Gesichter der 68. Greifswalder Bachwoche (2) Gott im Notenbild: Raik Harder

Raik Harder, virtuoser Pianist und Hochschullehrer

Foto: Privat

01.06.2014 · Greifswald. Die 68. Greifswalder Bachwoche „Bach und ‚Die Drei‘ Mozart, Beethoven, Schubert“ (16. bis 22. Juni) ist mit über vierzig Konzerten, Gottesdiensten und weiteren Veranstaltungen das Festival Geistlicher Musik im Norden. Einige Mitwirkende stellt Reinhard Lampe vor.

Nein, das ist kein simpler Zahlenspaß zum Bachwochenthema, wenn bei Raik Harders Solo-Klavierkonzert am 21. Juni in der Greifswalder Uni-Aula fast ausschließlich Werke mit drei (!) Vorzeichen erklingen. So war für Beethoven c-Moll (drei b) jene Tonart, in der sich das „Walten der höheren Mächte“ vorzugsweise kundtat.

Dies und mehr erfährt man beim Konzert, denn Harder begeistert nicht nur durch sein virtuoses Spiel am Flügel, sondern eröffnet mit seiner jeweiligen Einführung noch einen weiteren – geistlichen – Zugang zu den Klavierwerken Bachs, Mozarts, Schuberts und Beethovens, die er darbietet. „Viele Konzertbesucher haben die Musik damit schon ganz anders gehört“, berichtet der Pianist, „waren berührt, angeregt und haben nachgefragt.“

Kunst und Glauben gehören für den gefragten Interpreten und langjährigen Hochschullehrer am Greifswalder Institut für Kirchenmusik und Musikwissenschaft durchaus zusammen. Dass ihm, aus einer christlichen Familie stammend, trotz fehlender Jugendweihe zu DDR-Zeiten der Weg zum Studium nicht verbaut war, verdankt er der Tatsache, dass sein Vater Schlossermeister war. „Damit war ich Arbeiterkind!“

Über die Ausbildung an der Spezialschule und Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ in Berlin wurde er dann Musikschullehrer in Waren und kam schließlich 1987 zum Institut für Kirchenmusik in Greifswald, damit auch zum unverzichtbaren Stamm der Bachwochen-Mitwirkenden. Besonders zu Bach können die Konzert-Besucher natürlich Erhellendes erfahren.

Nicht nur in Kantaten und Oratorien, sondern „auch in der Instrumentalmusik finden sich Dinge, die etwas über Bachs Gottesbeziehung aussagen“, erläutert Harder. Kleine Kostprobe: Die „Drei“ steht in der Musik oft für die drei Personen Gottes (Trinität). Das sieht man schon am Notenbild der drei Themen von Bachs Fuge in cis-Moll (BWV 849): Verbindet man die vier Noten des ersten Themas, bilden sie ein schräges liegendes Kreuz, jene Christus- Metapher, die sich auch in den Kreuzigungschören der Johannes- und Matthäus-Passion findet; das zweite, sehr lebhafte, Thema charakterisiert den Heiligen Geist, das dritte den Schöpfer: Es hat sieben Töne, genau die Zahl der Schöpfungstage.

Quelle: Mecklenburgische und Pommersche Kirchenzeitung Nr. 22/2014