei Hornstorf abstellen, sieben Kilometer von der Kirche entfernt. Fast zwei Jahre, nachdem das Spendensammelgefäß am hellichten Tag von einem nie gefassten Täter aus der Kirche gerollert worden war!

 

„Ich hab das erst gar nicht geglaubt“, erzählt Ulrike Rachholz lachend. „Wir hatten im Herbst schon einen ähnlichen Anruf, der zu nichts geführt hat.“ Trotzdem fährt sie sofort nach Hornstorf, zusammen mit ihrem Mann. Und da, auf dem vereinbarten Parklatz, steht er im Regen: der rund 550 Jahre alte Opferstock von Heiligen Geist! Ein hüfthohes Stück Eichenbaumstamm, hohl, mit metallumfasstem Deckel und Münzschlitz.

 

Vor 500 Jahren soll die Gemeinde darin Ablassgelder gesammelt haben, heute sind es Spenden für Sanierungsarbeiten an der Kirche. Bis zu 1000 Besucher schlendern im Sommer täglich durch die Hallenkirche, der Opferstock ist da eine wichtige Geldquelle - und ein Traditionsstück. „Wir hätten nie damit gerechnet, dass er wieder auftaucht“, sagt Ulrike Rachholz. „Das ist für uns ein Wunder!“

 

Der Fall ist einzigartig

 

Die Nordkirche bestätigt: Der Fall ist ungewöhnlich, wenn nicht einzigartig. „Ich habe noch nie gehört, dass ein gestohlenes Ausstattungsstück zurückgebracht wurde, höchstens mal, dass eins bei einer Auktion oder auf einem Flohmarkt wieder entdeckt wurde“, sagt Antje Heling-Grewolls, seit 15 Jahren Referentin für Kunst- und Kulturgut beim Landeskirchenamt, Außenstelle Schwerin. 14 gestohlene oder komplett aufgebrochene Opferstöcke aus der Nordkirche wurden ihr seit 2012 gemeldet, darunter Truhen, hochkant stehende Opferstöcke und in die Wand eingelassene. Fünf von ihnen standen im Mecklenburgischen Kirchenkreis, sechs im Pommerschen. „Dies ist eines der häufigsten Delikte im Bereich Kunstgut in Kirchen, vermutlich, weil in den Behältern Kollektengelder vermutet werden“, sagt sie. Sinnvoll sei daher, Opferstöcke wenn möglich mit Plexiglasscheiben auszustatten - um offen zu zeigen, wie wenig es zu holen gebe.

 

Ulrike Rachholz sagt, die Rückkehr des alten Opferstocks fühle sich an wie ein Geschenk. „Und als würde Gott sagen: Ich kann Euch zwar nicht alles wiedergeben, aber das schon.“ Seit 2020 habe die Gemeinde immer wieder Einbrüche in die Kirche erlebt, den schmerzhaftesten 2020: als das silberne Abendmahlsgeschirr aus DDR-Zeiten verschwand. „Danach haben wir gesagt: Jetzt ist Schluss!“ Eine Alarmanlage wurde installiert.

 

"Der Dieb ist sogar gefilmt worden!"

 

Doch den Dieb des Opferstocks hat das nicht abgehalten. Am 26. Juni 2023 habe er wohl einen Moment abgepasst, als die ehrenamtliche Person aus dem Team „Offene Kirche“ gerade nicht hinschaute. Habe den Opferstock, der immer dicht am Eingang stand, auf einen Möbelhund geladen und sei damit aus der Kirche spaziert. „Am Haus gegenüber gibt es eine Kamera, die ihn sogar gefilmt hat!“ Gefunden hat ihn die Kripo nicht. Schätzungsweise 130 Euro aus zwei Tagen hat der Mann erbeutet, sagt Ulrike Rachholz.

 

Sie selbst hängte schließlich Suchzettel aus - und ist dem anonymen Rückgeber des Opferstocks nun „von ganzem Herzen dankbar“, wie sie sagt. Zumal das historische Stück unversehrt sei. „Nach der Übergabe habe ich den Opferstock gleich zur Restauratorin gebracht.“ Das Ergebnis: unbeschadet, bis auf einen Kratzer! „Er muss zwei Jahre lang irgendwo gestanden haben, wo es weder zu warm noch zu feucht war!“ Und noch etwas verblüfft die Küsterin: Ganz unten im Opferstock sitzt ein Blechteller, den der Dieb wohl nicht hochgehoben hat. Darunter steckten noch ein paar Euro- und Cent-Münzen. Immerhin.

Quelle: MPKZ (sm)