Widerstand und Eigensinn Ausstellung über Bausoldaten in Schlosskapelle Parow

Militärdekan Armin Wenzel (rechts) vom Evangelischen Militärdekanat Kiel lauscht in der multimedialen Ausstellung den aufgezeichneten Erzählungen von Zeitzeugen.

© PEK/S. Kühl

13.11.2014 · Parow.

„Sie waren Kämpfer gegen Unterdrückung.“ Mit diesem Satz eröffnete der Evangelische Militärpfarrer Carsten Süberkrüb am Montag die Ausstellung „Opposition und Widerstand – Bausoldaten in Prora 1964-1989/90“ in der Schlosskapelle in Parow. „Bausoldaten sind Teil der Geschichte der DDR, des Willkürstaats“, so Carsten Süberkrüb. Die Ausstellung widmet sich den Bausoldaten, den Waffendienstverweigerern der DDR, die in Baueinheiten der NVA organisiert waren. Anlass für die Eröffnung der Ausstellung im Jahr 2014 ist die Schaffung des Bausoldatendienstes vor 50 Jahren. Die Eröffnung fand als Teil der Tagung „Frieden schaffen mit mehr Waffen? Das Konzept des gerechten Friedens auf dem Prüfstand“ der Nordkirche im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Horizonte der Gerechtigkeit“ statt.

Sie galten als Staatsfeinde

„Diese Ausstellung über den größten Bausoldatenstandort in der DDR - über Prora - steht exemplarisch für die Geschichte der Waffendienstverweigerer in der DDR“, sagte Susanna Misgajski, Ausstellungsleiterin und Geschäftsführerin des Prora-Zentrums. „Opposition und Widerstand“ sei auch als Wanderausstellung konzipiert und könne künftig im Prora-Zentrum ausgeliehen werden, so die Leiterin über die Ausstellung, die im engen Zusammenhang mit dem Mauerfall-Jubiläum stehe. „Bausoldaten nahmen in Kauf, dass ihnen aufgrund ihrer Entscheidung, den Dienst mit der Waffe zu verweigern, bis auf das Theologie-Studium alle denkbaren Karriere-Optionen in der DDR verwehrt blieben“, betonte Susanna Misgajski. „Sie galten in der DDR als Staatsfeinde und gelten heute als Teil der Oppositionsbewegung, die die DDR zu Fall brachte.“

Kirche unterstützte Bausoldaten

Zwar sei die Möglichkeit, den Waffendienst zu verweigern und Bausoldat zu werden, offizielles DDR-Recht gewesen, doch sei das seitens des Regimes nicht verbreitet worden. Die Aufklärung über die rechtlichen Grundlagen habe damals die Kirche übernommen. Auch die Unterstützung der Bausoldaten durch die Kirche, beispielsweise bei der Antragsstellung, aber auch während und nach der Dienstzeit sei umfangreich gewesen, erläuterte Susanna Misgajski.

Friedliche Revolution war ihr stiller Sieg

Die Ausstellung teilt sich in mehrere Themenbereiche, unter anderem: Situation nach dem Krieg, Entwicklung des DDR-Militärs, Alltag der Bausoldaten, Unterwanderung durch die Staatssicherheit, Strafvollzug, „Widerstand und Eigensinn“ im Dienst sowie der stille Sieg in der friedlichen Revolution. „Immer wieder haben Bausoldaten durch Eingaben teilweise erfolgreich versucht, die Situation zu verbessern und forderten auch immer wieder einen zivilen Ersatzdienst“, so Susanna Misgajski. „Sie haben es schließlich erreicht. Die letzten Bausoldaten beendeten ihre Dienstzeit 1990 in einem Altenheim.“

Fotos wurden heimlich gemacht

Bei der Erforschung des Alltags der Bausoldaten seien die Mitarbeiter des Prora-Zentrums auf die Erinnerungen der ehemaligen Bausoldaten angewiesen gewesen, da es darüber keine schriftlichen Quellen gebe, erklärte Susanna Misgajski. Daher führte das Prora-Zentrum ein Interview-Projekt durch, dessen Ergebnisse in der Ausstellung in Bild, Text und Ton erlebbar sind. Besonders faszinierend wirken die zahlreichen historischen Fotografien. „Sämtliche Fotos, die in der Ausstellung zu sehen sind, wurden heimlich gemacht“, so die Ausstellungsleiterin. Bei der Ausstellungseröffnung waren auch einige ehemalige Bausoldaten anwesend, die im Gespräch mit anderen Besuchern ihre persönlichen Erinnerungen hinzufügten.

Quelle: PEK (sk)


Die Ausstellung „Opposition und Widerstand – Bausoldaten in Prora 1964-1989/90“ ist in der Schlosskapelle in Parow noch bis zum 24. November montags bis donnerstags in der Zeit von 10 bis 16 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr zu sehen. Um vorherige Anmeldung im Prora-Zentrum unter Telefon 038393 / 127921 oder per E-Mail unter info@prora-zentrum.de wird gebeten.