Soldaten und Pazifisten diskutierten über Friedensethik Frieden ohne Waffen? - Im Ziel besteht Einigkeit

Friedrich Kramer (links), Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt, und Brigadegeneral Christof Munzlinger im Diskurs über moderne Friedensethik.

© PEK/S. Kühl

13.11.2014 · Parow/Stralsund.

Mit einem Friedensgebet in der Stralsunder Marienkirche endete am Montagabend (10. November) die Tagung „Frieden schaffen mit mehr Waffen? Das Konzept des gerechten Friedens auf dem Prüfstand“. Zu den Tagungsteilnehmenden zählten unter anderem Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Bereiche der Nordkirche und ihrer Kirchenkreise, Pastorinnen und Pastoren, ehemalige Bausoldaten sowie Bundeswehroffiziere und junge Offiziersanwärter. Eingeladen hatte das Zentrum für Mission und Ökumene der Nordkirche in Kooperation mit verschiedenen Partnern.

Impulsreferate als Diskussionsgrundlage

Der zentrale Programmpunkt der Tagung fand in der Stralsund-Halle der Marinetechnikschule Parow statt. Zwei Redner näherten sich der Beantwortung der titelgebenden Fragestellung aus verschiedenen Richtungen. Christof Munzlinger, Kommandeur des Landeskommandos Mecklenburg-Vorpommern, sprach in seinem Impulsreferat über „Soldaten als Friedensstifter“. Friedrich Kramer, Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt, gab seinem Vortrag den Titel „Schwerter zu Spaten“ und bezog den Beitrag der Bausoldaten der DDR für die friedliche Revolution in die heutige friedensethische Diskussion mit ein.

Christoph Munzlinger: „Handeln statt Zuschauen“

„Im Ziel sind wir uns einig“, meinte Christof Munzlinger, der sich zu seinem christlichen Glauben bekannte. Bezugnehmend auf Äußerungen des Bundespräsidenten, in denen dieser sich eine aktivere Rolle Deutschlands in der Welt gewünscht hatte, sagte der General: „Es ging Joachim Gauck um mehr Verantwortung für einen gerechten Frieden und nicht um mehr Schießen und Waffen.“ Verantwortung heiße demgemäß Handeln statt Zuschauen. Er empfahl den anwesenden Soldatinnen und Soldaten, sich die vollständigen Ausführungen des Bundespräsidenten im Internet durchzulesen. Das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“, schließe mit ein, nicht zuzusehen, wenn getötet wird, so der General. Er zitierte Martin Luther, der gefordert habe, dem Nachbarn in allen Nöten beizustehen. „Wir müssen ungerechter Gewalt in den Arm fallen. In diesem Sinne sind Soldaten Friedensbringer“, sagte Christof Munzlinger.

Friedrich Kramer: „Konflikte sind gewaltlos lösbar“

Friedrich Kramer, der selbst Bausoldat gewesen war, stellte zu Beginn seiner Ausführungen fest, dass es Christlichkeit oder christliche Offiziere in der NVA nicht gegeben habe. Die Bausoldaten der DDR seien gezwungen gewesen, sich in das System hineinzubegeben. Was viele von ihnen als unpassenden Kompromiss empfanden, habe aber letztlich dazu geführt, dass sie den Widerstand innerhalb der Strukturen lernten. „Das kam der friedlichen Revolution zugute“, meinte Friedrich Kramer. Aus diesen Erfahrungen leitete er Handlungsschwerpunkte für die heutige Kirche ab. Sie müsse sich für die Möglichkeit, den Dienst an der Waffe verweigern zu können, in allen Ländern einsetzen, in denen es sie nicht gebe, so Friedrich Kramer. Zudem sollte Kirche weiterhin den engen Kontakt mit der Bundeswehr pflegen. „Die friedliche Revolution hat uns gelehrt, dass Konflikte friedlich lösbar sind. Soldaten können dann Friedensstifter sein, wenn sie ihre Waffe wie der Heilige Martin nutzen, der mit dem Schwert seinen Mantel teilte“, sagte Friedrich Kramer.

Fantasie für den Frieden

Das Zwiegespräch der Referenten wurde von den Tagungsteilnehmenden während eines Austausches in mehreren Arbeitsgruppen vertieft. Zu den Ergebnissen, die von diesen Arbeitsgruppen formuliert wurden, zählte unter anderem der Wunsch nach einer Stärkung der Vereinten Nationen, nach mehr Fantasie für Friedenskonzepte, die Forderung, einzugreifen, bevor es zu Waffengewalt kommt sowie die Frage danach, wie viel jeder Einzelne bereit sei, in den Frieden zu investieren. Einigkeit bestand bei den Teilnehmenden darüber, dass es wichtig sei über die Themen der Tagung sowie miteinander weiter im Gespräch zu bleiben.

„Horizonte der Gerechtigkeit“ geht weiter

Die Veranstaltung „Frieden schaffen mit mehr Waffen? Das Konzept des gerechten Friedens auf dem Prüfstand“ fand in Kooperation mit dem Zentrum für Mission und Ökumene, dem Referat für Friedensbildung der Nordkirche, dem Prora-Zentrum e.V. und der Evangelischen Militärseelsorge Parow statt. Zudem reihte sich die Tagung in die Ökumenische Friedensdekade ein und war zugleich Auftaktveranstaltung einer auf drei Jahre angelegten Veranstaltungsreihe „Horizonte der Gerechtigkeit“, in der die externe Expertise verschiedener Berufsgruppen helfen soll, den biblisch-theologischen Zentralbegriff der Gerechtigkeit zu erschließen, Denkprozesse anzustoßen und konkrete Handlungsperspektiven zu eröffnen.

Quelle: PEK (sk)