Kiel/HamburgGleichstellung von Frauen und Männern in Nordkirche gefordert

Kiel/Hamburg (epd). Wenn Pfingsten 2012 die neue Nordkirche eingeläutet wird, sollte die Gleichstellung von Frauen und Männern in allen wichtigen Gremien gesetzlich festgeschrieben sein. Dafür setzen sich derzeit der evangelische Theologe Thomas Schollas (46) und die Juristin Stephanie Meins (40) ein. Sie wollen, dass dann eine Quotierung im künftigen Wahlgesetz steht. Ein Grund dafür sei das nordelbische Wahlgesetz. Mit dessen aktueller Fassung sind die beiden Gender- und Gleichstellungsbeauftragten der Nordelbischen Kirche (NEK) unzufrieden und erhoffen sich von der Nordkirche eine Verbesserung.

Grund ist, dass in der NEK-Synode als höchstem Kirchenparlament für Hamburg und Schleswig-Holstein und in den elf regionalen Kirchenkreissynoden die Frauen deutlich in Minderzahl gekommen sind. Schollas und Meins verweisen auf die Regelungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Dort gebe es bei Gremienwahlen bereits eine Quotierung. "Wir wollen nicht zurück zu einer Kirche, in der überwiegend Männer leiten und Frauen dienen", sagen sie. Just auf diesem Weg aber sei die NEK, die bis 2012 gemeinsam mit der mecklenburgischen und pommerschen Kirche die neue Nordkirche mit 2,4 Millionen evangelischen Gemeindegliedern bilden soll.

Dabei war Nordelbien (Hamburg und Schleswig-Holstein) in der Gleichstellung von Männern und Frauen vor 20 Jahren schon deutlich weiter: Hatte 1984 das Verhältnis noch 81:19 zugunsten der Männer betragen, lag 1990 der Männeranteil bei den 142 Kirchenparlamentariern nur noch bei 66 Prozent, 34 Prozent waren Frauen. Sechs Jahre später legten die Frauen sogar auf 47,8 Prozent zu (52,2 Prozent Männer).

2002 sank der Frauenanteil wieder auf 37,6 Prozent (Männer: 62,4 Prozent). Im vergangenen Jahr wurde ein weiteres Absinken der Frauenquote auf 33,6 Prozent registriert: Die Männer stellten mit 66,4 Prozent eine deutliche Mehrheit. Verursacht wurde dies nach Ansicht der beiden Gleichstellungsbeauftragten ausgerechnet durch ein neues Wahlgesetz, das 2008 erstmals in Kraft getreten war und eigentlich mehr Basisdemokratie bewirken sollte.

Die Wahl der Vertreter in die Kirchenkreissynoden sollte ausschließlich den über 7.000 Frauen und Männern in den 595 Kirchenvorständen der Gemeinden vorbehalten bleiben, die Wahl der Frauen und Männer in die NEK-Synode als höchstem Kirchenparlament wiederum den Mitgliedern der Kreissynoden. Die Kammer der Dienste und Werke und auch die Konvente der Pastoren und Mitarbeiter wurden als Wahlkörper abgeschafft und behielten lediglich ein Vorschlagsrecht.  In diesem Verfahren hätten Frauen vielfach den Kürzeren gezogen, bemängeln die Beauftragten. Viele Kandidatinnen und Kandidaten waren den Kirchenvorstehern unbekannt. Es sei dann offenbar häufiger bei den unbekannten Männern ein Kreuzchen gemacht worden.

Ein Beispiel dafür ist der Kirchenkreis Altholstein mitsamt der Landeshauptstadt Kiel: Hier liegt der Frauenanteil in den Kirchenvorständen bei 50,6 Prozent - in der Kirchenkreissynode sind es nur 32,8 Prozent. In Hamburg-Ost haben die Frauen an der Basis einen Anteil von 49,9 Prozent, in der Kirchenkreissynode sind es nur 35,7 Prozent. In anderen Kirchenkreisen sieht es ähnlich aus. Und diese wählten dann wiederum deutlich weniger Frauen in die NEK-Synode.

Noch ist in den Nordkirchen-Gremien nicht entschieden, wie das spätere Wahlgesetz aussehen soll. Die Rechtsanwältin Elke Stoepker von der Arbeitsstelle Nordkirche in Schwerin geht grundsätzliche davon aus, dass die Gleichberechtigung verfassungsrechtlich festgeschrieben und dann in die Gesetze aufgenommen wird. Das wäre für ein neues Wahlgesetz eine Richtungsvorgabe, die insbesondere in der pommerschen Kirche Konsequenzen hätte: Deren Landessynode hat derzeit 69 Mitglieder, davon sind nur 16 weiblich. In der mecklenburgischen Landessynode gibt es 23 Frauen unter den 57 Mitgliedern.

Auch Meins und Schollas hoffen, dass die Gleichberechtigung Verfassungsrang bekommen wird und haben noch einen weiteren Vorschlag. "Bei der Entwicklung eines Wahlgesetzes für die Nordkirche sollte über die Wiedereinführung der Kammer der Dienste und Werke und auch der Konvente als Wahlkörper nachgedacht werden", sagen sie. Dann ließe sich die Gleichstellung von Frauen und Männern eher durchsetzen.

Von Hartmut Schulz (epd)

(25.6.2010)